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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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es sich den ganzen Tag vorgestellt hat, ihm direkt ins Gesicht sehen.
    Sie schließt auf und geht an ihm vorbei ins Wohnzimmer. Den Kaffee hat er aufgewischt, ohne dass sie es gehört hat.Und dann sieht sie, dass er auch sein Kuchenstück aufgegessen hat.
    Sie sieht ihn an, als er sich hinsetzt.
    »Was ist denn in dich gefahren?«, sagt er. Und, großer Gott; er klingt irritiert !
    »Hast du mir nichts anderes zu sagen?«
    »Was denn?«
    »Du weißt genau, was ich meine!«
    »Wenn du an das da denkst … Ja, wo kommt das her?«
    Fragt er sie? Ganz ruhig? Glaubt er wirklich, dass sie so …
    »Pfui Teufel, was für ein Scheißkerl du bist. Ich hab dagelegen und Staffan bekommen. Und du … du hast dich rumgetrieben mit …«
    »Wovon sprichst du?«
    »Glaubst du, ich wär blöd?«
    »Ich versteh nicht, warum du dieses … Gummi auf den Tisch gelegt hast.«
    »Ich hab es in deinem Hemd entdeckt.«
    »Hemd?«
    »Eins, das du neulich anhattest. Und das du weggelegt hast, damit ich es wasche …«
    »Das ist wohl noch ein altes, das übrig geblieben ist! Was weiß ich? Was ist los mit dir?«
    »Kannst du es mir nicht erzählen?«
    »Erzählen?«
    »Was du gemacht hast, als ich auf der Entbindungsstation lag und deinen Sohn geboren habe …«
    »Was soll ich denn da gemacht haben?«
    »Du hattest bestimmt eine Menge Spaß! Kannst du ihn nicht mit mir teilen …«
    »Ich hab gearbeitet … Zum Teufel auch! Glaubst du, ich habe es mit einem anderen Mädchen getrieben? Oder was ist mit dir los?«
    »Erzähl mir …«
    »Was? Ich kann es nicht ändern, dass du ein altes Gummi in einem meiner Hemden entdeckt hast. Hör jetzt auf …«
    Sie sieht die Risse, sieht, wie sie aufspringen, und schlägt ihre Keile mit aller Kraft hinein. »Dass du es auch noch wagst zu lügen.«
    »Ich lüge nicht …«
    »Du lügst und du weißt, dass ich weiß, dass du lügst … Pfui Teufel …«
    Sie drängt ihn in eine Ecke, und als er da sitzt, kommt seine Antwort wie aus der Tiefe eines Brunnens. »Halt die Klappe und geh schlafen! Ich will kein Wort mehr davon hören …«
    »Nicht …«
    »Halt die Klappe, sag ich!«
    »Wie sah sie aus?«
    »Da gibt es keine … Zur Hölle auch!«
    Die Bedrängnis ist vollkommen, der Rauch jagt ihn aus seinem Loch, und mit einem wütenden Sprung ist er über ihr und schlägt sie. Sie schreit auf.
    »Ich hab dir gesagt, dass du die Klappe halten sollst! Ich weiß nicht, wovon du quatschst. Jetzt hast du mich so gereizt, dass ich … Höllenweib!«
    Sie hat ihn gereizt?
    Höllenweib?
    Sie starrt ihn an, und im selben Moment wacht Staffan auf. Sie erhebt sich, und als sie ins Schlafzimmer geht, hat sie das Gefühl, dass sie da drinnen im Dunkel sein wird, zusammen mit ihrem Sohn, solange sie lebt.
    Als der Junge wieder eingeschlafen ist, sitzt Jacob draußen auf dem Sofa und weint und ruft nach ihr. Sie hält sich die Ohren zu und lässt ihn sitzen … Er hat sie geschlagen – als wäre es ihr Fehler, dass er … Herrgott … Plötzlich sitzt er neben ihr und hat sie so fest an sich gedrückt, dass ihre Brustschmerzt. Er schluchzt und bittet um Verzeihung. Nichts erzählt er, und würde sie ihn nochmal fragen, könnten aus den Tränen sehr schnell neue Ohrfeigen werden.
    Als er meint, genügend gesagt zu haben, ohne eigentlich überhaupt etwas gesagt zu haben, schaut er zu ihr auf. »Verzeihst du mir?«
    Ist das eine Drohung oder eine Aufforderung? Sie antwortet nicht. Hat er eigentlich gesagt, was sie ihm verzeihen soll? Nein! Seine Antwort war ein Schlag mitten ins Gesicht. Und dann soll sie ihm verzeihen …
    »Ich muss Ordnung machen für morgen«, sagt sie ausweichend und steht auf. Aber er zieht sie wieder neben sich, so fest, dass sie von Neuem Angst bekommt. »Verzeihst du mir …«
    Tut sie das nicht, schlägt er sie wieder. Das habe ich heute Abend gelernt, denkt sie. Aber wenn sie nicht aufräumt für morgen, so ist es das kleine Wesen da im Bett, das darunter leiden muss. Sie muss daran denken, dass sie von jetzt an immer an zweiter Stelle kommt.
    »Ja«, murmelt sie. »Lass mich jetzt in Ruhe …«
    Als sie wieder aufsteht, macht er keinen neuen Versuch, sie zu hindern. Sie bewegt sich leise, weil sie fürchtet, dass das kleinste Geräusch seine Wut von Neuem wachrufen könnte.
    Sie räumt die Windeln weg und denkt, dass er sich sicher schon erleichtert fühlt, sicher schon angefangen hat, alles zu vergessen. Seine Frau, die in wenigen Wochen neunzehn Jahre alt wird, hat ja jetzt dazugelernt

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