Dämonentor
ist
die Wäscherei die einzige noch überlebende Unterorganisation der SOE, die den
bürokratischen Kürzungen der Nachkriegsjahre standzuhalten vermocht hat. Der
blanke Hass, der zwischen SIS (alias DI6) und SOE herrschte, war geradezu
legendär.
Ich gehe die Stufen zum Hintereingang des Mülleimers
hinauf und betrete das Gebäude durch eine fensterlose Tür am Ende eines mit
Kunstmarmor verkleideten Gangs. Eine Sekretärin, die aussieht, als wäre sie aus
Porzellan, winkt mich durch den biometrischen Scanner. Ich habe das Gefühl,
dass sie mich als Aussätzigen betrachtet, den es mehr oder weniger zu
ignorieren gilt. Sie führt mich in eine mit einer harten Holzbank ausgestattete
Kabine, wo ich mich wohl wie zu Hause fühlen soll. Eine Tür öffnet sich, und
ein großer Mann mit kurzen Haaren, weißem Hemd und schwarzer Krawatte sagt nach
einem kurzen Räuspern: »Robert Howard, folgen Sie mir bitte.« Also folge ich
ihm. Er legt mir eine Kette mit einer ID-Karte um den Hals, ehe er mich durch
einen Metalldetektor geleitet, um mich dann noch einmal mit einem dieser
Zauberstäbe, wie sie an Flughäfen benutzt werden, erneut abzusuchen. Ich beiße
die Zähne zusammen. Diese Leute wissen genau, wer ich bin und für wen ich
arbeite – wozu also diese Oscarreife Show? Doch wohl nur, um mir ihre Position
reinzudrücken.
Er nimmt mir mein Leatherman-Multitool, den Palmtop,
meine Taschenlampe, ein Mini-Schraubenzieher-Set, eine faltbare Tastatur, einen
MP3-Player, mein Handy, einen digitalen Multimeter und einige Rangierkabel ab,
die ich schon ganz vergessen hatte. »Was ist das denn alles?«, verlangt er zu
wissen.
»Verlasst Ihr denn das Haus ohne Handschellen und
ID-Karte? Das hier sind meine Werkzeuge.«
»Ich werde Ihnen einen Beleg dafür geben«, erklärt er
mit einem kritischen Blick, ehe er meine Sachen in ein Schließfach legt. »Bitte
stellen Sie sich diesseits der roten Markierungslinie auf.« Ich tue, wie mir
befohlen wird. Irgendetwas an ihm lässt meinen eingebauten Polizeialarm
losgehen; Sonderkommission als eine Art Portier? Natürlich. »Zeigen Sie
diesen Beleg vor, wenn Sie das Haus verlassen, um Ihre Sachen zurückzubekommen.
Sie dürfen jetzt die rote Markierungslinie überschreiten. Folgen Sie mir bitte.
Öffnen Sie unter keinen Umständen geschlossene Türen oder betreten Sie
Bereiche, wo ein rotes Licht leuchtet. Sprechen Sie außerdem mit niemandem ohne
mein ausdrückliches Einverständnis.«
Ich folge meinem Aufpasser durch ein Labyrinth kleiner
Kabinen, von denen eine wie die andere aussieht. Dann geht es mit einem Lift
drei Etagen höher, wo wir in einen Korridor voller Gummibäume kommen.
Schließlich stehen wir vor einer Tür, die zu einer Art Klassenzimmer führt.
»Sie dürfen jetzt wieder sprechen; alle Anwesenden haben mindestens Ihren
Sicherheitsstatus«, belehrt er mich. »Ich werde Sie um fünfzehn Uhr abholen. In
der Zwischenzeit dürfen Sie sich auf dieser Etage frei bewegen. Es gibt eine
Kantine, wo Sie Mittag essen werden, die Toilette ist dort um die Ecke. Aber
verlassen Sie unter keinen Umständen die Etage.«
»Und wenn ein Feuer ausbricht?«
Sein verächtlicher Blick könnte auch noch die letzte
Pflanze hier verwelken lassen. »Das hätten wir umgehend unter Kontrolle. Bis um
fünfzehn Uhr also«, sagt er. »Und keine Sekunde früher.«
Ich betrete das Klassenzimmer und frage mich, ob der
Lehrer schon da ist.
»Bob, schön, Sie zu sehen. Bitte nehmen Sie Platz. Ich
hoffe, Sie haben uns problemlos gefunden?«
Das fängt ja gut an. Es ist Nick der Bart. »Danke,
Nick. Alles wunderbar«, erwidere ich. »Wie läuft es in Cheltenham?« Nick ist
eine Art technischer Ingenieur vom CESG, der Abteilung des britischen
Geheimdienstes, die sich mit Kryptografie und dergleichen beschäftigt. Sie
befinden sich zusammen mit dem Abhördienst in Cheltenham. Ab und zu kommt er
uns in der Wäscherei besuchen, um zu überprüfen, ob unsere Software auch
ordnungsgemäß lizenziert ist und nur abgesegnete Programme den Tempel, den
unsere Festplatten darstellen, betreten. Sobald es also heißt, dass Nick uns
mal wieder beglücken wird, bin ich Tag und Nacht damit beschäftigt, auf alle
Festplatten der Abteilung eine speziell für diese Zwecke vorbereitete,
nagelneue Installation aufzuspielen. So sind alle zufrieden und können danach
weitermachen wie bisher, ohne dass unsere IT-Abteilung auf die schwarze Liste
gesetzt und das Budget gekürzt wird. Trotzdem ist Nick so weit ganz in
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