Daisy Goodwin
ein Taschentuch zu holen. «Ich
weiß genau, dass ich weinen werde.»
Als Sybil aus dem Blickfeld war,
sagte Cora zu Reggie: «Ich habe immer gehofft, dass es so kommt. Warum haben
Sie so lange gebraucht?»
Reggie lachte. «Ich weiß es jetzt
auch nicht mehr. Vermutlich hatte ich die Vorstellung, dass ein Mann etwas aus
sich machen muss, ehe er heiratet. Aber dann ist mir klargeworden, dass es
überhaupt keinen Grund gibt zu warten. Wir werden natürlich kein Geld haben,
aber ich glaube nicht, dass ihr das etwas ausmacht. Und
gestern Abend, nun, da habe ich verstanden, was passieren kann, wenn ich nicht
handele. Ich wollte nicht, dass es am Ende noch vereitelt wird.» Er nickte in
Richtung Charlotte Beauchamp, die bei Lady Tavistock stand.
Cora folgte
seinem Blick. «Nein, das darf nicht passieren», sagte sie so leichthin sie
konnte. «Und jetzt müssen Sie es Ivo sagen. Er wird das Gesicht seiner Mutter
beobachten wollen, wenn ihr klarwird, dass sie ihre Hofdame verliert.»
Die Neuigkeiten besserten Coras
Laune, und das war auch nötig, um den Vorsitz beim Tauftee zu führen. Der
Kuchen wurde angeschnitten, und es wurde mit Tee und Champagner auf Guys
Gesundheit getrunken. Danach stand Reggie auf und hielt eine gewandte kleine
Rede, in der er seine Verlobung mit Sybil verkündete. Ivo rief nach mehr
Champagner, und dann trank die Gesellschaft auf das Paar – alle außer Herzogin
Fanny, die stattdessen elegant in Ohnmacht fiel. Sybil wollte ihr zu Hilfe
eilen, aber Ivo hielt sie davon ab und ließ Riechsalz holen. Er lehnte seine
Mutter gegen das kleine Sofa, vor dem sie niedergesunken war, und schwenkte das
Riechsalz unter ihrer Nase. Als sie wieder zu Bewusstsein kam, sagte er: «Aber
... aber ... Mutter, mach dir keine Sorgen, weil du Sybil verlierst. Ist sie
erst einmal weg, kannst du mindestens zehn Jahre von deinem Alter abziehen,
und niemand wird glauben, dass du auch nur einen Tag älter bist als fünfunddreißig.»
Die Herzogin sah ihn finster an,
aber der Prinz von Wales musste so lachen, dass sie sich gezwungen sah einzustimmen,
und ihr Lächeln wankte auch nicht, als der Prinz sagte: «Schwer zu glauben,
dass Sie jetzt Großmutter sind, Fanny. Für mich werden Sie immer ein schlankes,
junges Ding sein.»
Die
Herzogin legte die Hände an ihre eng geschnürte Taille, sagte: «Das will ich
doch hoffen, Sir», und seufzte dramatisch. Aber es führte kein Weg mehr zurück
zu ihrer bisherigen Position, und sie sah sich gezwungen, mit vornehmem
Gesicht zuzuhören, während Sybil von Brautjungfern und Schleiern plapperte.
Der Prinz
reiste nach dem Tee ab; er nahm den Nachtzug nach Balmoral. Als Cora ihn zu
seiner Kutsche begleitete, blieb er stehen, um die Hügel im Abendlicht zu betrachten.
«Es ist ein wunderbarer Flecken, Herzogin. Es war immer einer meiner
Lieblingsorte, und jetzt, da Sie hier sind, weiß ich seinen Charme noch mehr zu
schätzen. Ich freue mich schon auf meinen nächsten Besuch.»
Cora
lächelte und machte einen Knicks, aber als die Kutsche schließlich außer Sicht
war, fühlte sie sich ganz schlaff, und hätte Ivo nicht hinter ihr gestanden,
wäre sie zu Boden gesunken.
«Was hat dir der Prinz denn gerade
ins Ohr geflüstert, Cora, dass du so weiche Knie bekommst? Ich hoffe, er weiß,
dass jedenfalls diese Herzogin von Wareham ihm nicht zu Diensten ist. Oder
warst du bei Tum Tum in Versuchung? So, wie er sich heute auf dem Fahrrad
angestellt hat, bezweifle ich allerdings, dass er viel zu bieten hat.» Cora wusste,
dass Ivo sie neckte, aber sein Tonfall hatte einen bitteren Unterton. Er war
doch wohl nicht auf den Prinzen eifersüchtig?
Sie löste sich von ihm und sagte:
«Ich habe Kopfschmerzen, Ivo, ich werde mich hinlegen. Es tut mir leid, aber
du wirst heute Abend ohne mich zurechtkommen müssen.»
«Mach dir keine Sorgen, meine Mutter
wird beglückt sein, wieder die Rolle der Schlossherrin spielen zu dürfen. Oder
soll ich deine Mutter fragen? Was für eine Aussicht.» Ivo legte
ihr die Hand auf die Wange. «Soll ich den Doktor holen lassen? Ich glaube
nicht, dass ich lange ohne dich auskomme.»
«Nein, es
geht mir sicher bald besser, wenn ich mich nur erst hingelegt habe. Es war ein
langer Tag.»
«Der
längste», sagte Ivo und nahm ihren Arm, als sie die Stufen zum Schloss
hinaufgingen.
Bertha wollte gerade zu den höheren
Dienstboten stoßen, die sich versammelten, um ihre eigene Version des Tauftees
zu besprechen, als einer der Burschen sie im Flur
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