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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine englische Liebe
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Formen der Kapelle anzudeuten. «Zwar war ich nach der Beerdigung des
alten Herzogs nicht mehr dort, aber ich vermute, seitdem ist es bergab
gegangen. Die elende Erbschaftssteuer wahrscheinlich.» Odo blickte zum unteren
Ende des Tisches, an dem seine Frau saß, und erhob ein wenig die Stimme.
    «Mir tut
Ivo fast leid. Er war ein so vollkommener jüngerer Sohn, ein hervorragender
Schütze, beliebt bei den Damen, klug. Als er von der Garde kam, munkelte man,
er wolle Diplomat werden, aber dann hat Maltravers, sein älterer Bruder, sich
das Genick gebrochen, und alles hing an Ivo. Das war vor ungefähr einem Jahr,
und seitdem ist er ein unerträglicher Langweiler geworden. Er schließt sich in
Lulworth ein und kommt nicht mehr heraus. Seit Monaten hat ihn niemand
gesehen. Nicht mal Charlotte kann ihn hervorlocken, und das, wo sie doch so gute Freunde waren.»
    Kaum dass er den Satz vollendet
hatte, begann Odos Frau, auf für sie gänzlich untypische Weise auf den Dekan
einzureden, der zu ihrer Linken saß. Hätte Mrs. Cash es sich nicht zur
Gewohnheit gemacht, nur das zu beobachten, was unmittelbar mit ihren eigenen
Interessen in Verbindung stand, wäre ihr vielleicht aufgefallen, dass Charlotte
Beauchamp errötet war. Aber Mrs. Cashs Aufmerksamkeit galt allein Odo.
    «Es gibt in
Lulworth also keine Herzogin?», sagte sie, so ungezwungen es ihr möglich war.
Sie konnte sich nicht erinnern, Warehams Namen in der Liste adeliger
Junggesellen in Titled Americans gesehen zu haben – zwar würde sie niemals
zugeben, dass sie diese Zeitschrift las, aber was darin stand, war ihr
vollständig bekannt. Und sie war sicher, keinen in Frage kommenden Herzog
übersehen zu haben.
    «Nicht mal eine Witwe», sagte Odo,
dem nicht entgangen war, wie gesprächig seine Frau plötzlich war, auch die
Röte auf ihren Wangen hatte er bemerkt. Unwillkürlich fuhr er sich mit der
Zunge über die Lippen und trank einen Schluck Bordeaux. Er wusste, dass er Mrs.
Cashs ganze Aufmerksamkeit hatte, und er wusste außerdem, dass sie nicht seine
einzige Zuhörerin war; zwar plauderte seine Frau immer noch mit dem Geistlichen, aber
sie würde sich kein Wort entgehen lassen.
    «Nein, Herzogin Fanny war weg, da
war der alte Herzog kaum gestorben. Sie war ja fast noch in Trauer, als sie Buckingham heiratete. Natürlich wusste
jeder, dass sie ganz besondere Freunde waren, trotzdem ... Vermutlich hatte sie Sorge,
jemand könnte ihn ihr wegschnappen, obwohl ich nicht weiß, wer den armen alten
Buckingham hätte haben wollen. Aber die doppelte Herzogin könnte gar nicht
glücklicher sein.»
    «Die
doppelte Herzogin?» Seit ihrer Kindheit hatte Mrs. Cash nichts mehr von sich
gegeben, was einem Quieken so nahekam.
    «Zuerst
Herzogin von Wareham und jetzt Herzogin von Buckingham. Sie ist die erste Frau,
die ich kenne, die es zweimal getan hat.» Beauchamp lächelte. «Manche Leute
glauben, der arme alte Wareham sei genau zum richtigen Zeitpunkt gestorben. Die
Herzogin hatte ein Vermögen für Lulworth ausgegeben. Sie hat sogar eine
Seitenstrecke für die Eisenbahn bauen lassen, damit der Prinz von Wales
schneller dort ist. Und jetzt unterhält sie ihn in Conyers – Buckinghams Haus.
Der liebe alte Buckers verfügt ja über die erforderlichen Mittel.»
    Mrs. Cash zupfte an dem Tüll, der
ihre linke Wange bedeckte, und fragte sich, warum ihr Sitznachbar so mitteilsam
war. Zu Hause wusste sie auf den Cent genau, was ihre Freunde und Feinde wert
waren und ob sie im Verzeichnis der ortsansässigen Prominenz vorkamen oder auf
der WardMcAllister-Liste für den Ball der Patriarchen standen. Aber hier war
es anders. Mrs. Cash hatte sich große Mühe gegeben, die Rangordnung der
englischen Adelskreise auswendig zu lernen – es gab kaum etwas, das ihr mehr
bedeutete als ein klares Regelwerk. Aber bei ihrer Ankunft in London hatte sie
erstaunt, um nicht zu sagen schockiert, feststellen müssen, dass es selbst bei
den elegantesten gesellschaftlichen Ereignissen genauso wahrscheinlich war,
auf die Schauspielerin Mrs. Patrick Campbell zu treffen wie auf eine Gräfin. In
Newport und selbst in New York engagierte man so eine Person vielleicht, um
bei einem Fest aufzutreten, aber es wäre undenkbar gewesen, ihr
gesellschaftlich auf Augenhöhe zu begegnen. Als sie das Mrs. Wyndham gegenüber
erwähnte, die sie, für eine beträchtliche Summe, davon überzeugt hatte, Cora
und sie in die Gesellschaft einzuführen, hatte diese auf eine Weise reagiert,
die Mrs. Cash das Gefühl

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