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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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von oben bis unten und beginnt plötzlich zu lächeln und einen Schritt auf sie zuzugehen. »Da sagen wir doch fünfzig Kronen und eine Nummer.« Seine Stimme ist leise und lüstern, aber gleichzeitig bestimmt. Und die ganze Zeit lächelt er.
    Meint er, dass … Unfreiwillig geht Elna einen Schritt zurück, das kann doch nicht möglich sein! Will er wirklich, dass sie … In dieser Situation? Herrgott, wie widerlich!
    »Das ist schnell erledigt«, sagt er mit seiner weichen Stimme. »So sind wir weniger verspannt, und dann geht alles gut. Und ich werde sehr nett zu dir sein. Es reicht, wenn du ihn in den Mund nimmst.«
    Er beginnt, seine Hose aufzuknöpfen, dann hält er inne und geht zu einem Schrank und gibt etwas in ein Glas. »Trink das hier, das beruhigt. Und mach dann den Oberkörper frei, dass ich etwas zum Anschauen habe.«
    Sie trinkt. Es erinnert sie an das, was sie in der Sommernacht in der Scheune getrunken hat.
    »Nein«, sagt sie dann. »Das mache ich nicht. Ich kann ja bezahlen, ich habe ja eine feste Arbeit, ich habe die Bescheinigung mitgebracht.«
    Plötzlich schnauzt er sie an, es zuckt in seinen Mundwinkeln. »Keine nachträgliche Bezahlung. Jetzt, jetzt! Beide Teile. Sonst kannst du gehen.«
    Er spricht Stakkato, wie ein kleines Kind, gleichzeitig macht er sich an den Knöpfen des Hosenschlitzes zu schaffen.
    Es geschieht, Elna muss sich hinknien, er steht vor ihr und keucht und presst ihren Kopf an sich. Es geht zum Glück schnell, sie würgt und weint und erbricht sich. Plötzlich ist die Frau wieder im Zimmer, ihre Hände sind freundlich, die Augen betrübt, mitfühlend. Und ängstlich.
    Dann liegt sie mit gespreizten Beinen auf dem Tisch, die Frau hat ein Handtuch über ihre Knie gelegt, damit sie nichts sehen muss. Flüsternd hat die grau gekleidete Frau gesagt, dass sie nicht schreien darf, sie soll auf das Boot beißen, und Elna tut, was man ihr sagt, und hört, dass die Frau mit ausländischem Akzent spricht. Hinter dem Handtuch klappert es. Sie schließt die Augen.
    Es tut so furchtbar weh, so unsinnig weh. Die Frau hält ihre Schultern, drückt sie auf das Wachstuch nieder. Sie beißt die Zähne auf dem Gummiboot zusammen. Jetzt geschieht es, denkt sie verzweifelt. Gleich ist es vorbei, dann ist es vorbei … Der Schmerz ist so stark, dass alle Begriffe sich auflösen und in ihrem Kopf nur ein einziger Gedanke wie einverzweifelter, gefangener Vogel flattert: Warum wird sie nicht ohnmächtig?
    Aber sie ist weit weg, als der glatzköpfige Mann plötzlich etwas sagt und die grau gekleidete Frau zusammenzuckt. Sie antwortet ihm, beugt sich über das Handtuch und bricht in einen rasenden Wortschwall aus in dieser fremden Sprache. Aber Elna registriert es kaum, der Schmerz beginnt nachzulassen und wird von einem warmen Strom im Unterleib ersetzt, als liefe warmes Badewasser über ihr Bein. Was stört es sie, dass die beiden sich in den Haaren liegen, einander anschreien. Was kümmert sie das, sie, die wieder auf dem Weg zurück ins Leben ist?
    Aber plötzlich zuckt sie zusammen und sieht an ihrem Bein hinunter, sie hebt sogar den Kopf, und was sie sieht, ist Blut und zwei verschreckte Gesichter.
    Die grau gekleidete Frau fährt fort, einen zusammengerollten Leinenlappen zwischen ihre Schenkel zu drücken und mit einem weißen Band zu umwickeln. Dann packt sie ihre Beine und drückt sie zusammen. »Kneif zusammen«, ruft sie. »Kneif zusammen, kneif zusammen!«
    Was ist passiert? Die Frau scheint mit dem glatzköpfigen Mann zu streiten, der mit hängenden Armen dasteht, eine blutige Sonde in der Hand. Er schüttelt den Kopf, und sie schreit ihn an. Aber plötzlich brüllt er zurück, und da spricht er ihre Sprache, er schlägt mit der Sonde nach ihr und ist nicht länger gelähmt. Während Elna noch halb auf dem Tisch liegt, wird sie angezogen, und er läuft sogar in den Flur und holt ihren Mantel.
    Als sie nach ihrem Portemonnaie greift, das in der Manteltasche steckt, schlägt er ihre Hand heftig weg.
    Will er nicht bezahlt werden?
    »Zum Krankenhaus«, sagt er. »Geh direkt hin. Folge der Straße hier, dann die erste Querstraße nach links. Da siehstdu das Krankenhaus. Geh dahin. Nicht zu schnell und nicht zu langsam. Kneif die Beine zusammen, atme tief. Bleib nicht stehen. Geh immer weiter. Direkt hinein. Und sag, dass du blutest. Nur das, nichts anderes.«
    Seine Stimme ist bestimmt, aber Elna hört, dass er Angst hat. Aber warum? Er fasst sie um die Schultern, hart, und sie liest Angst

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