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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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einfach wieder
loswirst?« Ein Lächeln erhellt plötzlich ihr Gesicht. »Willst du mir beim Packen
helfen?«

 
     
     
     
    ZWEITER TEIL
     
    DER BETON-DSCHUNGEL

 
    An einem Dienstag bereits um vier Uhr morgens von
einem schrill läutenden Telefon geweckt zu werden, ist schon unangenehm genug.
Noch schlimmer ist es jedoch, wenn man am Abend zuvor auf nüchternen Magen im
Keller des berühmt berüchtigten Dog’s Bollocks eine Karaffe voll
eisgekühlter Margaritas zu sich genommen hat, gefolgt von einigen Nachos, die
mit ein bis drei Tequila runtergespült wurden. Ich komme zu mir, setze mich
splitterfasernackt mitten auf dem Holzdielenboden auf und greife nach dem
Hörer. Mit der freien Hand halte ich mir den Kopf, um ihn daran zu hindern, zu
platzen. Sie verstehen sicher, was ich meine. Leise stöhnend melde ich mich.
»Wer ist da?«, krächze ich mühsam ins Telefon.
    »Bob, bewegen Sie Ihren Hintern hierher! Und zwar so
schnell wie möglich, wenn ich bitten darf. Diese Leitung ist übrigens nicht
sicher.« Ich erkenne die Stimme. Kein Wunder, sie taucht in meinen Alpträumen
auf. Ich arbeite nämlich für ihren Besitzer.
    »Ach. Ich war gerade im Tiefschlaf, Chef. Hat es denn
nicht …« Ich schlucke und werfe einen Blick auf den Wecker. »… nicht Zeit bis
zum Morgen?«
    »Nein, das hat es nicht. Ich habe Code Blau ausgerufen.«
    »Verdammt.« Das Dröhnen in meinem Kopf wird noch um
einige Dezibel lauter. »Okay, Sir. Ich bin in zehn Minuten fertig. Kommt die
Wäscherei für ein Taxi auf?«
    »So viel Zeit haben wir nicht. Ich lasse Sie von einem
Wagen abholen.« Er legt auf und erst jetzt fange ich an, mir Sorgen zu
machen. Angleton, der ein Büro in der »Abteilung für arkane Analystik« in den
tiefsten Eingeweiden der Wäscherei sein Eigen nennt, in Wahrheit aber mit
wesentlich furchterregenderen Dingen zu tun hat, als dieser harmlose Titel
suggeriert, würde normalerweise zweimal nachdenken, ehe er sich in derartige Unkosten
stürzt, um einen Angestellten zu einer solch unchristlichen Zeit aus dem Bett
zu holen.
    Ich schaffe es in Rekordzeit, in eine Jeans und einen
Pullover zu schlüpfen und mir Schuhe anzuziehen. Als ich die Treppe ins
Erdgeschoss hinunterstolpere, erhellt schon ein blau-rotes Streiflicht die
Nacht. Im Flur unten greife ich nach meiner Tasche mit dem bereits fertigen
Reisegepäck. Das war Andys Idee; er hält es für das Beste, immer auf alles
vorbereitet zu sein. Dann stürme ich hinaus, schließe hinter mir ab und drehe
mich um. Direkt hinter mir steht ein Polizist. »Sind Sie Bob Howard?«
    »Der bin ich«, antworte ich und zeige ihm meinen
Wäscherei-Ausweis.
    »Bitte folgen Sie mir, Sir.«
    Kann ich mich nicht glücklich schätzen? Ich darf nicht
nur vier Stunden früher als gewöhnlich zur Arbeit, sondern kann auch noch auf
dem Beifahrersitz eines Polizeiwagens sitzen, dessen Fahrer darauf erpicht ist,
mich zu Tode zu erschrecken. Zum Glück sind die Straßen um diese Zeit ziemlich
leer, sodass wir die wenigen Taxis und Reinigungsfahrzeuge mühelos hinter uns
lassen können. Die Fahrt, die gewöhnlich etwa eineinhalb Stunden dauern würde,
währt diesmal nur eine gute Viertelstunde. Dieser Luxus ist natürlich nicht
umsonst. Schließlich führen die Buchhalter der Wäscherei mithilfe interner
Gebührenerfassungen einen immer währenden Krieg gegen den Rest unserer Beamten.
Die Metropolitan Police als Taxi-Unternehmen in Anspruch zu nehmen kostet
sicherlich ebenso viel, wie wenn man eine Stretchlimo samt Bar und Whirlpool
bestellt hätte. Aber Angleton hat einen Code Blau ausgerufen. Also …
    Die schäbige Lagerhalle in einer Seitenstraße direkt
neben einer früheren Grundschule macht nicht gerade einen vielversprechenden
Eindruck. Die Tür öffnet sich wie von Geisterhand, noch bevor ich klopfen kann.
Entsetzt schrecke ich zurück, als ich Freds fahles grinsendes Gesicht erkenne.
Doch dann wird mir klar, dass alles in Ordnung ist. Fred aus der Buchhaltung
ist schon seit über einem Jahr tot und darf nun Nachtschicht schieben. Diesmal
wird er mich wohl nicht mit klagender Stimme um Hilfe bei seiner
Tabellenkalkulation bitten.
    »Hallo, Fred. Angleton hat mich gerufen«, sage ich
betont deutlich, ehe ich ihm rasch ein geheimes Kennwort ins Ohr flüstere,
damit er mich nicht in die Mangel nimmt. Er zieht sich daraufhin in seine
Sicherheitskabine oder seinen Sarg – oder wie auch immer man es nennt – zurück,
und ich trete über die Schwelle der Wäscherei. Um Glühbirnen zu

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