Daisy Sisters
streifig im Gesicht, und der Assistent ist so verschwitzt, dass ihm die Schirme aus den Händen gleiten.
Aber schließlich scheint dennoch alles vorbereitet zu sein, die Hochzeitsgäste bilden den Hintergrund, das Brautpaar versucht, natürlich auszusehen, der Assistent kontrolliert noch einmal die Lichtwerte, ändert die Blende eine Nuance, knipst einmal, zweimal, und dann ist es vorbei. Anschließend steht er im strömenden Regen und wird durch und durch nass, während er seine Taschen und Stative im Volkswagen verstaut.
Als Artur schließlich seine Rede gehalten hat – darüber sind nicht viele Worte zu verlieren, er ist betrunken, behält aber die Selbstkontrolle, er sagt den beiden nur Freundlichkeiten, nichts Unangenehmes, aber auch nichts, was man behalten müsste –, da wird es auch Zeit für die Geschenke.
Von Großvater Rune, Großmutter und den Onkeln bekommt das Paar ein Kaffeeservice, das Rune persönlich in Gävle ausgesucht hat. Es ist weiß mit blauem Rand. Einfach, robust, ein Service, das ein Leben lang halten müsste. Linnea und Artur schenken zwei Bademäntel mit eingenähtemMonogramm. Linnea hat sie genäht, einen blauen für ihn, einen hellroten für sie. Und Elna und Erik steuern einen Geschenkgutschein über zweihundertfünfzig Kronen für Möbel bei.
Jacob und Eivor sind gerührt und bedanken sich. Aber Eivor hat Kopfschmerzen, sie schließt sich in der Toilette ein, um ein paar Minuten allein zu sein. Erik und Jacob unterhalten sich über Autos, Elna und Linnea stehen am Fenster und schauen in den Regen hinaus. Linnea erzählt von ihrer und Arturs Hochzeit, und Elna hört zu und denkt an einen Sommer an der norwegischen Grenze vor vielen Jahren.
Wie es so kommt, sitzen Rune und Artur schließlich nebeneinander, jeder mit seinem Glas in der Hand. Artur atmet schwer und schwitzt. Rune schaut ihn von der Seite an, und er ist so betrunken von dem Klaren, dass er am besten keine Unterhaltung beginnen sollte. Nein, dies ist Eivors Hochzeit, und er wird seine Meinung für sich behalten. »Prost«, sagt er, und Artur hebt die Lider und sieht ihn beinahe verwundert an.
»Ja, ja«, fährt Rune fort. »Da kann man nur hoffen, dass es gut geht für die Kinder.«
»Warum sollte es nicht gut gehen?«, sagt Artur. »In solchen Zeiten, wie wir sie jetzt haben … Wer hätte nicht gern ihre Möglichkeiten gehabt!«
Da sticht es Rune. Artur ist einer dieser Zufriedenen, die nicht einsehen, dass die Wirklichkeit genauso unheilverkündend ist wie immer. Und das muss er natürlich sagen. Alles andere wäre ja Betrug …
»Je höher man glaubt, klettern zu können, desto tiefer wird der Fall«, sagt er und sieht Artur scharf an.
»Wie?«
»Als ich jung war, wusste ich auf jeden Fall, dass ich ausgenutzt und unterbezahlt wurde«, fährt Rune fort und fixiertArtur mit roten Augen. »Aber heute scheint jeder zu glauben, dass wir in der besten aller Welten leben …«
Artur sieht ihn an, antwortet aber nicht.
»Und wenn man nicht vorbereitet ist, wenn es bergab geht, dann wird der Aufprall wesentlich schlimmer«, fährt Rune fort.
»Das ist doch alles nur Gerede«, sagt Artur und dehnt seinen großen Körper. »Wo, glaubst du, wären wir heute, wenn wir die Sozis nicht gehabt hätten? Was?«
»Ich bin natürlich Sozialdemokrat«, antwortet Rune erstaunt. »Was hast du denn gedacht?«
»Das klang nicht so.«
»Aber man darf doch wohl noch auf der Hut sein?«
»Ja klar, klar darf man das. Komm, wir nehmen noch einen Whisky«, sagt Artur.
Nun ist es Jacob, über den Rune sich ärgert, aber das bekommt niemand außer ihm mit, denn er ist müde geworden, fängt an einzuschlafen, wo er gerade sitzt. Vielleicht ist es trotz allem die beste aller Welten, in der er sich jetzt befindet? Vielleicht ist er es, der das nicht begriffen hat …
Er wacht davon auf, dass Elna ihn an der Schulter packt. »Wir gehen jetzt«, sagt sie. »Es ist zwölf Uhr, und Eivor und Jacob bestellen uns ein Taxi.«
Da hat er also dagesessen und geschlafen! Aber so geht es, wenn Mutter nicht dabei ist und einem den Ellbogen in die Seite stößt …
Das Fest ist beendet. Er und Elna und Erik werden in einer Unterkunft wohnen, die Hagbergs Pensionat heißt, und ein Bett ist das Einzige, was er sich im Moment wünscht …
Sie stehen in dem engen Flur und nehmen Abschied. Rune schüttelt Jacob die Hand und umarmt Eivor. Er findet, dass sie blass aussieht, aber das ist wohl nicht verwunderlich. »Viel Glück, mein Mädchen«, sagt
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