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Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)

Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)

Titel: Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thier
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erbleichte. »Nun …« Er räusperte sich. »Seht es so. Je schneller wir arbeiten, desto schneller sind wir von diesem verwunschenen Ort weg. Weit weg! Für immer!«
    Mit einem Mal entfaltete sich erstaunliche Aktivität.
    »Aaah! Wundervoll! Grandios!«
    Alagotis klatschte Beifall.
    »Meine Güte, dass ich auf diesem kahlen Felsen einen solchen Quell der Sangeskunst finden sollte – das Schicksal schlägt seltsame Wege ein. Mein Junge, du würdest ohne jegliches Zögern in die königliche Akademie aufgenommen!«
    »Wirklich?«
    Mjir war überwältigt. Zum ersten Mal fand er etwas, das er konnte. In dem er gut war, das ihm Freude bereitete.
    »Und … worüber singt man Lieder?«
    Alagotis seufzte, sein Gesicht verklärte sich. »Ach, über Liebe, Treue, tapfere Krieger, berühmte Taten … all diese Dinge.«
    »Was ist ein Krieger?«
    Langsam verschwand der verklärte Ausdruck aus dem Gesicht des Poeten. Er beugte sich zu dem Fünfzehnjährigen hinunter. »Was ein Krieger ist? Soll das ein Witz sein?«
    »Nein, eine Frage.« Mjir schaute ihn mit ehrlichen Augen aus seinem ehrlichen Gesicht gerade an.
    Kopfschüttelnd stand Alagotis da. »Du – weißt es wirklich nicht. Erdvater, lebt ihr hier denn hinter dem Mond?«
    »Aber nein. Der Mond hängt oben am Himmel. Aber nur nachts. Ich habe mich schon oft gefragt, wer ihn tagsüber wegnimmt …«
    »Immer langsam.« Der Bänkelsänger hob beide Hände. »Zuerst kümmern wir uns um elementare Etymologie, dann gehen wir über zu den Grundsätzen der Astronomie. Wann war der letzte Krieg auf Windfels?«
    »Weiß nicht. Was ist das, ein Krieg?«
    »Ich … ich glaube, ich muss mich setzen.« Die Gedanken des Sängers wirbelten durcheinander wie ein Orkan. Kaum zu glauben – diese rauen, baumlangen Kerle, die den ganzen Tag über soffen und Dinge aßen, die man in Alagotis Heimat sogar dem Misthaufen aus Mitleid erspart hätte, kannten keinen Krieg. Keine Schlachten. Dabei hätte er angenommen, sie wären die Ersten gewesen, die ‚Hier!’ gerufen hätten, wenn jemand gefragt hätte: ‚Gibt es Freiwillige für ein wildes aufeinander Einhacken mit spitzen Gegenständen?’
    Aber eigentlich, wenn man genau darüber nachdachte … es ergab einen gewissen Sinn. Auf Windfels kämpfte man nicht gegeneinander, brachte sich nicht gegenseitig um. Man hatte ein Zweckbündnis gegen den Wind geschlossen, kämpfte gemeinsam gegen die gnadenlose Natur, die versuchte diesen Flecken Erde – nein, Fels, korrigierte er sich – für sich zurückzuerobern.
    »Hier … ist noch nie jemand umgebracht worden, oder?«
    »Umgebracht? Du meinst von einem anderen Menschen ?« Mjir starrte ihn entgeistert an.
    »Wer käme denn schon auf so eine Idee. Das wäre doch unsinnig.«
    So hatte Alagotis es noch nie beschrieben gehört.
    Er seufzte. Dieser Unterricht würde schwieriger werden als er geglaubt hatte.
    »Du meinst«, wiederholte Mjir zum dritten Mal, damit er auch ganz sicher war das Konzept verstanden zu haben, »man singt Lieder über Männer, die andere Männer umbringen und findet das gut ? Es gefällt den Leuten, dass die Helden der Geschichten andere Leute töten ?«
    »Ja, aber auf eine angemessen heldenhafte Art und Weise«, wandte Alagotis ein. »Außerdem bringen sie nur böse Leute um.«
    »Und woran erkennt man die?«
    Alagotis dachte nach.
    Eigentlich hätte ihm, der er ja so versiert in diesen Dingen war, auf Anhieb eine Antwort einfallen müssen. Doch das tat sie nicht.
    »Ich weiß es nicht«, gab er am Ende zu. »Darüber habe ich mir noch nie wirklich Gedanken gemacht. Ich nehme an, Helden sind irgendwie dazu im Stande.«
    »Tatsächlich …« Mjir starrte nachdenklich die Wand an. »Es scheint, dass es vieles gibt, was ich noch lernen muss.«
    Es war wieder einmal Abend geworden, und wie es ihm inzwischen zur Gewohnheit geworden war, spazierte Mjir allein die Küste entlang. Es ging eine steife Brise, und kleine Schotterstückchen von etwa einem Zoll flogen durch die Luft und prallten von ihm ab. Sand gab es auf Windfels nicht. Alle Steine mit kleinerem Durchmesser als einem halben Zoll waren schon längst vom Wind empor gerissen und aufs Meer hinausgetragen worden.
    Wieder schaute unser Held aufs Meer hinaus und dachte an Schiffe, die interessanteren Dingen entgegensegelten als einem großen Heringsschwarm. An die funkelnde Brücke aus Farben, an deren Ende wundervolle Dinge auf ihn warteten. Ferne Lande, zum Beispiel. Am besten sehr fern, von Felswind aus gesehen

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