Daisy Goodwin
Zedernholz ausgekleidete Yacht; man konnte es nicht einmal nachahmen.
Es musste sich mit der Zeit entwickeln, wie die Patina auf Bronze. Es
bedeutete, dass man nicht den kleinsten Zweifel an seinem Platz in der Welt
hatte und sich nicht im Geringsten darum scherte, wie die Welt einen wahrnahm.
Als Mrs. Cash den Zweiten Herzog betrachtete, wusste sie instinktiv, dass ihre
vielgerühmte Haltung nicht die Wahrhaftigkeit dieses seit langem verstorbenen
Aristokraten hatte, der ruhig, aber prächtig in der Mitte seiner Welt stand.
Sie fragte sich, ob Coras Kinder die Welt einmal mit so gelassenem
Desinteresse betrachten würden.
Sie glitt
mit dem Finger über die vergoldete Zierleiste des Bilderrahmens, streichelte
seine barocken Schnörkel. Er war vor Staub ganz schwarz.
KAPITEL 7
Pfeil und Bogen
Cora blieb drei Tage lang auf ihrem
Zimmer. Am vierten Tag gestattete der Doktor ihr
aufzustehen. Cora hatte den Herzog nicht mehr gesehen, seit er ihr gesagt
hatte, wer er war. Sie war überrascht, dass er sie nicht besucht hatte, vor
allem, da ihre Mutter ihr bei den seltenen Gelegenheiten, zu denen sie den Weg
in Coras Schlafzimmer fand, immer wieder versicherte, was für ein aufmerksamer
Gastgeber er war. Einen Moment lang hatte sich Cora gefragt, ob der Herzog
womöglich die Gesellschaft ihrer Mutter vorzog, aber dieser Gedanke wurde
vertrieben, als sie sich im Standspiegel betrachtete. Sie trug ihr schönstes
Abendkleid aus blassgrüner Seide mit silbernen Stickereien. Sie hatte Bertha
gebeten, sie noch fester zu schnüren als gewöhnlich. Die Diamantentropfen in
ihren Ohren glitzerten vor dem warmen Braun ihrer Haare. Sie kniff sich in die
Wangen und biss sich auf die Lippen, um ihrem Gesicht etwas Farbe zu
verleihen. Der Herzog hatte sie natürlich noch nicht gesehen, wenn sie sich
schön gemacht hatte. Es war möglich, dass er noch nicht bemerkt hatte, dass
sie, Cora Cash, genauso schön wie reich war.
«Was meinst du, Bertha? Sehe ich gut
genug aus, um nach unten zu gehen?»
Bertha sah nicht einmal von dem
Unterrock auf, den sie gerade zusammenlegte. «Ich glaube, Sie kennen die
Antwort auf diese Frage schon, Miss Cora, so, wie Sie sich die ganze Zeit im
Spiegel betrachten.»
«Ja, aber
manchmal betrachte ich mich und sehe nur die Unebenheit meiner Nase und den
Leberfleck an meinem Hals. Ich gebe ja zu, dass ich heute Abend auch noch anderes
sehe, aber wenn ich die Dinge so unterschiedlich betrachten kann, tun andere
Leute das vielleicht auch.»
«Ich glaube, die anderen Leute
werden denken, dass Sie einfach hübsch aussehen, Miss Cora. Niemand wird auf
Ihre Nase achten.» Bertha strich den Unterrock glatt.
«Also siehst du es? Die Unebenheit?
Weißt du, wenn es sie nicht gäbe, hätte ich ein perfektes klassisches Profil.
Ich wünschte, ich könnte sie einfach abrasieren. Mutter hat eine Freundin, die
sich Paraffin in den Nasenrücken hat spritzen lassen, um eine vollkommen gerade
Nase zu haben. Vielleicht sollte ich das auch machen. Der Gedanke, dass ich
wirklich schön sein könnte, wäre da nicht diese eine kleine Sache, der ist doch
fürchterlich.»
«Vergessen Sie nicht den Leberfleck
an Ihrem Hals, Miss Cora, und die Narbe an Ihrem Knie, die Sie sich zugezogen
haben, als Sie vom Fahrrad gefallen sind.»
«Aber die Narben an meinem Knie
sieht doch niemand!»
Bertha zog jetzt ein Satinband durch
die Ösen am Saum eines Batisthemds. Sie sah Cora einen Moment mit einem so
festen Blick an, dass Cora lachen musste, wenn auch etwas verunsichert. Sie
wussten beide, wie sie zu dieser Narbe gekommen war. Teddy Van Der Leyden
hatte ihr das Fahrradfahren beigebracht. Er war neben ihr hergelaufen, die
Hand am Sattel, und dann hatte er losgelassen. Sie hatte es zuerst nicht
bemerkt und war einfach weitergefahren, aber dann hatte sie sich umgesehen, in
der Annahme, ihn neben sich zu finden. Als ihr klarwurde, dass sie ohne Hilfe
fuhr, war sie prompt vom Rad gefallen und hatte sich das Knie aufgeschlagen.
Sie hatte geheult, aber eher vor Scham als wegen des Schmerzes. Teddy hatte über ihre
Tränen gelacht, wodurch die nur noch mehr liefen. Schließlich hatte er Mitleid
mit ihr bekommen und ihr ins Ohr geflüstert: «Steig wieder aufs Rad, Cora. Du
kannst das. Willst du nicht frei sein?» Und er hatte ihr sein Taschentuch
gegeben, damit sie ihr Knie damit verbinden konnte, und ihr geholfen, als sie,
immer noch zitternd, wieder auf das Gerät stieg und langsam davonrollte.
Zuerst hatte sie Angst gehabt, aber dann
Weitere Kostenlose Bücher