Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
dort geht es vier Stockwerke hinunter in den Keller. »Was
zum Teufel geht hier vor?«, verlange ich zu wissen, während Andy einen
Schlüssel in das Schloss eines Stahltors steckt, das in den Sicherheitstunnel
führt.
    »Ganz einfach. Es ist GAME ANDES REDSHIFT, mein
Bester«, antwortet er über die Schulter hinweg. Ich folge ihm in die
Sicherheitszone. Das Stahltor fällt hinter uns ins Schloss. Noch ein Schlüssel
und eine weitere Stahltür – diesmal zum Vorraum des Waffenlagers. »Hör zu.
Ärgere dich nicht über Angleton. Der weiß schon, was er tut. Wenn du mit einer
vorgefassten Meinung in Milton Keynes ankommst und es handelt sich wirklich um
GAME ANDES REDSHIFT, können wir uns wahrscheinlich um deine Beerdigung kümmern.
Aber meiner Ansicht nach stehen die Chancen, dass wir es hier mit etwas
Bedrohlichem zu tun haben, eins zu zehn. Wahrscheinlich waren es nur einige
betrunkene Studenten, die sich einen Scherz erlaubt haben.«
    Noch ein Schlüssel und ein Passwort, das eigentlich
nicht für meine Ohren bestimmt ist, und die innere Tür zur Waffenkammer öffnet
sich. Ich trete hinter Andy ein. An einer Wand stehen Regale voll
konventioneller Schusswaffen. Gegenüber befinden sich verschlossene Schränke
mit Munition, und vor uns präsentiert sich eine Sammlung etwas ausgefallenerer
Objekte. Andy wendet sich ohne Umschweife dorthin.
    »Ein Studentenstreich«, wiederhole ich und gähne
erneut. »Mann, es ist halb fünf Uhr morgens und ihr holt mich wegen eines
Streichs aus dem Bett?«
    Andy bleibt stehen und sieht mich irritiert an. »Kannst
du dich noch erinnern, wie du zur Wäscherei gekommen bist? Damals durfte ich um vier Uhr früh aus dem Bett springen, weil sich jemand einen
Scherz erlaubt hatte.«
    »Oh.« Mehr fällt mir dazu nicht ein. Entschuldigung wäre vielleicht angebracht, dafür ist jetzt aber wohl nicht der passende
Zeitpunkt. Wie man mir später sagte, passen angewandte Computer-Dämonologie und
bebaute Gebiete nicht besonders gut zusammen. Ich dachte damals, ich
würde einfach seltsame neue Fraktale generieren, während sie wussten,
dass ich kurz davor stand, Wolverhampton mithilfe von außerirdischen Alpträumen
völlig neu zu gestalten. »Welche Studenten eigentlich?«, frage ich.
    »Architektur oder Alchemie, für Normalsterbliche also
Kernphysik.« Noch ein Passwort und Andy öffnet einen Glaskasten, in dem sich
grausige Relikte befinden, die geradezu pulsieren vor Kraft. »Also, welche
davon willst du?«
    »Ich glaube, ich nehme die da.« Vorsichtig greife ich
nach einem silbernen Medaillon an einer Kette, das mit einem gelbschwarzen
thaumatologischen Warnschild versehen ist. Darauf steht »NICHT ZIEHEN«.
    »Gute Wahl.« Andy wartet geduldig, während ich noch
eine Ruhmeshand und ein zweites schützendes Amulett an mich nehme. »Das war
alles?«, will er wissen.
    »Das war alles«, bestätige ich. Er nickt, schließt den
Waffenschrank und bringt ein neues Sicherheitssiegel an.
    »Bist du dir sicher?«
    Ich starre ihn an. Andy ist ein schlanker Mann in den
Vierzigern. Er hat dünnes, sich lichtendes Haar, die Ellbogen seines
Tweedjacketts sind mit Leder verstärkt, und er sieht ständig besorgt aus.
Oberflächlich betrachtet würde man ihn vielleicht für einen Dozenten an einer
Fernuniversität halten, aber bestimmt nicht für einen Manager des Außendienstes
der Wäscherei. Aber das trifft schließlich auf uns alle zu, nicht wahr? Auch
Angleton entspricht äußerlich eher dem Vorstandsmitglied einer texanischen
Öl-Gesellschaft, das an Tuberkulose leidet, als dem legendären und Furcht
einflößenden Leiter einer Anti-Beschwörungseinheit. Und was mich betrifft – ich
ähnele einem Opfer des Dot-Com-Booms, dem arbeitslosen Techniker eines
Start-Up-Unternehmens. Aber das alles beweist nur wieder einmal, dass der
äußere Anschein verdammt täuschend sein kann. »Und was hältst du von diesem
ganzen Code Blau?«, will ich wissen.
    Andy seufzt müde und gähnt. »Verdammt, das ist
ansteckend«, murmelt er. »Wenn ich dir sage, was ich von der ganzen Sache
halte, wird mein Kopf Angleton demnächst als Türknauf dienen. Belassen wir es
also einfach dabei, dass du dir auf dem Weg nach Milton Keynes auf jeden Fall
die Akten durchliest, okay? Mach die Augen auf, zähle die Beton-Kühe und komm
unversehrt zurück.«
    »Kühe zählen, unversehrt zurückkehren. Zu Befehl.« Ich
unterschreibe eine Empfangsbestätigung für die Waffen, verstaue sie in meinen
Taschen, und Andy öffnet die Tür.

Weitere Kostenlose Bücher