Daisy Sisters
machten sie es ein paar Tage. Aber einmal war die Putzfrau im Zimmer des Mädchens, während es weggegangen war, um eine Zeitung zu kaufen. Zuerst hörte er ein Klopfen, das war, als sie den Eimer auf den Boden stellte, dann hörte er noch ein Klopfen, da war ihr der Aschenbecher auf den Boden gefallen, dann kam ein drittes Klopfen, da stieg sie auf einen Stuhl. Er ließ natürlich die Hosen herunter und führte ihn durch die Wand. Die Putzfrau sah ihn, sprang raus auf den Flur und schrie: ›Hilfe, daist eine räudige Ratte hier drin.‹ Oder wie zum Teufel das nun auf Dänisch heißt …«
Anders starrt ihn verblüfft an, bevor er anfängt zu lachen. Das war eins der ersten Dinge, die er lernte, als er jung war, ein naturgetreues Lachen hervorzubringen, auch dann, wenn er die Augen voller Tränen hatte.
»Das ist lustig«, sagt er.
»Ja, nicht wahr?«
Und dann fahren sie weiter in den Hochsommer.
Der Zeltplatz außerhalb von Västerås ist klein. Als sie ankommen, ist er voll mit Zelten, Fahrrädern, Autos und Kinderwagen, aber sie haben Glück und entdecken eine Ecke, wo es noch Platz gibt. Zu Mittag war Erik so großzügig, sie in Västerås in eine Milchbar einzuladen, wo es Pfannkuchen und Milch zu einem annehmbaren Preis gab. Anders versuchte Erik zu überreden, weil er bezahlen wollte, aber der weigerte sich entschieden. Anders ist eingeladen, er darf sich noch nicht mal an den Benzinkosten beteiligen. In Västerås ergreift Erik die Gelegenheit, zum Systembolaget zu gehen, und wenn die beiden Zelte aufgebaut sind, wird er einen Cognac ausgeben. Als er darauf besteht, vor dem Zelt zu sitzen, protestieren beide, Elna und Eivor, aber Erik bleibt sitzen. Und sind das da drüben nicht ein paar Italiener, die Wein trinken und die ganze Zeit ASEA, ASEA rufen? Man kann, zum Teufel noch eins, wohl einen kleinen Abendgrog draußen im Freien zu sich nehmen, wenn man Urlaub hat. »Und dich wollte ich auch dazu einladen, Elna.«
Elna verzichtet und macht stattdessen mit Eivor einen Spaziergang. Anders, der in sein enges Zelt gekrochen ist, sobald er es mit aufgestellt hat, und der ein paar ordentliche Schlucke und eine halbe Flasche Rotwein aus dem Vorrat zwischen seiner Unterwäsche zu sich genommen hat, versucht, sich auf Abstand von Erik zu halten. Es wäre ungezogen,wenn er mit einer Fahne ankäme, wenn er eingeladen wird …
Obwohl Erik schon weiß, dass er Alkoholiker ist, dass er nichts anderes tut, als Tage und Nächte durchzusaufen. Das kann ihm nicht entgangen sein. Elna und Eivor müssen es ihm doch wohl gesagt haben? Und er hat ja mit eigenen Augen gesehen, wie es in der Küche aussah, als er bei ihm war und ihn einlud, mit in die Autoferien zu kommen.
Erik hat ein Brett entdeckt, das er mit ein paar Steinen zu einer Bank macht.
»Jetzt setzen wir uns«, sagt er. »Jetzt ist Sommer. Wenn es Sommer ist, soll man stillsitzen.«
Es dauert nicht lange, da ist Erik voll. Er scheint den Alkohol nicht gewohnt zu sein, und er trinkt viel zu schnell. Anders sieht, wie er torkelt, als er aufsteht, um pinkeln zu gehen. Aber der größte Unterschied ist auf jeden Fall, dass er gesprächig wird. Als er zurückkommt vom Pinkeln, hat er vergessen, den Hosenschlitz zuzuknöpfen. Der Hemdenzipfel guckt zwischen dem Spalt heraus, aber Anders schert sich nicht darum und sagt nichts. Ist er voll, dann ist er es eben.
Anders sitzt da und schaut ihn in der Abenddämmerung an. Den Eisenbahnarbeiter Erik Sjögren. Einen netten Kerl sieht er neben sich auf dem Brett. Nett, ordentlich, meist schweigsam. So grundverschieden zu den beiden, Elna und Eivor.
Anders nimmt seinen Mut zusammen und fragt, wie es ist, Stiefvater zu sein.
»Auf und ab«, antwortet Erik ausweichend. »Hin und her, auf und ab.«
»Sie ist ein nettes Mädel.«
»Elna sollte nur nicht so verdammt viel an ihr herumnörgeln.«
»Nörgeln?«
»Wegen der Schule. Du solltest das Theater mal hören. Sie schreien und fluchen und knallen die Türen. Wenn sie nicht lernen will, soll sie mit der Schule aufhören und arbeiten. Das hab ich gemacht, das hat Elna gemacht, das ist ausgezeichnet gegangen. Was soll so Besonderes aus ihr werden? Sie ist doch, verdammt noch mal, ein Arbeiterkind, ob ihr Vater nun ein General war oder Landstreicher.«
»Hast du ihnen das gesagt?«
Erik ist erstaunt. »Ich? Nein. Es ist doch nicht mein Kind. Ich halte mich da raus.«
»Ich finde trotzdem, dass du das sagen solltest. Schon dem Mädchen zuliebe.«
»Die hab ich als
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