Dämonentor
zwischen 1933 und 1945 kein Mitglied der NSDAP) und
spazierte dann problemlos durch die Kontrollen am Flughafen von San Francisco.
Nun sitze ich also hier und passe auf, dass mein Bier
nicht verdampft, während ich auf Mo warte und darüber nachdenke, warum es für
einen britischen Akademiker so schwer sein könnte, in die Heimat
zurückzukehren, dass er sogar unsere Hilfe benötigt. Und natürlich auch
darüber, warum die Wäscherei an ihm interessiert ist.
Ich bin nicht der einzige Gast am Tresen, aber kein
anderer hat ein Buch mit dem Titel Philosophische Überlegungen zur
Unsicherheitstheorie vor sich auf der Theke liegen. Das ist meine Tarnung.
Ich soll mich als Doktorand ausgeben, der sich hier beim Professor um eine
Stelle bewirbt. Mo sollte also keine Schwierigkeiten haben, mich zu erkennen.
Die UCSC hat sechs Dozenten für Philosophie. Welcher davon wohl Mo ist?
Ich schaue mich um, ob er schon eingetroffen ist. In
der Bar gibt es zwei Grunge-Skatertypen, die ihre Bodypiercings vergleichen und
einen Herrn mit kariertem Hemd, Bundfaltenhose und kurzen Haaren, der die San
Jose Mercury News liest. Er riecht förmlich nach CIA. Doch falls man mich
beobachtet, warum dann so offensichtlich? Er könnte also auch nur irgendein
Geschäftsmann sein. Außerdem ist da noch ein Trio von glatzköpfigen Girlies.
Ich schüttele den Kopf und nippe an meinem Bier. Da steht auf einmal eine
unglaublich attraktive, rothaarige Frau neben mir.
»Ist hier noch frei?«
»Äh –« Ich suche krampfhaft nach einer Ausrede.
Abgemacht war, allein mit meinem Buch vor mir an der Theke zu sitzen. Doch sie
hat es sich schon bequem gemacht.
»Nennen Sie mich Mo, Bob.«
Ich traue kaum meinen Augen und weiß für einen Moment
nicht, was ich sagen soll. Verblüfft starre ich sie an.
Sie sieht wirklich atemberaubend aus. Gute 1,80 Meter
groß, markante Gesichtszüge, hohe Wangenknochen, Sommersprossen und eine Mähne,
die ihres Namens würdig ist. Dazu trägt sie große silberne Ohrringe mit einer
eingearbeiteten Glaskugel, eine Armeehose, ein weißes Top und eine Jacke, die
so inszeniert cool aussieht, dass sie bestimmt einige Monatsgehälter gekostet
hat. In ihrer Linken hält sie eine Kopie des besagten Buchs. Sie legt es auf meines.
Wie alt ist sie wohl? Vielleicht Anfang dreißig? Das würde sie allerdings in
beruflicher Hinsicht zu einer Überfliegerin machen. Sie erwidert meinen
sprachlosen Blick herausfordernd.
»Möchten Sie etwas trinken?«, frage ich.
Sie denkt einen Moment nach und nickt dann. »Einen
Ananassaft.« Noch immer verunsichert winke ich den Barkeeper heran. Ihre
Gegenwart macht mich ganz kribbelig, sie strahlt etwas fast Außerirdisches aus
– wie eine riesige, feindselige Intelligenz, die alles vernichtet, was ihr
nicht ebenbürtig ist.
»Entschuldigen Sie bitte«, stottere ich. »Ich hatte
keine Ahnung, wen ich erwarten soll.« Der Geschäftsmann schaut desinteressiert
zu uns herüber. Als er merkt, dass ich ihn beobachte, wendet er sich wieder
seiner Zeitung zu.
»Kein Problem.« Sie wirkt jetzt entspannter. Der
Barkeeper nimmt meine Bestellung für einen Ananassaft und ein Bier entgegen und
verschwindet wieder.
»Ich würde gerne bei Ihnen unterrichten«, höre ich
mich wie abgemacht sagen. »Die UCSC hat nicht nur einen guten Namen, sondern
bietet auch viele Möglichkeiten in meinem Fachgebiet …«
»Ja. Das Klima hier ist auch nicht schlecht. Besser
als an der Miskatonic-Universität.«
»Sie sind dort gewesen?«
Ich muss zu interessiert geklungen haben, denn sie
antwortet mit tonloser Stimme: »Hm.« Ich beiße mir fast auf die Zunge.
»Vielleicht erzähle ich Ihnen ein anderes Mal davon. Worüber schreiben Sie noch
einmal?«
Bilde ich mir das ein, oder macht sie sich über mich
lustig? So sollte unser Gespräch eigentlich nicht ablaufen. Wir sollten
vielmehr einen kleinen Spaziergang unternehmen, irgendwohin, wo man uns nicht
abhören kann. Mo nimmt an, dass ich für das Außenministerium arbeite. Was
erwartet sie jetzt von mir? Alt-Griechisch?
»Also –« Augen zu und durch! »Über den Beweis der
Vollständigkeit polynomer Zeit traversal zu den Hamiltonischen Netzwerken. Und
deren Implikationen.«
Sie setzt sich etwas aufrechter hin. »Interessant.«
Ich zucke mit den Schultern. »Von irgendetwas muss man
leben. Wo liegen Ihre Forschungsschwerpunkte?«
Der Geschäftsmann steht auf, faltet seine Zeitung
zusammen und verlässt die Bar.
»Beweisführung unter der Bedingung der
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