Dämonentor
aufgrund ihrer Hässlichkeit tötet,
ist nicht wahr. Es handelte sich nur um eine alte Frau, doch das Böse war in ihrem
Blick und spiegelte sich in ihrer Wahrnehmung wider.
Sobald
sich ihre Augen öffneten – einen Moment lang strahlten sie tiefblau –,
veränderte sich die Gorgone. Ihre Haut schwoll an, und ihr Haar zerfiel zu
Staub, als wäre sie von einer furchtbaren Hitze umgeben. Meine eigene Haut
prickelte, und es schien mir, als ob ich vor einem offenen Hochofen stünde.
Kannst Du Dir vorstellen, wie es sein muss, wenn sich ein Körper in einem
einzigen Augenblick auf die Temperatur eines Hochofens erhitzt? Genau so war es
bei dieser Alten. Ich werde Dir den schrecklichen Anblick nicht näher beschreiben,
denn es ist wahrlich kein erfreuliches Thema. Als die Hitze abnahm, stürzte ihr
Körper in die Feuerstelle und zerfiel, sodass sich seine kalzinierten Knochen
mit denen der Opfer vermengten.
Der
Mehtar erhob sich und tupfte sich die Stirn ab. »Rufen Sie Ihre Männer,
Francis«, sagte er. »Sie sollen ein Hügelgrab bauen.«
»Ein
Hügelgrab?«, wiederholte ich verständnislos.
»Für
meinen Bruder.« Er wies ungeduldig auf das Feuer, in dem neben den älteren
Überresten nun die Knochen der armen Seele glühten. »Wer sonst sollte das
gewesen sein?«
Ein
Hügelgrab wurde errichtet, und wir verbrachten die Nacht in dem Dorf. Ich muss
gestehen, dass seitdem sowohl der Mehtar als auch ich sehr krank sind. Uns
überfiel das Leiden mit einer ungewöhnlichen Heftigkeit. Unsere Männer brachten
uns nach Hause. Noch immer ans Bett gefesselt, verfasse ich diesen Bericht von
einem der furchterregendsten Momente, die ich jemals in meiner Zeit als
Offizier der britischen Krone erleben musste.
Ich
verbleibe Dein treu ergebener und Dich ewig liebender
Capt.
Francis Younghusband
Gerade als ich die letzten Worte von Captain
Younghusband lese, knistert und knackt mein Headset unangenehm in meinen Ohren.
»Wir landen in wenigen Minuten, Mr. Howard. Wissen Sie schon, wo Sie hin
möchten? Wenn Sie keinen besonderen Wunsch haben, fliegen wir den Landeplatz
der örtlichen Polizei an.«
Wo ich hin möchte …? Ich stecke die aus mir unverständlichen Gründen
geheime Akte in meine Reisetasche und suche nach einem der Artefakte, die ich
aus dem Waffenlager mitgenommen habe. »Es geht um diese Beton-Kühe«, sage ich.
»Ich muss einen Blick auf sie werfen. Dieser Karte zufolge stehen sie in
Bancroft Park. Direkt hinter Monk’s Way. Folgen Sie der A422, bis sie in der
Nähe des Stadtzentrums zur H3 wird. Könnten wir vielleicht über den Kühen
kreisen?«
»Einen Augenblick, bitte.«
Der Helikopter nimmt eine gefährliche Schräglage ein,
und die Landschaft unter uns kippt bedenklich zur Seite. Wir fliegen über
dunkle Bäume und kleine, hübsch angelegte Felder, deren grüne Fläche nur durch
gelegentliche Vorstadtsiedlungen unterbrochen wird. Dann befinden wir uns über
einer Schnellstraße, auf der um diese Zeit noch kaum ein Auto zu sehen ist. Aus
einer Höhe von etwa dreihundert Metern sieht das Ganze aus wie eine hübsche
Spielzeug-Modelllandschaft samt winziger Lastwagen, die auf der Straße
scheinbar langsam dahinkriechen.
»Okay, hier sind wir«, sagt der Co-Pilot. »Können wir
sonst noch etwas für Sie tun?«
»Ja«, erwidere ich. »Ihr habt doch eine Infrarotkamera
an Bord, oder? Ich suche nach einer Kuh, die besonders heiß ist. Heiß wie in
gekocht oder gebraten, nicht wie in Körpertemperatur.«
»Verstanden, wir suchen also nach einer Grillparty.«
Er lehnt sich zur Seite und schaltet an einigen Instrumenten unterhalb eines
merkwürdig aussehenden Monitors herum. »Hier. Haben Sie so etwas schon mal
benutzt?«
»Was ist es? FLIR?«
»Genau das. Mit dem Joystick hier bewegen Sie die
Kamera, dieser Knopf ist für den Zoom und der, um die Verstärkung einzustellen.
Die Kamera ist übrigens in einem stabilisierten Gehäuse. Sagen Sie uns einfach
Bescheid, wenn Sie etwas sehen. Alles klar?«
»Ich glaube schon.« Der Joystick funktioniert wie
versprochen, und ich zoome eine Reihe geisterhaft wirkender, heißer Flecken
heran und schwenke dann leicht zur Seite, um einen Jogger zu erfassen, der wie
eine Glühbirne leuchtet. Die Flecken stellen sich als die warme Spur seiner
Füße auf dem kalten Boden heraus. »Wow!« Wir fliegen mit etwa sechzig Stundenkilometern
parallel zur Straße, fast wie ein Dieb im Dunkel der Nacht. Ich zoome so
ziemlich alles heran, woran wir vorbeifliegen, und nach
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