Dämonentor
Der
einzige Hinweis auf das 21. Jahrhundert ist eine kleine Webcam, die auf die
Treppe gerichtet ist.
Am nächsten Morgen erkämpfe ich mir einen Platz in
einem frühen Zug nach London, wo ich nach Milton Keynes umsteige. Dort nehme
ich ein Taxi zur Polizeistation. »Könnte ich mit Inspector Sullivan sprechen?«,
frage ich den Polizisten an der Rezeption.
»Einen Augenblick, bitte.« Der schnauzbärtige Mann
betrachtet zuerst eingehend meine getarnte Wäscherei-ID-Karte und dann mich – ganz
so, als würde er darauf warten, dass ich gleich zusammenbreche und alle nicht
aufgeklärten Einbrüche in der Gegend gestehe. Endlich dreht er sich um und verschwindet
in einem geschäftig klingenden Büro. Mir bleibt gerade noch genügend Zeit, die
Polizeiposter an der Wand zu überfliegen, als sich eine Tür öffnet und eine
entschlossen wirkende Frau in grauem Hosenanzug zielstrebig auf mich zukommt.
Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Sängerin Annie Lennox lässt sich nicht
leugnet, auch wenn diese Frau hier wesentlich mitgenommener aussieht.
»Sie sind also der Mann, der mich vorgestern nach
einer wahren Monsterschicht aus dem Bett geholt hat. Sind Sie etwa zuständig
für diesen ganzen Schlamassel?«, begrüßt sie mich ohne viele Umstände.
Ich hole tief Luft. »Ja, aber Sie auch. Ich komme
gerade von …« Ich räuspere mich. »… und ich wurde beauftragt, mich mit einem
gewissen Inspector J. Sullivan in Verbindung zu setzen und das Ganze mit ihm zu
besprechen. Wofür steht das J denn eigentlich?«
»Für Josephine. Und es heißt Detective Inspector,
falls Sie es genau wissen möchten.« Sie hebt die Schranke an, um mich
durchzulassen. »Aber treten Sie doch bitte ein.« Josephine sieht müde und verärgert
aus. »Wo ist denn Ihr anderer Ausweis?«
»Mein anderer – Oh.« Ich zucke mit den Achseln. »Die
zeigen wir nicht so gerne. Es wäre eine mittlere Katastrophe, wenn er verloren
ginge.«
»Das ist schon in Ordnung. Mit mir dürfen Sie offen
reden, ich habe den Paragrafen unterschrieben, mit Blut.« Sie sieht mich
fragend an.
»Paragraf zwei?«, frage ich, um mich zu vergewissern,
dass sie nicht blufft.
Sie schüttelt den Kopf. »Nein, Paragraf drei.«
»Ausgezeichnet.« Ich zeige ihr meinen Ausweis, den sie
kaum beachtet. »Zufrieden?«
Sie nickt gelassen. »Kommen Sie«, sagt sie nun etwas
weniger feindlich. »Wir können uns noch schnell einen Kaffee mitnehmen.«
Fünf Minuten später sitzen wir mit einem Notizblock,
einem Telefon und einem alten Kassettenrekorder in einem kleinen Verhörraum.
»Ich hoffe, das hier ist wichtig«, beginnt Josephine und schnappt sich einen in
diesem Umfeld geradezu beunruhigend neuartigen Süßstoffspender, der zahlreiche
Tabletten in ihren schwarzen Kaffee fallen lässt. »Ich habe nämlich eine
Einbruchsserie, zwei Vergewaltigungen, einige Autodiebstähle und einen
geheimnisvollen Wildpinkler, der in Kaufhäuser einbricht. Dazu kommt ein Haufen
Computeridioten aus West Yorkshire, die vermutlich etwas mit Ihnen zu tun haben.
Auf Ihren Akte-X -Fall kann ich augenblicklich also ganz gut verzichten.«
»Hören Sie mir erst einmal zu. Ich hoffe auch, dass
wir das alles so schnell wie möglich regeln können. Allerdings brauchte ich
dazu erst einmal einige Informationen.«
»Schießen Sie los. Was müssen Sie wissen? Dieses Jahr
wurden bei uns insgesamt erst zwei UFOs gesichtet, und sechs Leute sind von
Außerirdischen entführt worden.« Sie sieht mich spöttisch an, verschränkt die
Arme und lehnt sich mit abweisender Miene zurück. »Ich habe leider nicht den
ganzen Tag Zeit. Um zwölf Uhr gibt es eine unaufschiebbare Einsatzbesprechung
und um vier muss ich meinen Sohn von der Schule abholen.«
Okay, vielleicht hat sie wirklich viel zu tun. »Gut,
dann fangen wir an. Sind Sie in Besitz von Videoüberwachungsbändern, die den
Vorfall aufgenommen haben? Und wissen Sie, um wessen Kuh es sich handelt und
wie sie dorthin gekommen sein könnte?«
»Es gibt keine Augenzeugen bis drei Uhr morgens, als
Vernon Thwaite den Pudel seiner Freundin ausführte, der gerade Durchfall
hatte.« Sie schneidet eine Grimasse, wodurch eine Narbe auf ihrer Stirn
sichtbar wird. »Wenn Sie wollen, können wir zusammen die Polizeiberichte
durchgehen. Ich nehme an, dass Sie deswegen hier sind?«
»Ja, so könnte man es sagen.« Ich tauche einen
billigen Löffel in den Kaffee und warte, ob er sich vielleicht auflöst. Das
entlockt ihr fast ein Lächeln, ehe sie sich offenbar wieder daran
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