Daisy Sisters
dem Herbst- und Frühjahrshalbjahr aus der Schule gerissen hatte, aber sie konnte nicht länger mit Jacob zusammenbleiben. Und jetzt ist es bald ein Jahr her. Sie ist bestimmt zum zehnten Mal hier im Baldakinen … Aber was ist eigentlich aus dem Jahr geworden? Dem neuen Leben in Göteborg? Mit allen ehrgeizigen Vorsätzen? Eine billige Wohnung in der Altfiolgata in Frölunda, leider um den Preis eines unendlichlangen Weges quer durch die Stadt nach Torslanda, jeden Morgen und jeden Nachmittag. Sie hat bewiesen, dass sie es allein mit den Kindern schafft, sie haben ein Dach über dem Kopf, Kleider auf dem Leib und Brot auf dem Tisch. Ja, da kann ihr niemand auf die Finger klopfen. Sie trägt die Verantwortung für die Kinder, die sie geboren hat.
Aber all das andere? Sie selbst? Eivor Maria Skoglund, verheiratete Halvarsson, mit zunehmender Lust, ihren Mädchennamen wieder anzunehmen, wenn es nur nicht so ein Durcheinander wäre mit den Kindern, die Halvarsson heißen. Die ehrgeizigen Vorsätze stieren jeden Morgen mit glasigen Augen auf sie, wenn sie erwacht und den Kindern Frühstück macht und sie auf den Weg zur Schule schickt. Augen, die sie verdrießlich anschauen und sagen: Nein, nein, heute auch nicht! Aber wann denn dann, kleine Eivor? Die Zeit, weißt du, Eivor. Die Zeit hat eine sagenhafte Eile. Die kannst du nicht mit Stille irreführen und von Neuem beginnen, wenn es dir gefällt … Das geht absolut nicht, kleine Eivor. Aber was soll man machen? Zwei Kinder, eins elf, eins zehn, Ganztagsjob, sowohl draußen als auch zu Hause. Es gibt Grenzen dafür, was man leisten kann … Jeden neuen Abend so müde, dass ihr fast schlecht ist, wenn alle Arbeit geschafft ist und die Kinder schlafen. Wenn sie nur schon etwas größer wären, aufschießende Teenager, dann würde es leichter gehen. Dann wird es leichter gehen. Und es ist ja jetzt nicht mehr lange hin …
In dem Moment wird sie zum Tanzen aufgefordert. Baldakinen ist eine Oase, die Kinder sind in Borås bei ihrem Papa bis Sonntagabend, wenn sie sie unten am Bahnhof abholen wird. Sie haben es gut, Jacobs neue Frau ist nett zu ihnen. Zwei freie Tage, zwei Tage für sich selbst. Morgen wird sie ins Zentrum fahren, herumschlendern, wenn das Wetter nicht allzu schlecht wird. Denken, planen … Nichts ist jemalszu spät. Jung zu sein war verteufelt schwer, dreißig zu sein ist nicht leichter. Sie tanzt mit einem Mann, der behauptet, Beleuchtungschef beim Stora Theater zu sein, aber wahrscheinlich lügt er. Und warum muss er sein Haar von einem Ohr zum anderen kämmen, um die Glatze zu verdecken?
Sie muss an Bogdan denken. Tellerwäscher in Torslanda, der fröhliche Bursche mit seinem unverständlichen Schwedisch. Sie muss beinahe lachen, und der angebliche Beleuchtungschef glaubt, dass es an seinen tänzerischen Fähigkeiten liegt, und drückt sie fester an sich … Bogdan, der eines Abends im Treppenhaus der Altfiolgata stand und eine Einkaufstasche mit Essen, Kochbuch und Rotwein dabeihatte. Der mit Staffan und Linda spielte, als ob er nie etwas anderes gemacht hätte. Der dann und wann kam und schließlich auch über Nacht blieb und davon erwachte, dass Staffan und Linda am Bett standen und ihn mit fragenden Augen ansahen, früh am Samstagmorgen. Der lachte und es als die natürlichste Sache der Welt ansah. »Ich weiß doch, dass du zwei Kinder hast«, sagte er gern … Nach sechs Wochen warf er dem Vorsteher der Cafeteria, Enoksson, der Angestellte und Gäste, mit Ausnahme der Piloten, wie Blöde behandelte, den Spüllappen ins Gesicht … Und weg war er, eine Ansichtskarte kam von irgendwo in Småland, eine Fabrik, die Türleisten herstellte, und dann setzte das große Schweigen ein, das entsteht, wenn ein Mensch in ein anderes Leben verschwindet … War sie in ihn verliebt? Das hat sie nicht herausgefunden. Nach so vielen Jahren mit Jacob … Eine Gewohnheit ist nicht so einfach gegen eine andere zu tauschen, und sie ist vorsichtig. Sie fürchtet sich davor, sich wieder zu binden … Nein, das ist nicht wahr! Wovor sie sich fürchtet, das ist, dass sie sich tief im Innersten doch binden will und ihre ehrgeizigen Vorsätze über den Haufen wirft, damit sie aufhören, sie zu stören …
Michelle , und dann führt sie der skalpierte Mann zurück an ihren Tisch. Sie lächelt kurz und nickt. Es ist am einfachsten, ihm klarzumachen, dass kein weiteres Interesse besteht …
Kurt-Rolands in silberglänzenden Blusen machen eine Pause, und Kajsa sitzt wieder am
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