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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Marktwirtschaft so richtig florierte, eine neue Regierung
gewählt, die versprach, den wahren Sozialismus zu neuen Triumphen zu führen. Es
dauerte nicht lange, und schon privatisierte man die Post und den Flugsicherungsdienst.
DERA verlor den Boden unter den Füßen. Man benannte sie um in QinetiQ und
wartete auf den Höchstbietenden, solange er nicht gerade mit irakischem Akzent
sprach.
    Aber es kam anders …
    DERA entwickelte nicht nur irgendwelche Spielereien,
sondern arbeitete auch für die Wäscherei. Die Abteilung Q kann auf gute
Dienstjahre zurückblicken. Schon während des Zweiten Weltkriegs stattete sie
SOE mit ziemlich hinterhältigen Sachen aus, wie zum Beispiel mit vergifteten
Stiften, Fluchtausrüstungen in einem Schuhabsatz, Sprengstoff gefüllten
Sabotage-Ratten – ganz einfach mit allem, was man so aus den James-Bond-Filmen
kennt. Seit den Fünfzigerjahren beliefert die Abteilung Q die Wäscherei mit
etwas anderen Utensilien, nämlich mit Beschwörungsausrüstungen, Basilisken-Waffen,
Turing-Orakeln, automatischen Pentagrammen. Mit der Zeit wurden ihre
Erfindungen immer spezieller, und schon bald war die Abteilung viel zu
wertvoll, um sie einfach zu verscherbeln – im Gegensatz zu QinetiQ. Und so
wurde QinetiQ zur Fassade, hinter der die Abteilung Q weiterhin ihrer Arbeit
nachgehen kann, ohne dass dumme Fragen gestellt werden.
    Detective Inspector Sullivan marschiert wie ein
ferngesteuerter Roboter aus dem Baucontainer und befiehlt in knappen Worten dem
Constable, uns nach Site Able zu bringen. Sie setzt sich steif auf den Beifahrersitz,
während Andy und ich es uns auf der Rückbank bequem machen. Ohne ein weiteres
Wort zu wechseln, fahren wir los. Offensichtlich will sich keiner mit Small
Talk die Zeit vertreiben.
    Nachdem wir eine Viertelstunde lang durch Gegenden mit
identisch aussehenden Backsteinhäusern samt den dazugehörigen Gärten mit
Parabolantennen gekurvt sind, gelangen wir in einen älteren Teil der Stadt, wo
sich die Gebäude nicht mehr alle gleichen und es sogar Fahrradwege gibt. Ich
schaue mich neugierig um. »Wir sind hier doch in der Nähe von Bletchley Park,
nicht wahr?«, frage ich den Fahrer.
    »Einige Meilen in diese Richtung«, antwortet dieser,
ohne zu zeigen, welche Richtung er meint. »Möchten Sie Bletchley Park besuchen?«
    »Noch nicht.« In Bletchley Park befand sich während
des Zweiten Weltkriegs die Kommandozentrale der Operation Ultra, aus der später
das GCHQ wurde. Hier saßen die Entwickler der Colossus-Computer, die
ursprünglich dazu benutzt wurden, um die Codes der Nazis zu knacken. Später
verwendete die Wäscherei diese Rechner für okkulte Zwecke. Es handelt sich hier
also um geradezu heilige Erde für uns Agenten und Rechnerfanatiker. Ich habe
schon diverse Spione aus den USA getroffen, die hierher kamen, um ein Säckchen
voll heiliger Erde mit nach Hause nehmen zu können. »Zuerst müssen wir Dillinger
Associates einen Besuch abstatten.«
    Dillinger Associates ist der Deckname für eine kleine
Niederlassung der Abteilung Q. Das Gebäude, in dem sie untergebracht sind, stellt
sich als ziemlich unspektakulär heraus – ein neoklassizistischer Backsteinbau
mit viel Glas und zwei Säulen am Eingang, an denen verwelkter Efeu hochrankt.
Wir steigen aus, und ich werfe einen raschen Blick auf meinen Palmtop. Es
könnte ja sein, dass wir hier bereits eine    Übereinstimmung mit den
gespeicherten Daten finden. Aber nichts. Hastig stecke ich den Computer wieder
ein und beeile mich, um Andy und Josephine einzuholen, die bereits im Foyer vor
einer wasserstoffblonden Rezeptionistin stehen, die eine unheimliche
Ähnlichkeit mit einer Schaufensterpuppe aufweist.
    »WieKannlchlhnenHelfen?« Sie klimpert mit den Wimpern
und sieht Andy mit einem professionell gelangweilten Gesichtsausdruck an,
während ihre Hände weiterhin auf der Computertastatur herumtippen. Irgendetwas
stimmt nicht mit ihr.
    Andy holt seinen Ausweis hervor. »Wir möchten zu Dr.
Voss.«
    Die langen Finger mit den roten Nägeln hören auf, sich
zu bewegen. »Ach?«, sagt sie mit tonloser Stimme, und eine Hand verschwindet
unter dem Schreibtisch.
    »Warten –«, setze ich an, als Josephine schon einen
Schritt nach vorn macht und ein Taschentuch über die Webcam auf dem Rechner der
Frau wirft. Ich höre ein leises Pop, und die plötzliche Stille verrät
mir, was hier los ist. Schnell trete ich um den Schreibtisch und greife nach
ihr, während Andy eine Pistole mit außergewöhnlich großem

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