Dämonentor
höchster
Stelle versichert worden, dass alles unter Kontrolle ist.«
»Von höchster Stelle.« Sie schüttelt sich, als ob sie
einen unangenehmen Gedanken loswerden will. »Das Ganze war also deren Idee?«
Ich schaue mich unauffällig um und beobachte für einen
Moment die anderen Spaziergänger im Park: einige Leute im Rentenalter, ein
Teenager auf einem Skateboard. Das ist alles. Aber das heißt natürlich noch
lange nicht, dass wir nicht trotzdem beschattet werden – zum Beispiel von einer
Krähe, deren zentrales Nervensystem von einem dämonischen Imperativ übernommen
wurde, oder von einer Mikrodrohne, die in hundert Meter Höhe über uns kreist
und eine Kamera auf uns gerichtet hält. Gegen menschliche Beobachter kann man
wenigstens etwas unternehmen, bei diesen übersinnlichen oder modernen
Technologien hat man wenig Chancen.
»Man will vermeiden, dass deine Verfolger sich denken ›aller
guten Dinge sind drei‹«, versuche ich ihr zu erklären. »Das hier ist eine Falle
für sie. Wir befinden uns auf befreundetem Boden, und wenn jemand versuchen
sollte, dir auch nur ein Haar zu krümmen, bin ich nicht der Einzige, der dir
zur Seite steht.«
»Das ist gut zu wissen.« Ich werfe ihr einen raschen
Blick zu, aber sie trägt eine Unschuldsmiene zur Schau, ganz die
gedankenverlorene Akademikerin, die lieber über einer Theorie brütet, als sich
mit der Welt und den meistgesuchten Verbrechern von Interpol
auseinanderzusetzen.
Inzwischen laufen wir an der Seite des
Museumskomplexes entlang, anstatt die Treppen zum Haupteingang hinaufzusteigen.
Ich halte meine Augen nach einem bestimmten Seiteneingang offen. Nach einer
Weile biegen wir um die Ecke, und ich entdecke eine schlichte Tür zwischen zwei
Granitplatten. Ich klopfe dreimal, und die Tür öffnet sich automatisch. In die
Decke ist eine Kamera eingelassen, sodass unwillkommene Besucher nicht weiter
als bis hierher gelangen. »Wo sind wir hier?«, will Mo wissen. »He, das ist die
erste Geheimtür, die ich bisher gesehen habe.«
»Das ist nur der Lieferanteneingang«, kläre ich sie
auf, während sich die Tür hinter uns schließt. Wir gehen einen Gang entlang,
biegen um eine Ecke und laufen dann die Treppe hoch zum Sicherheitsschalter.
»Howard und O’Brien von der Wäscherei«, sage ich und lege eine Hand auf den
Empfangstresen.
Hier sitzt kein Mensch, aber es warten bereits zwei
Ausweise auf uns, und eine Tür öffnet sich wie von Geisterhand. »Willkommen im
Archiv«, begrüßt man uns über Lautsprecher. »Bitte befestigen Sie die
Sicherheitsausweise an Ihrer Kleidung und legen Sie sie nicht ab, es sei denn,
Sie befinden sich in der öffentlich zugänglichen Galerie.«
Ich nehme die ID-Karten und reiche eine an Mo weiter.
Sie schaut sie skeptisch an. »Ist das reines Silber? Und welche Sprache soll
das sein? Nach Holländisch sieht mir das nicht aus.«
»Wahrscheinlich kommen sie aus Indonesien. Frag nicht
lange, sondern befestige den Ausweis lieber irgendwo.« Ich befestige meinen am
Gürtel unter dem Saum meines T-Shirts. Schließlich ist der Ausweis nicht für
menschliche Augen gedacht. »Kommst du?«
»Klar.«
Das Kellergewölbe unter dem Rijksmuseum erinnert an
eine edlere Ausgabe der Katakomben unter Dansey-House – riesige, weiß gekalkte
Tunnel, mit einer Klimaanlage und Regalen, so weit das Auge reicht. Einen
deutlichen Unterschied gibt es jedoch: Während die Katakomben fast
ausschließlich mit Akten gefüllt sind, gibt es hier Kisten und Kartons voller
Beweisstücke, übrig geblieben von den Prozessen nach dem Untergang des Dritten
Reichs.
Die Ahnenerbe-SS-Sammlung befindet sich einen Stock
tiefer und liegt hinter zwei riesigen Stahltüren verborgen. Eine Kuratorin in
Jeans und Pullover zeigt uns den Weg. »Sie sollten aber nicht zu lange dort
bleiben«, rät sie uns. »Dieser Ort ist wirklich unheimliche, und Sie möchten
heute Nacht doch sicher gut schlafen, oder?«
»Es wird schon gehen«, versichere ich ihr. Die
Ahnenerbe-Sammlung ist extrem gut bewacht. Niemand, der diese Kollektion
verwaltet, ist erpicht darauf, dass irgendwelche Verrückten oder Neonazis die
hier gelagerten, noch immer mächtigen Relikte in die Finger bekommen.
»Wie Sie meinen.« Sie sieht mich mit einem
undurchdringlichen Blick an, wobei eine ihrer Augenbrauen zuckt. »Süße Träume.«
»Und was genau suchen wir hier?«, will Mo wissen.
»Nun, als Erstes –« Ich klatsche voller Tatendrang in
die Hände. Vor uns liegt ein Korridor mit
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