Dämonentor
Trinkflasche. Sie
müssen immer etwas zu trinken haben, denn das Tragen dieses Anzugs lässt einen
unglaublich schwitzen. Ohne gute Rationierung des Wassers dauert es nicht lange
und man kippt um. Jetzt drehen Sie sich bitte einmal.« Ich folge mühsam seiner
Anweisung, und er schnürt mir den Anzug hinten zusammen, als wäre er ein
Korsett.
»Und was ist, wenn ich mal muss?«, will ich wissen.
Er lacht. »Nur zu. Die Dinger sind so gut gepolstert,
dass Ihnen nichts abfrieren wird.«
Fertig angezogen fühle ich mich wie ein Komikheld aus
den Fünfzigerjahren. Zu guter Letzt reicht mir Pike noch Knie- und
Ellbogenschützer, einen reißfesten Overall und ein Paar gewaltige Stiefel.
Irgendwie schaffe ich es, sie auch noch anzuziehen. Dann bringt er noch ein
kleines Set Lufttanks, die er mir auf den Rücken schnallen will. »Ein
Kreislaufgerät? Ist das nicht etwas riskant?«
»Schon. Aber wir sind hier nicht bei der NASA und
können es uns nicht leisten, fünf Stunden in einer Druckkammer zu warten, bis
man sich an den reinen Sauerstoff gewöhnt. Außerdem tragen wir ja keinen so
genannten harten Anzug. Sie werden ein Stickstoff-Sauerstoff-Gemisch atmen, im
Verhältnis siebzig zu dreißig. Das Kohlendioxid wird anhand dieser
Lithiumhydroxid-Kartuschen herausgefiltert, während der Stickstoff recycelt
wird. Sauerstoff wird immer wieder nachgefüllt.«
»Alles klar. Und wie wechsle ich die Tanks?«
»Allein? Gar nicht. Es gibt zwar einen Trick, aber wir
haben jetzt keine Zeit dafür. Sie wechseln von Tank eins zu Tank zwei mit
diesem Ventil hier und holen mich dann, um die Tanks auszutauschen. Sollte es
passieren, dass Sie jemand darum bittet – obwohl das nicht passieren wird, es
sei denn, der Rest der Mannschaft ist bereits tot – machen Sie es so …« Er
zeigt mir den Tankwechsel anhand eines herumliegenden Rucksacks, und ich
versuche, nicht den Überblick zu verlieren. Dann zeigt er mir noch den Helm und
die an der Brust befestigten Monitore, mit deren Hilfe ich die
Sauerstoffzufuhr, die Temperatur und noch einiges mehr regeln kann. »Wenn Sie
sich das alles merken, werden Sie zumindest nicht durch einen dummen Unfall ums
Leben kommen. Noch Fragen?«
Ich denke nach. »Vorerst nicht. Doch, halt – wie
funktioniert die Kommunikation?«
»Keine Sorge, die ist automatisch.« Er betätigt ein
paar Schalter auf meiner Brust. »Sie befinden sich auf dem allgemeinen
Empfangskanal. Jeder kann Sie also hören, es sei denn, man schaltet Sie
absichtlich ab. Und jetzt noch …« Er nimmt etwas, das wie zwei
Unterwasserkameras aussieht, die mit einem Panzerband an zwei Seiten einer
schwarzen Box befestigt wurden. »Haben Sie so etwas schon gesehen?«
Ich betrachte den Apparat genauer. »Ich wusste gar
nicht, dass man daraus inzwischen schon eine Waffe entwickelt hat.«
Er sieht überrascht aus. »Können Sie mir denn sagen,
was es ist und wie es funktioniert?«
»Ich kann es versuchen. So etwas Ähnliches habe ich
bisher nur in einem Labor gesehen. Dieser Chip hier ist ein kleiner, speziell
angefertigter ASIC-Prozessor, der ein neuronales Netzwerk emuliert, das dem
Cingulum einer Medusa beziehungsweise eines Basilisken entnommen wurde. Hinter
diesen Videokameras befindet sich ein komplexes Bildbearbeitungsprogramm. Ich
nehme an, dass die zwei Kameras für die räumliche Wahrnehmung sorgen. Das
heißt, dass wir es mit einer Wellenüberlagerung auf das ausgewählte Ziel zu tun
haben, also …«
»Gut, gut.« Pike reicht mir ein etwas mitgenommen
aussehendes Videokamera-Handbuch. »Werfen Sie da noch kurz einen Blick rein.
Und hier auch.« Er gibt mir noch ein Bündel Papiere, auf deren erster Seite in
großen roten Buchstaben GEHEIM steht, ehe er mir die Waffe in die Hand
drückt.
Dieser kleine Apparat stellt das zweite Gesetz der
Thermodynamik auf den Kopf. Niemand weiß genau, warum es funktioniert, aber der
Medusa-Effekt scheint ein durch Beobachtung vermittelter Quantum-Tunnel-Prozess
zu sein. Etwa 0,01 Prozent der anvisierten Kohlenstoffatome in der Zielzone
eignen sich acht extra Protonen und eine dementsprechende Menge Neutronen an
und verwandeln diese in Silikonatome, die eine starke negative Spannung
aufweisen. Ungefähr die gleiche Anzahl von Kohlenstoffatomen löst sich in
Nichts auf und sprengt somit jede Fessel.
»Was kann so ein Ding denn alles anrichten?«, will ich
wissen.
»Genug«, antwortet Pike knapp, holt dann aber doch
noch wenig aus. »Silikon-Wasserstoff-Verbindungen sind instabil. Richten
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