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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine englische Liebe
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begannen.

KAPITEL 9

    Die doppelte Herzogin
    Der steife Kragen des
Stationsvorstehers stand gera  dezu in
seinem Nacken. Die Uniform war so neu und
so gestärkt, dass er seinen ganzen Körper drehen musste, wollte er sich
umsehen. Es verlangte ihn danach, sie auszuziehen. Er versuchte, mit dem
Finger zwischen den harten Stoff und seine Haut zu kommen, aber der
zusätzliche Druck ließ ihn nur noch mehr wie eine Garotte wirken. Er gab auf
und versuchte, so still wie möglich zu stehen. Er konnte bloß geradeaus sehen,
aber jetzt hörte er das ferne Pfeifen des Zuges und senkte den Blick auf den
roten Teppich, der auf dem Bahnsteig lag – er war hier und da etwas
fadenscheinig, aber der Stationsvorsteher wusste, dass die Herzogin für die
Aufmerksamkeit dankbar sein würde. Zuletzt war der rote Teppich ausgerollt
worden, als der Prinz von Wales zur Beerdigung des alten Herzogs gekommen war.
Vielleicht war der rote Teppich doch keine so gute Idee gewesen. War es zu
spät, ihn wieder zu entfernen? Ja, der Zug würde in wenigen Sekunden einfahren.
Der Stationsvorsteher drehte sich um neunzig Grad, damit er seine frühere
Herrin sehen konnte.
    Herzogin Fanny sah aus dem Fenster ihres
Abteils, als die vertrauten Pfefferkuchenhäuser der Station von Lulworth in der
Ferne sichtbar wurden. Sie hatte gedacht, es wäre unterhaltsam, wenn die
Station etwas verziert würde, vielleicht mit einem orientalischen Pavillon
oder mit etwas aus Muscheln, aber der Direktor der Eisenbahn von Süd-Dorset
war hart geblieben: Die Stationen sollten alle denselben Standard haben und
nicht Gegenstand einer Laune sein, nicht einmal, wenn es sich um die einer
Herzogin handelte. Es hatte sie einigermaßen verstimmt, sie hatte es sogar dem
Prinzen gegenüber erwähnt. Das war ein Fehler gewesen. Bertie hatte gelangweilt
gewirkt, seine schweren Augenlider drohten zuzufallen, und seine Mundwinkel
wanderten immer weiter nach unten. Fanny hatte schnell das Thema gewechselt;
sie konnte es sich nicht leisten, ihm lästig zu sein.
    Herzogin
Fanny hatte immer gewusst, schon als kleines Mädchen, wie wichtig es war,
niemandem lästig zu sein. Sie war die zweitälteste von vier Schwestern –
Töchter eines griesgrämigen Gutsherrn aus Somerset, dessen Launen so
fürchterlich wie unberechenbar waren. Fanny war das Lieblingskind ihres
Vaters. Sie als Einzige hatte bemerkt, dass er, wenn sein Missvergnügen wuchs,
begann, an den Knöpfen seiner Weste zu drehen. Sobald sie sah, dass seine
dicken roten Finger an den unter Spannung stehenden Perlmuttscheiben zogen,
scheuchte sie ihre Schwestern aus dem Zimmer und fragte ihren Vater, ob sie ihm
etwas aus der Küche holen könne – vielleicht einen heißen Grog, mit Zimt, so
wie er ihn gern mochte. Ihr Vater hatte ihr Fingerspitzengefühl zu schätzen
gewusst, und als seine reiche verwitwete Schwester anbot, eins seiner Mädchen
in London in die Gesellschaft einzuführen, hatte er Fanny geschickt.
    Vor ihrer Abreise hatte Fanny in
Erwägung gezogen, Amelia, der dritten Schwester, das Geheimnis der Knöpfe zu
verraten, sich dann aber dagegen entschieden. Wenn ihr Debüt, was Gott verhüten
möge, nicht der Erfolg würde, auf den sie hoffte, dann wäre es besser, die
Einzige zu sein, die davon wusste. Tatsächlich hatte sie erst nach der Hochzeit
mit Lord Maltravers, dem Erben des Herzogs von Wareham – eine Hochzeit, die in
jener Saison jeden überrascht hatte, jeden außer Fanny selbst –, das Gefühl
gehabt, dieses kostbare Wissen an ihre Schwester weitergeben zu können. Amelias
offensichtlicher Neid auf Fannys Glück, auf den gutaussehenden adeligen
Ehemann, die schönen Kleider und Juwelen, das großartige Haus und die Position,
die sie ihr Eigen nennen konnte, hatte Fanny sehr zufrieden gestimmt, und während
Amelia ihr half, sich für die Abreise anzukleiden, hatte sie ihrer Schwester
zugeflüstert, dass sie ihr ein kleines Geschenk machen wollte. Amelia hatte
sich eifrig vorgebeugt, in der Hoffnung, dass ihre Schwester ihr von ihrer
neuen Pracht ein kleines Schmuckstück abgeben würde, und als sie ihr Geschenk schließlich bekam, lachte sie bitter. Fanny hatte versucht, ihrer Schwester
zu erklären, wie wichtig es war, mit ihrem Vater auf die richtige Weise
umzugehen, aber Amelias Sicht der Dinge war von Habgier verschleiert, und sie
verstand nicht, wie bedeutsam die Knöpfe waren. Amelia hatte nie gelernt, mit
Männern auf die richtige Weise umzugehen, fand Fanny. Dass ihr Ehemann Sholto
sich

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