Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
mit einer aufgebrachten, bis auf die Knochen durchnässten
Polizeibeamtin teile, die wahrscheinlich einen schwarzen Gürtel in irgendeiner
Kampfsportart hat und kurz davor steht, vollkommen auszurasten. »Sie haben
genau zehn Sekunden, um mir alles zu erklären. Oder ich fordere Unterstützung
an und Sie landen in einer Zelle – mit oder ohne Ausweis. Kapiert?«
    »Was bleibt mir da schon anderes übrig?« Ich zeige auf
meinen Palmtop. »Es ist eigentlich ganz einfach. Hier hat sich jemand für sehr
clever gehalten. Die Kamera oben auf dem Dach war nichts weiter als eine
größere Webcam. Das heißt, sie läuft über einen Webserver und ist über
Breitband in das polizeiliche Intranet eingeloggt. Sie wird alle zehn Sekunden
von der Kommandostelle angepeilt und muss ein Bild abliefern. So weit alles
klar? Dann gibt es da aber noch jemand anderen, der sich in das System eingeschlichen
und ein Datenpaket angebracht hat, das sich automatisch auf die Kamera spielt.
Ich bezweifle nämlich stark, dass einer von euren IT-Leuten südkoreanische
Grundschulrechner als Proxy-Server benutzt. Irgendein Hacker hat sich also hier
eingeschlichen, aber der Gute kann nicht so clever sein, wie er anscheinend
glaubt, denn sonst hätte er seine Spuren besser verwischt.« Ich sichere das Log
in einem verschlüsselten Verzeichnis und schicke vorsichtshalber sofort eine
Kopie an meine Mailadresse.
    »Okay. Ich habe seine IP-Adresse. Jetzt müssen wir
noch herausfinden, wo der Typ steckt.« Es dauert ungefähr eine halbe Minute,
bis ich weiß, dass es sich um die anonyme Einwahl eines großen
Internet-Service-Providers handelt. »Es wäre hilfreich, wenn Sie die
Telefonnummer für diese Verbindung eruieren. Dann könnten wir den
Telefonanbieter überzeugen, die dazugehörige Adresse rauszurücken und schon
statten wir den Leuten einen Besuch ab und fragen nach, warum sie es für nötig
hielten, unseren Freund da draußen umzubringen.« Meine Hände zittern durch das
Adrenalin, das durch meine Adern pulsiert, und langsam werde ich wütend – und
zwar so richtig. Ein Zorn, der nach Vergeltung schreit, beginnt in mir zu
brodeln.
    »Umgebracht?« Josephine öffnet die Tür einen Spalt
breit und sieht hinaus. Ihr Gesicht ist kalkweiß, aber sie verliert nicht die
Nerven. Starke Frau.
    »Es ist SCORPION STARE. Aber jetzt brauchen wir erst
einmal die Telefonnummer, denn wir haben es schließlich mit einem Mordfall zu
tun, nicht wahr? Dann besuchen wir den Kerl. Offiziell muss es allerdings als
Unfall behandelt werden, denn sonst sitzt uns die Presse derart im Nacken, dass
wir uns nicht mehr rühren können.« Ich schreibe den Namen des
Internet-Providers auf, während sie mit dem Handy in der Zentrale anruft. Man
hört schon die ersten Sirenen, noch bevor sie telefonisch einen Krankenwagen
anfordert. Ich sitze da und denke fieberhaft nach. »Behaupten Sie vor den
Sanitätern, dass es ein Blitzeinschlag war«, sage ich nach einer Sekunde. »Sie
stecken schon bis zum Hals in der Geschichte, Josephine, aber wir müssen nicht
noch mehr Leute mit reinziehen.«
    Da klingelt mein Handy.
     
    Wir sind zwar noch nicht auf dem Weg zu unserem
mysteriösen Hacker, aber inzwischen ist der Parkplatz mit einem Plastikband
abgesperrt. Ein Fotograf und ein forensisches Team sind vor Ort, und Josephine
ist dazu übergegangen, ihre Wut an den Neuankömmlingen auszulassen. Ich
beschäftige mich gerade mit den Datenpaketen im tcpdump-Binärformat im
Kontrollraum, als der Wagen, der uns hier abgeliefert hat, wieder auftaucht.
Constable Routledge sitzt hinter dem Steuer und neben ihm ein unerwarteter
Fahrgast. Ich beobachte verblüfft, wie er aussteigt und auf den Baucontainer
zukommt. »Wer ist das?«, will Josephine wissen, die neugierig den Kopf durch die
Tür steckt.
    »Hallo, Boss. Darf ich vorstellen? Das ist Detective Inspector Josephine
Sullivan. Josephine, das ist mein Boss.
Willst du nicht reinkommen?«
    Andy nickt der Polizeibeamtin kurz zu. »Hallo, ich bin
Andy. Bob, erklär mir, was vorgefallen ist.« Er wirft Josephine einen
irritierten Blick zu, als sie    ebenfalls eintritt und die Tür hinter sich
schließt. »Entschuldigung, aber sind Sie –«
    »Sie weiß sowieso schon zu viel«, unterbreche ich Andy
achselzuckend.
    Josephine schaut erst mich und dann Andy finster an.
»Vor zwei Tagen hieß es, wir hätten einen ominösen Unfall mit einer Kuh, heute
ist es ein Mordfall. Ich hoffe, Sie planen nicht, das noch weiter eskalieren zu
lassen, denn

Weitere Kostenlose Bücher