Dämonisches Tattoo
muss es nicht.«
»Aber es ist meine Schuld.«
»Du warst nicht derjenige, der mir ein Glas Marmelade an den Schädel geknallt hat.«
»Nein, aber ich hätte dich niemals allein lassen dürfen.« Er schüttelte den Kopf. »Verflucht, ich hätte dich nicht einmal mitnehmen dürfen.«
»Diese Diskussion hatten wir schon.« Sie musste aufstehen. Wenn sie noch länger hier sitzen blieb, würde sie nicht mehr die Kraft finden, auf die Beine zu kommen. Umständlich kämpfte sie sich auf die Knie.
Sofort rückte Chase näher heran. »Bleib sitzen«, mahnte er. »Vielleicht hast du eine Gehirnerschütterung.«
»Ich glaube nicht.« Vorsichtshalber verzichtete sie darauf, den Kopf zu schütteln. »Allerdings würde ich später gern auf dein Angebot zurückkommen und doch ein paar Paracetamol nehmen.«
»Warte hier.« Wieder stand er auf. Diesmal öffnete er ein paar Schranktüren, bis er ein Glas fand, das er mit Leitungswasser füllte und ihr reichte. Sobald sie es in der Hand hielt, zog er das Röhrchen mit den Schmerztabletten aus der Vordertasche seiner Jeans, schüttete sich zwei auf die Hand und gab sie ihr.
Dankbar schluckte sie die Tabletten, spülte sie mit einem großen Schluck Wasser hinunter und stand auf. Sie kam wankend zum Stehen und lehnte sich an Chase, als er nach ihrem Arm griff, um sie zu stützen. Ohne sie loszulassen, nahm er ihr das Glas ab und stellte es zur Seite. Dann hielt er ihr einen Finger vor die Nase. »Wie viele Finger siehst du?«
»Zwölf.« Sie schob seine Hand zur Seite. »Es geht mir gut.« So gut es einem nach einem Zusammenstoß mit einem Marmeladenglas samt anhängendem Killer eben gehen konnte. »Wir müssen uns um die Frau kümmern, sie ist vermutlich schon halb verrückt vor Angst.« Vielleicht war das Wissen um die Frau, die ihrer Hilfe bedurfte, der einzige Grund, warum sie selbst noch nicht durchgedreht war. Viel schien jedenfalls nicht zu fehlen, wenn sie ihre Gedanken der letzten Minuten noch einmal Revue passieren ließ. Nicht mehr lange und sie würde anfangen Unsinn zu plappern.
Als sie auf die Küchentür zuging, war Chase dicht neben ihr, bereit zuzugreifen, sobald sie ins Taumeln geriet. Doch sie schaffte es. Anfangs war sie unsicher auf den Beinen und ihre Knie fühlten sich matschig an, doch mit jedem Schritt wurde es ein wenig besser. Es gelang ihr sogar, den Schmerz so weit zurückzudrängen, dass er auf ein halbwegs erträgliches Maß abflaute. Vielleicht setzte auch die Wirkung des Paracetamols allmählich ein. Die Treppe stellte sich allerdings als beinahe unüberwindliches Hindernis für ihre weichen Knie heraus. Glücklicherweise hatte Chase seine Hand auf ihren Rücken gelegt und schob sie sanft vorwärts.
Die Schlafzimmertür war noch immer verschlossen.
Kate klopfte an. »Sie können aufmachen, es ist alles in Ordnung.« Sie wartete darauf, etwas hinter der Tür zu hören, doch es blieb still. Zu still. Noch einmal hämmerte sie mit der flachen Hand gegen das Holz und versuchte die Frau dazu zu bewegen, sie zu öffnen, doch nichts geschah.
»Geh da rüber.« Chase schob sie ein Stück zur Seite und warf sich mit der Schulter gegen die Tür. Er brauchte zwei Anläufe, dann sprang die Tür auf.
Die Frau war nirgends zu sehen. »Wo ist sie?«
Chase deutete in Richtung des Badezimmers. Dort brannte Licht. Ein paar schnelle Schritte, zu schnell für Kate, um in ihrem Zustand mit ihm mitzuhalten, dann stand er auf der Schwelle. Kate spähte über seine Schulter. Die Frau kauerte weinend auf den Bodenfliesen. Eine Rasierklinge – womöglich dieselbe, mit der Kate die Fesseln durchtrennt hatte – lag im Waschbecken und hatte blutige Schlieren auf dem Porzellan hinterlassen. Überall um das Waschbecken herum war Blut.
Als Chase den Raum betrat, sah die Frau auf – und wich schreiend zurück. Kate drängte sich an ihm vorbei und ließ sich vor der Frau auf die Knie fallen, die sich in einer Ecke Schutz suchend zusammengerollt hatte.
»Haben Sie keine Angst.« Die Schwellung machte ihr das Sprechen schwer, es schmerzte. »Das ist nicht der Mann, der Sie überfallen hat. Er ist Bundesagent und hier, um Ihnen zu helfen.« Vorsichtig legte sie der Frau eine Hand auf die Schulter und spürte, wie sie unter der Berührung zusammenzuckte. »Es ist vorbei«, fuhr sie ruhig fort. »Er ist weg – und er wird auch nicht mehr wiederkommen.« Zumindest hoffte sie, dass er nicht verrückt genug sein würde, diese Frau noch einmal aufzusuchen.
Langsam hob die
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