Dämonentor
Gorgonie leiden, weisen ein erh ö htes Restrisiko auf,
aber in diesem Fall bin ich der Meinung, dass unsere Vorkehrungen ausreichen,
bis sie das Endstadium erreicht.
Um
Deiner vermutlichen Frage zuvorzukommen, warum wir keinen Basilisken oder
Regulus f ü r unsere Forschungen
verwenden, m ö chte ich Dir sogleich
versichern, dass wir das durchaus tun. Die Pathologie ist bei jeder dieser
Spezies identisch. Aber ein menschliches Subjekt ist wesentlich einfacher zu
beherrschen als ein wildes Tier. Wir k ö nnen unsere Experimente an Subjekt C so oft
und so lange durchf ü hren, wie wir es f ü r n ö tig halten und
zugleich m ü ndliche R ü ckmeldungen ü ber ihre
Befindlichkeit erhalten. Ich muss Dich wohl kaum daran erinnern, dass die
historischen F ä lle von Nutzung des
Gorgonismus, wie zum Beispiel durch Dantons Wohlfahrtsausschuss w ä hrend der Franz ö sischen Revolution,
kaum der Forschung des Ph ä nomens dienten.
Diesmal aber werden wir Fortschritte machen!
Sobald
sich Subjekt C an seine Umgebung gew ö hnt hatte, veranlasste Dr. Rutherford eine
Reihe von Seminaren. Der Neuseel ä nder vertritt die Meinung, dass die Krankheit
wohl durch elektromagnetische Ph ä nomene hervorgerufen wird, die unseren Wissenschaftlern
bisher entgangen sind. Infolgedessen besch ä ftigt er sich mit der Konzeption neuartiger
Experimente, welche das Ausma ß und den Charakter des Gorgonen-Effekts demonstrieren sollen. Mademoiselle
Mariannes f ü rchterliche
Zusammenarbeit mit Robespierre hat uns gezeigt, dass das Opfer f ü r die Gorgone zwar
sichtbar sein muss, direkter Blickkontakt aber nicht zwingend ist. Sowohl
Spiegelung als auch Refraktion k ö nnen angewendet werden; das Gleiche gilt f ü r durchsichtiges
Glas. Aber eine Gorgone vermag weder in der Dunkelheit noch in starkem Rauch zu
agieren. Bisher konnte niemand einen k ö rperlichen Ausl ö ser f ü r Gorgonismus nachweisen, der nicht mit dem
charakteristischen Tumor einer solchen ungl ü cklichen Kreatur in Zusammenhang steht.
Sowohl Blendung als auch ausreichende visuelle Verzerrung galten als erwiesene
Methoden, die Wirkung zu kontrollieren. Also warum beharrt Ernest darauf, ein
eindeutig biologisches Ph ä nomen als das gr öß te Mysterium der
modernen Physik zu behandeln?
» Teurer Kollege « , fing er an, als ich
ihn das erste Mal darauf ansprach. » Wie schloss Madame Curie auf die Existenz von
Radioaktivit ä t in radiumhaltigen
Erzen? Wie kam es, dass Wilhelm R ö ntgen die heute unter seinem Namen bekannten
Strahlen entdeckte? Keine dieser beiden Formen der Strahlung entstanden – nach
dem damaligen Wissen der Zeit – aus bekannten Quellen wie dem Magnetismus, der
Elektrizit ä t oder dem Licht.
Also musste eine andere L ö sung infrage kommen.
Nun sieht es bei unseren Kindern der Medusa so aus, als ob sie ihr Opfer
betrachten m ü ssten, um es zu
verletzen. Aber wie wird dieser Effekt transportiert? Im Gegensatz zu den alten
Griechen wissen wir, dass unsere Augen das Licht in unserer Umgebung anhand
einer Linse auf eine Membran im hinteren Teil des Auges fokussieren. Die Menschen
der Antike waren der Auffassung, dass
Lichtstrahlen gleich Signalfeuern aus den Augen von Gorgonen scheinen und
alles, was von diesen Lichtstrahlen ber ü hrt wird, in Stein verwandeln. Wir jedoch
wissen, dass dies nicht der Fall sein kann und sehen uns heute mit einem g ä nzlich anderen Ph ä nomen konfrontiert.
Zugegebenerma ß en ver ä ndert der
Gorgonen-Effekt nur solche Objekte, auf welche die Gorgone blickt, aber wir wissen,
dass das von den Opfern reflektierte Licht nicht als Ausl ö ser dient. Und
Lavoisiers kalometrische Experimente bewiesen – ehe er sein ungl ü ckliches Ende auf dem
Schafott fand –, dass es atomare Transmutation tats ä chlich gibt! Aber was
um alles in der Welt f ü hrt zu diesem Effekt?
Wie ist es m ö glich, dass der Akt
der Beobachtung, ausge ü bt von einem Wesen,
das dem Gorgonismus zum Opfer gefallen ist, molekulare Strukturen ver ä ndert?«
(Wenn er ü ber molekulare
Strukturen spricht, meint er nat ü rlich
den Kern des Atoms, wie unsere Experimente letztes Jahr eindeutig bewiesen haben.)
Dann
beschrieb er, wie er eine Gorgone an ein Ende eines gro ß en Apparats, den er
Nebelkammer nennt, setzen wolle. Ü ber und unter dem Wesen sollen gro ß e magnetische Spulen
die Wellen messen, die es absondert, um zu erfahren, ob wir es mit einem
anderen physikalischen Ph ä nomen zu tun haben.
Ich bin
nun in der Lage, von den Resultaten
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