Dämonentor
das nennen. He, könnte ich auch einen
Kaffee bekommen?«
»Ja, ja, das kenne ich nur zu gut«, meint Nick.
»Keiner denkt auch nur daran, einem Bescheid zu sagen –« Ich gähne. »Müde?«
»Ja, Jetlag, danke der Nachfrage.« Ich puste auf
meinen Kaffee.
In diesem Moment öffnet sich die Tür, und eine Frau in
einem braunen Tweedkostüm betritt den Raum – das wird wohl Sophie sein. »Hallo,
alle zusammen«, begrüßt sie uns. »Alan, Nick – und Sie müssen Bob sein.« Ein
kurzes Lächeln huscht über ihr Gesicht. »Schön, dass Sie alle da sind. Heute
werden wir erst einmal ein paar grundsätzliche Dinge besprechen, um Ihnen noch
einmal die ordnungsgemäßen Abläufe ins Gedächtnis zu rufen, wie man mit
ausländischen Behörden umzugehen hat, während man im neutralen oder
befreundeten, aber nicht alliierten Ausland tätig ist.« Sie legt ihre übervolle
Aktentasche auf das Pult vor ihr.
»Nur um das noch kurz klarzustellen: Sie fliegen alle
drei in Kürze nach Kalifornien, nicht wahr?«
»Nicht ganz, ich bin gerade zurückgekommen«, erkläre
ich.
»Ach, dann müssen Sie den Kurs 120.4 ja bereits
absolviert haben. Sind Sie zum Auffrischen hier?«
Ich hole tief Luft. »Nun, um die Wahrheit sagen: Bis
vor Kurzem war weder mir noch meinen Vorgesetzten überhaupt bekannt, dass es
dieses Seminar gibt.«
»Nun gut!« Sie lächelt fröhlich. »Das bekommen wir
sicher hin. Hoffentlich war Ihr Einsatz erfolgreich und ist ohne Zwischenfälle
über die Bühne gegangen! Dieser Kurs behandelt schließlich Verfahren, die nur
in Notfällen angewendet werden müssen.« Ihre Hand verschwindet in der riesigen
Aktentasche und holt drei große Aktenordner hervor. »Dann wollen wir mal
anfangen.«
Es sind sechs Wochen vergangen, seitdem ich für den
Außendiensteinsatz zugelassen wurde, und drei Wochen seit meiner Rückkehr aus
Santa Cruz. Die vergangenen zwei Wochen musste ich endlose Seminare besuchen,
deren einziger Zweck darin zu bestehen scheint, meine Gedanken in die richtigen
Bahnen zu lenken. Ich glaube, mein Kopf platzt bald vor Langeweile!
Als Strafe für meine Sünden bin ich in ein winzig
kleines Büro im Dansey-Flügel des Service-House abkommandiert worden, in eine
Besenkammer in der hintersten Ecke unter dem Dach. Vor mir steht eine wertvolle
Antiquität, von der mein Arbeitgeber behauptet, es sei ein Netzwerk-Server.
Leider schwächelt die Kiste inzwischen sehr, und nur meine ständige Betreuung
hält sie davon ab, ganz den Geist aufzugeben. Wenn ich nicht damit beschäftigt
bin, wartet ein Stapel Akten auf mich, der abgelegt werden muss. Zudem wird
erwartet, dass ich eine tägliche Zusammenfassung aus diversen klassifizierten
Berichten erstelle, die über meinen Schreibtisch wandern. Diese lesen dann
einige Leute in den oberen Etagen, ehe sie durch den Aktenvernichter gejagt wird.
Zwischendurch soll ich Tee kochen. Alles in allem fühle ich mich wie ein
26-jähriger Laufbursche. Etwas überqualifiziert vielleicht. Um die Schmach noch
perfekt zu machen, wurde mir zudem ein neuer Titel verpasst: Stellvertretender
Privatsekretär.
Normalerweise müsste mich diese Bezeichnung allein
schon in den Wahnsinn treiben. Doch in der Wäscherei bedeutet Sekretär etwas
anderes als in der normalen Arbeitswelt – wie fast alles bei uns anders ist.
Bis Ende des 19. Jahrhunderts war ein Sekretär der Assistent eines Gentleman – also
ein Geheimnisträger. Nun gibt es in der Wäscherei auch Geheimnisse,
insbesondere hier in der Abteilung für arkane Analytik. Hinter mir steht zum
Beispiel ein ganzer Schrank voller Geheimnisse. Ein Scherzbold hat auf den
Schrank einen Zettel geklebt, auf dem steht: HIER IST DIE WAHRHEIT VERSTECKT
– MAN MUSS NUR SUCHEN, SUCHEN, SUCHEN. Jeden Tag lerne ich etwas Neues und
abgesehen von der entwürdigenden Aktenablage, einem rachsüchtigen Wasserkocher
und dem unter Schizophrenie leidenden Netzwerk-Server, der keiner ist, kann man
hier durchaus überleben. Na ja, und dann ist da noch Angleton. Habe ich Angleton
bereits erwähnt?
Ich erledige die Arbeit von Angletons Privatsekretär,
der entweder ein Jahr in einer Nervenheilanstalt verbringt oder seinen MBA
macht oder so etwas. Und Angleton ist mein Problem.
»Mister Howard!« Das ist Angleton, der mich zu sich
ins Allerheiligste ruft.
Ich strecke den Kopf um die Ecke. »Ja, Chef?«
»Kommen Sie herein.« Ich trete also ein. Sein Büro ist
zwar groß, aber bis zum Rand vollgestopft. Jede Wand dieses fensterlosen Raums
ist von
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