Daisy Sisters
sie es laut für sich selbst. Aber ich werde ihm direkt ins Gesicht sehen. Ich werde ihn ansehen und den Blick nicht abwenden.
Den Blick abwenden. Das klingt wie ein Stichwort aus irgendeiner Illustrierten. Aber, verdammt noch mal, und wenn es so ist! Sie geht rastlos auf und ab. Angst und Wut streiten in ihr, ein Durcheinander von wirren Argumenten. Sie denkt, dass sie, wenn es wirklich wahr ist, Staffan nehmen und gehen wird. Wohin auch immer. Er verdient auf keinen Fall, auch nur in der Nähe des Kindes zu sein.
Er hat alle seine Rechte verwirkt …
Sie starrt auf ein Brotmesser in der Küche, sie wird es ihm direkt in den Bauch stoßen, genau dorthin, wo sie selbst das Kind trug, während er …
Sie wirft das einsame Gummi in die Abfalltüte. Aber wenige Minuten später nimmt sie es wieder heraus und legt es zurück auf den Wohnzimmertisch.
Als er nach Hause kommt, ist er in einer Konditorei gewesen und hat ein paar Gebäckstücke eingekauft. Die du so gerne magst . Sie ist äußerlich ganz ruhig, vollkommen kühl. Sie sieht ihn da stehen und Staffan anschauen, hört ihn sagen, dass er seinem Großvater gleiche (am Tag zuvor glich er nur Eivor …). Sie bereitet das Abendbrot, und als sie essen, fragt er, wie der Tag war, und sie sagt, es sei alles gut gelaufen. Der Ausschlag am Kopf ist weg, die Salbe, die sie von der Entbindungsstation mitbekommen hat, scheint zu helfen … Ob er schreit? Natürlich schreit er! Alle Kinder schreien! Aber jetzt hat sie keine Angst mehr deswegen. Langsam hat sie angefangen, seine Schreie zu deuten. Dass Linnea in der ersten Woche bei ihr war und ihr geholfen hat, dass sie sie jederzeit anrufen kann, das gibt ihr Sicherheit. Wenn Linnea nicht gewesen wäre …
Sie wickelt Staffan und stillt, Jacob spült, steht neben ihr und sieht zu, wie sie den Jungen hochnimmt, trägt und hält. Bis heute hat sie es gemocht, wenn er den Jungen gehalten hat, aber als er jetzt seine Hände ausstreckt, dreht sie ihm den Rücken zu und sagt, das mache sie wohl besser selbst. Ein neugeborenes Kind zu haben ist ein Geschenk des Himmels und die Hölle auf Erden … Geh jetzt raus, damit er schlafen kann …
Staffan liegt auf dem Bauch, zufrieden und duftend, und sie hasst das Päckchen drüben auf dem Tisch. Als sie Jacob mit den Tassen klappern hört, geht sie ins Wohnzimmer und setzt sich auf ihren Platz. Eigentlich hat sie keine Zeit, Windeln und Handtücher liegen in der ganzen Wohnung verstreut. Die Abende sind die Zeit, in der sie dazu kommt, den nächsten Tag vorzubereiten. Aber jetzt setzt sie sich erst mal. Er stellt die Kaffeekanne weg und fragt, was es heute im Fernsehen gibt. (Wann sollte sie Zeit gehabt haben, eine Zeitung zu lesen? Welche Zeitung? Sollte sie ins Treppenhaus gehen und die Borås Tidning von den Nachbarn klauen? Herrgott …)
Er erinnert sich an die Gebäckstücke und geht wieder in die Küche hinaus. Als er ins Wohnzimmer zurückkommt, hat er sie auf eine hübsche Platte gelegt, ein Hochzeitsgeschenk. Auf dem Weg zum Sofa schaltet er den Fernseher an, besinnt sich aber und schaltet ihn wieder aus. »Da ist nur das Kinderprogramm«, sagt er. »Schade, dass es nicht Sigges Zirkus gibt. Die Sendung gefällt mir. Aber ich habe in der Zeitung gesehen, dass es da nur um jemand geht, der zeigt, wie man solche … ja … solche Handpuppen macht.«
Er hat also selbst in der Zeitung nachgesehen. Warum fragt er denn dann? Warum setzt er sich nicht und schaut sich das Geschenk an, das Eivor für ihn auf den Tisch gelegt hat …
Genau da entdeckt er es. Mit der Hand auf halbem Wege zur Tasse. Er schreckt zurück, erstarrt, und sie kann sehen, wie er überlegt, schnell versucht, einen Ausweg zu finden. Da, in dem Augenblick, wird sie ganz sicher, und sie knallt die Kaffeetasse auf den Tisch, sodass der Kaffee überschwappt, und rennt ins Schlafzimmer und schließt die Tür hinter sich ab. Sie setzt sich auf die Bettkante, ganz still. Draußen im Wohnzimmer ist es ruhig. Jetzt plant er die Lüge, denkt sie. Und dabei weiß er, dass es genau das ist, was sie nicht duldet! Die Wahrheit mag aussehen, wie sie will, die kann sie ertragen. Wenn er aber versucht, sich mit einer Lüge herauszuwinden … Dann geht sie. Raus, weg!
Plötzlich steht er an der Tür und drückt die Klinke runter. »Mach auf«, sagt er. »Warum hast du abgeschlossen?«
Ja, warum? Man schließt ab, wenn man Angst hat. Als sie seine Stimme hört, hat sie das Gefühl, dass sie ihn sehen will, genauso, wie sie
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