Daisy Sisters
er die Kontrolle über die Situation hat. Eivor ist erstaunt darüber, wie natürlich er sich zu geben vermag. Seine Arbeit in Valles Sportgeschäft beschreibt er als abwechslungsreich und verantwortungsvoll. Er scheint zu wissen, worum es geht. Er macht einen gutenEindruck auf Elna, das kann Eivor sehen. Und warum auch nicht? Das helle Haar glänzt, die Zähne sind weiß, er ist jung und gesund und stark. Und höflich. Was will man mehr?
»Dann also bis zur Hochzeit«, sagt er, als er schließlich aufsteht und sich verabschiedet.
»Er ist nett«, sagt Elna, als er gegangen ist.
»Das finde ich auch«, sagt Eivor.
Elna sieht sie verwundert an. »Anders wäre es ja wohl auch zu schrecklich.«
Am Tag darauf fährt Elna nach Hause. Sie sagt, dass sie sich freut, aber Eivor fragt sich, was sie wirklich denkt. Ist sie enttäuscht, unruhig oder nur zweifelnd?
Eivor würde sich wünschen, dass sie so offen und voll spontaner Freude wäre wie Jacobs Mama Linnea. Nicht so schroff und stumm.
Aber man sucht sich seine Eltern ja nicht aus.
Manchmal nicht mal seinen Mann.
Das sollte Elna wissen.
Als Elna im Zug zurück nach Hallsberg sitzt, ist es genau das, was sie denkt.
Und so findet sie also statt, die Hochzeit von Eivor und Jacob, am Sonntag, dem 3. Juli 1960. Die Trauung selbst ist schön und ergreifend, niemand denkt an den Regen, der draußen vor der Gustav-Adolf-Kirche niederströmt und die Stadt in eine Waschküche verwandelt. Pastor Johan Nordlund hebt seine von Psoriasis angegriffenen Hände über die zwei jungen Leute, die beschlossen haben, Schutz im heiligen Stand der Ehe zu suchen, die Angehörigen sind gerührt von der Zeremonie, und das Paar am Altar ist ein schönes Paar. Jacob trägt einen dunkelblauen Anzug, und Eivor hat sich ein weißes Kleid genäht. In der ersten Bank sitzt Artur und hustet. Das ist seine Art, sich gegen den störenden Kloß imHals zu wehren, den man auf keinen Fall merken darf. Neben ihm sitzt Linnea, und sie ist wahrlich stattlich in ihrem neuen dunkelroten Kleid.
Auf der anderen Seite des Mittelganges sitzen Elna und Erik, und sogar der alte Vater Rune ist gekommen. Großmutter Dagmar hat sich die Reise nicht zugetraut, ihr kleiner Brief an Eivor muss reichen, und Rune soll von ihr grüßen und es ihr erklären. Es ist ja möglich, sich später einmal zu treffen.
Die Orgel dröhnt, und draußen gießt es. Pastor Nordlund steht in der Kirchenvorhalle, verabschiedet die Hochzeitsgesellschaft und wünscht Glück. Die Hände hält er auf dem Rücken, es gibt ja Leute, die glauben, dass Psoriasis nicht weniger ansteckend sei als Aussatz … Regenschirme werden aufgespannt, die bestellten Taxis warten, man muss nur die Treppe zur Straße hinuntereilen …
Das Leben ist seltsam, denkt Eivor, als sie neben Jacob auf dem Rücksitz in einem der Taxis sitzt. Jetzt bin ich verheiratet, und ich empfinde nichts anderes als Unruhe. Es ist so schnell gegangen; als der Pastor sprach, war es, als beträfe es mich nicht. Und nun fahren wir zu Artur und Linnea zum Hochzeitsmahl, und dann werden wir für fünf Tage auf Hochzeitsreise gehen in ein Sommerhaus irgendwo in Småland …
Wenn sie nun den Taxifahrer bitten würde anzuhalten und im Regen ausstiege und einfach wegginge? Zu Cecil, um Coca-Cola zu trinken, weiß gekleidet und mit hochgestecktem Haar? Was sie beunruhigt, ist, dass sie das nun nicht mehr tun kann . Verheiratet zu sein beinhaltet ja so vieles, was nicht länger erlaubt oder auch nur möglich ist.
Der Regen schlägt gegen die Windschutzscheibe, und Jacob wirkt auch verbissen. Vielleicht denkt er dasselbe? Herrgott …
Er schaut sie plötzlich an. »Hast du etwas gesagt?«
»Nein. Gott, wie das regnet.«
Dann sind sie da, in Norrby, die Taxis bremsen auf dem nassen Asphalt, und der Fahrer ist überrascht über den Schein, den er von Jacob als Trinkgeld bekommt.
Es gab eine gewisse Verwirrung wegen des Hochzeitsessens. Laut der Tradition ist es der Brautvater, der das Gastmahl finanziert, aber was macht man, wenn der Vater nur als Vorname existiert? Elna wollte nicht von Erik verlangen, für die Kosten einzustehen, auch wenn er sagt, dass er dazu bereit wäre. Es ist ihr peinlich, als sie hört, dass Artur und Linnea das Essen bezahlen und arrangieren wollen, aber da ist nichts zu machen; als der alte Vater Rune eines Tages Mitte Juni aus Sandviken anruft und sagt, dass er die ganze Gesellschaft in ein Hotel in Borås einlädt, ist es zu spät, alles ist schon
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