Daisy Goodwin
«Wie der Prinz
bereits sagte, wir Amerikaner haben ein Talent für die Gastfreundschaft, und
wenn man hierherkommt, weiß man auch, warum er das so schätzt. Vielleicht
sollten Mr. Cash und ich uns für die nächste Saison ein Haus in London nehmen.»
Cora empfand die Blicke der
Dorfbewohner, die am Wegrand standen, wie Schläge. Sie wandte sich ihrer Mutter
zu und sagte: «Ich hatte eigentlich daran gedacht, für ein paar Monate nach
Hause zu kommen, Mutter. Es wäre so schön, all meine alten Freunde
wiederzusehen, und ich möchte den kleinen Guy so gerne vorführen. Ich dachte,
vielleicht komme ich mit euch, wenn ihr zurückfahrt.»
Mrs. Cash antwortete nicht gleich,
und Cora wünschte, sie ginge auf der anderen Seite, damit sie erkennen könnte,
was in ihrer Mutter vorging.
«Nun, ich würde mich natürlich sehr
freuen, wenn du uns besuchst. Du weißt ja, ich liebe meinen Enkel, den Marquess.»
Mrs. Cash machte nach dem Titel eine ehrfürchtige Pause. «Aber bist du sicher,
dass mein Schwiegersohn schon bereit für diese Reise ist? Schließlich ist er
gerade von einer anderen zurückgekommen.»
Cora sagte
schnell: «Ich dachte, ich komme allein, Mutter, nur ich und das Baby. Ivo hat
hier so viel zu tun ...» Ihre Stimme erstarb.
«Aber der
Platz einer Ehefrau ist bei ihrem Mann, Cora. Was auch immer du selbst
möchtest, es ist deine Pflicht, an seiner Seite zu bleiben. Ich habe dich doch
wohl dazu erzogen zu verstehen, dass es im Leben mehr gibt als dein eigenes
Vergnügen.» Mrs. Cash blieb stehen und wandte sich ihr zu. Cora sah ihr gutes
Auge funkeln.
«Ich weiß nicht, Mutter, ob es Ivo
etwas ausmachen würde», sagte sie.
«Unsinn, Cora. Es geht nicht darum,
ob es ihm etwas ausmacht. Ihr seid Mann und Frau, mehr gibt es dazu nicht zu
sagen.»
«Aber es ist so schwer, Mutter. Hier
kennen sich alle schon ihr ganzes Leben lang, und ich bin immer die Außenseiterin.
Du weißt ja nicht, wie sehr ich mich danach sehne, an einem Ort zu sein, an dem
die Leute nicht über meinen Akzent oder meinen neuesten Fauxpas lästern.» Und
über meine Ehe, dachte Cora, sagte es aber nicht.
Mrs. Cash
nahm Coras Hand und drückte sie fest. Es war keine liebevolle Geste. «Und du
glaubst, wenn du nach einem Jahr Ehe ohne deinen Mann nach Hause kommst, dass
dann nicht gelästert wird? Ich versichere dir, Cora, die Leute würden über kaum
etwas anderes reden. Es gibt nichts, worüber sich die New Yorker Gesellschaft
mehr freuen würde, als darüber, dass die Ehe meiner Tochter, der Herzogin,
scheitert. Ich lasse nicht zu, dass du alles ruinierst, was ich aufgebaut habe,
weil du mit deinem Mann nicht zurechtkommst. Es tut mir leid, Cora, aber das
ist deine Sache, nicht meine.»
Mrs. Cash ließ Coras Hand los und
hielt inne, um sich mit der doppelten Herzogin und Mr. Cash zu unterhalten, die
sie gerade einholten.
Cora blieb stehen und spannte ihren
Sonnenschirm auf. Lieber ließ sie sich von der Menge anstarren, als dass sie
noch eine Minute länger mit ihrer Mutter verbrachte. Fast zerbrach sie den
Elfenbeingriff des Sonnenschirms, so eilig wollte sie ihn aufspannen; ihre
Hände zitterten so sehr, dass es ihr nicht gelang, den Verschluss einrasten zu
lassen. Als die gleißende Nachmittagssonne endlich von der cremefar benen
Seide gefiltert wurde, verschaffte ihr das eine kurze Atempause. Cora atmete
tief ein und versuchte sich zu beruhigen. Sie hätte wissen müssen, dass ihre
Mutter so reagieren würde, und dennoch war es schockierend, dass sie ihre
gesellschaftliche Geltung über das Glück ihrer Tochter stellte. Cora bemühte
sich zu lächeln. Dann spürte sie eine Hand an ihrem Ellenbogen.
«Du wirst
mich dafür hassen, dass ich das heute mache, aber ich kann nicht anders.»
Sybil nahm Coras Hand und schwenkte sie begeistert hin und her. «Liebste Cora,
er hat mir einen Antrag gemacht, und ich habe ihn angenommen!» Sybil tanzte
vor Aufregung. «Wir werden unsere Verlobung beim Tee bekannt geben. Bitte sei
nicht sauer, weil ich Guy die Schau stehle, aber wenn der Prinz da ist, kann
Mama keinen Wutanfall kriegen. Oh, ich bin so glücklich, ich könnte platzen.»
Cora
spürte, wie ihr Gesicht sich entspannte. «Liebe Sybil, das freut mich so. Ich
bin sicher, ihr werdet sehr glücklich sein. Ihr beiden seid füreinander
geschaffen. Wo ist Reggie? Ich möchte die Erste sein, die ihm gratuliert.»
Reggie erschien, und die drei gingen zusammen auf das Haus zu. Als sie die
Stufen zur Terrasse betraten, ging Sybil vor, um
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