Daisy Goodwin
den
Albert hatte sie protestiert, aber die doppelte Herzogin hatte zu ihr gesagt:
«Wenn du den Prinzen von Wales als Förderer möchtest, musst du das Baby nach
ihm benennen. Du brauchst ihn ja nicht so zu rufen; nicht einmal der Prinz
selbst macht sich was aus dem Namen Albert, aber es ist ein Zeichen des
Respekts.» Cora betrachtete die Paten, die in einer Reihe standen: der Prinz
von Wales, der sein «Amen» immer sehr laut sprach, Sybil und Reggie, die bei ihren
Gelübden verschwörerische Blicke tauschten, Teddy, der sie ansah, als er
versprach, das Kind auf Gottes Wegen zu geleiten – seine Augen sagten ihr, dass
er sich um sie beide kümmern würde. Cora senkte den Blick, sie konnte es nicht
ertragen, jetzt an das zu denken, was Teddy ihr anbot. Als sie wieder
aufblickte, sah sie, wie Charlotte das Baby mit einer gespannten Aufmerksamkeit
betrachtete, die sie schockierte. Es war nicht nur der leere Blick einer
kinderlosen Frau, die das Baby einer andern betrachtete; sie hatte etwas
Wachsames, Räuberisches an sich, als würde sie jeden Moment springen.
Cora wurde schwindelig, ihre Beine
zitterten, und sie legte die Hand auf Ivos Arm, um das Gleichgewicht nicht zu
verlieren. Er sah zu ihr herunter und legte seine Hand auf ihre. Cora spürte,
wie sich ihr Mund mit Speichel füllte, und sie schluckte verzweifelt und
blickte durch die Glaskuppel in den Himmel. Sie zwang ihren Körper, nicht in
Panik zu geraten; sie musste weitergehen.
Nun blickte Pater Oliver sie an, und
ihr wurde klar, dass er wollte, dass sie Guy nahm. Eine Sekunde überlegte sie,
ob sie in der Lage sein würde, das Baby zu halten, sie fühlte sich so schwach,
aber dann sah sie wieder Charlottes Gesicht und streckte die Arme aus, um ihren
Sohn zu nehmen.
Sie sah die ganze Zeit das Baby an,
als sich alle um sie versammelten, um ihn zu bewundern. Er war unverkennbar
Ivos Kind, die römische Nase seines Vaters beherrschte das winzige Gesicht. Sie
hörte die doppelte Herzogin sagen: «Er hat wirklich das Profil der Maltravers»,
und Pater Oliver pflichtete ihr bei, dass er auf jeden Fall etwas vom Vierten
Herzog habe.
Die doppelte Herzogin streckte
bedächtig die Arme aus, als wäre es eine unschätzbare Ehre, dass sie ihren
Enkel nehmen durfte, und widerstrebend übergab Cora ihn ihr. Zu ihrer
heimlichen Freude fing Guy sofort zu weinen an, und der doppelten Herzogin
gelang es nicht, ihn zu beruhigen. Cora sah ihren verärgerten Gesichtsausdruck
und wollte Guy gerade wieder nehmen, als Ivo eingriff und leichthin zu seiner
Mutter sagte: «Wie ich sehe, hast du immer noch dein berühmtes
Fingerspitzengefühl.» Er nahm den kleinen Guy und legte ihn sich über die
Schulter, wobei die langen Spitzenröcke des Taufkleides sich wie ein
Wasserfall über seinen dunklen Anzug ergossen. Aus Guys Schluchzern wurde ein
Schluckauf. Cora wollte lachen und den Arm um ihren Mann und ihren Sohn legen,
aber sie spürte Teddy und Charlotte zu ihren beiden Seiten und konnte sich
nicht rühren.
Nach der
Taufe ging die kleine Gesellschaft zum Haus zurück, um den Tee einzunehmen. Für
Cora war es eine Befreiung, an der frischen Luft zu sein. All die
Bediensteten, die draußen arbeiteten, bildeten zu beiden Seiten des Weges, der
die Kapelle mit dem Haus verband, ein Spalier. Als der Prinz vorbeiging, im
Gespräch mit Ivo, der immer noch das Baby trug, wurde aus der Menge gerufen:
«Gott schütze den Prinzen von Wales» und «Gott schütze den Herzog von Wareham».
Und dann sagte irgendein Witzbold: «Eigentlich muss eher die Herzogin
geschützt werden.» Der Prinz und Ivo waren zu weit vorn, um diese letzte
Bemerkung zu hören, nicht so Cora, die neben Mrs. Cash ging. Cora blickte ihre
Mutter an, um zu sehen, ob sie es auch gehört hatte, aber Cora ging auf Mrs.
Cashs schlimmer Seite und konnte den Gesichtsausdruck ihrer Mutter nicht
erkennen. Coras Wangen brannten. Der Gedanke, dass ihr Leben von den Dorfbewohnern
diskutiert wurde, war unerträglich. Sie wollte sich umsehen und herausfinden,
wer der Verantwortliche war, aber sie mochte sich nicht anmerken lassen, dass
es ihr was ausmachte.
Sie hörte
ihre Mutter sagen: «Ich muss dir gratulieren, Cora, du hast alles wunderbar
arrangiert. Lulworth ist so schön geworden, es ist kaum wiederzuerkennen.
Natürlich sind die Bediensteten hier so gut, dass du sie nicht so anler nen
musst wie ich zu Hause. Dennoch, du hast alles viel behaglicher gemacht. Wenn
ich bedenke, wie es hier einmal aussah.» Sie erschauerte.
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