Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Großmeisterin schüttelte den Kopf. »Unser hiesiger Stein ist ausschließlich zur Verständigung mit dem Sanktuarium zu gebrauchen. Dafür haben die Harshini vor ihrem Fortgang gesorgt. Und den Stein des Sanktuariums könnt Ihr Euch nicht nutzbar machen, denn für eine Maßnahme, die so viel Magie-Kraft erfordert, müsste König Korandellan das Sanktuarium zurück in die herkömmliche Zeit versetzen. Falls die Kristalle an den Stäben in der Tat Reste eines Seher-Steins sind, dann dürfte es nach aller Wahrscheinlichkeit der Stein auf Slarn sein, der auf sie wirksamen Einfluss ausübt.«
R’shiel verzog das Gesicht. »Ich bin mir gegenwärtig nicht sicher, ob es mir lieb wäre, nur fürs Stillen meiner Wissbegierde etwa an Maliks Fluch zu erkranken.« Einmal hatte sie in der Zitadelle einen an dieser grauenvollen Art der Schwindsucht Erkrankten gesehen, als er sich auf den Weg zur Siechensiedung auf Slarn begeben hatte. Noch heute suchten sie deswegen bisweilen Albträume heim.
»Die Krankheit wäre wohl das geringste Hindernis«, antwortete Kalan. »Überhaupt nach Slarn zu gelangen, wäre für Euch die größte Schwierigkeit. Die Dämonen können Euch nicht behilflich sein. Schon an den Gestaden des Fardohnjischen Golfs würden die Xaphista-Priester Euer Näherkommen beobachten.«
»Was für ein Jammer, dass der Seher-Stein der Zitadelle dahin ist.« R’shiel seufzte tief und heftete den Blick erneut auf den Steinklotz. »Geht Ihr davon aus, dass die Schwesternschaft ihn zerstört hat?«
»Kein Mensch verfügt über genügend Macht, um einen Seher-Stein zu zerstören, Göttliche. Er ist verschwunden, daran gibt es nichts zu deuten, doch ich bezweifle, dass er zerstört worden ist.«
»Dann müsste er sich noch irgendwo in der Zitadelle befinden. In irgendeinem Versteck?«
Zu so viel Zuversicht mochte die Großmeisterin sich nicht durchringen. »Es wäre denkbar, obgleich ich mir nicht vorstellen kann, wie es sich einrichten ließe, etwas so Großes zu verbergen.«
»Ich überlege, ob es vielleicht in der Bücherei der Zitadelle irgendwelche Aufzeichnungen gibt. Die Gründerinnen der Schwesternschaft haben über alles genau Buch geführt. Sogar die Anzahl der Säcke Getreide, die sie bei der Besetzung der Zitadelle übernommen haben, ist sorgfältig notiert worden.«
»Mag sein, es ist den Versuch wert, solche Nachforschungen zu betreiben. Falls der Stein noch vorhanden ist, wäre es allemal weniger gefahrvoll, sich seiner zu bedienen, als die Kühnheit, sich nach Slarn zu wagen. Aber inzwischen befindet sich die Zitadelle unter der Fuchtel der Karier. Wie wollt Ihr Euch dort einschleichen? Eine Frage jedoch erachte ich als weit erheblicher: Welchen Belang haben die Seher-Steine für Euer Ziel, Xaphista zu stürzen? Steht Euch denn eigentlich hinlänglich Zeit zur Verfügung, um langwierig Antworten auf Fragen zu erklügeln, die für Eure wichtigste Herausforderung ohne Bedeutung sind?«
»Wohl kaum.« Mit einem neuerlichen Aufseufzen betrachtete R’shiel den Seher-Stein. Anfangs hatte sie ihre Gedankengänge als recht aussichtsreich empfunden. Mit Kalans Einverständnis hatte sie veranlasst, dass die zuständigen Sachkundigen das Archiv der Magier-Gilde nach etwas – schlichtweg irgendetwas – durchsahen, das ihrem Anliegen förderlich sein könnte, doch bisher waren sie nicht fündig geworden. Nicht einmal Dikorian, der Oberste Archivar der Magier-Gilde, hatte ihr irgendeine Hoffnung gemacht. Er kannte das Archiv geradeso gut wie das eigene Spiegelbild und war nach seinen Aussagen noch nie auf etwas gestoßen, dem sich nur der allergeringste Hinweis darauf entnehmen ließ, wie man eine Gottheit austilgte. Bliebe mehr Zeit … Verdrossen schüttelte R’shiel den Kopf und gemahnte sich an den ursprünglichen Zweck, zu dem sie den Tempel aufgesucht hatte. Zeit zu verschwenden durfte sie sich in der Tat nicht erlauben. »Zur Stunde jedenfalls erachte ich es als meine dringlichste Aufgabe, Glenanaran und seinen Genossen Beistand zu leisten. Wolltet Ihr mir wohl die Gewähr geben, dass ich nicht gestört werde?«
Kalan nickte. »Gewiss, Göttliche.«
Die Großmeisterin stieg den Altar hinab und trat auf dem herrlichen Mosaik des Fußbodens den langen Rückweg durch den Tempel an. Jedes Gebäude, das R’shiel bis jetzt in Groenhavn betreten hatte, wies derartige Mosaikböden auf, bisweilen mit dermaßen verwickelt-verwinkelten Mustern, dass ihr davon nachgerade schwindelte.
Sie wartete, bis Kalan in
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