Daisy Sisters
Zugabe bekommen. Ich misch mich da nicht ein. Aber sollte ich jemals diesem Kerl, der ihr Vater ist, die Hände um den Hals legen, dann würde ich zudrücken. Und dann würde ich seine Brieftasche leeren. Und ihm die Taschen umdrehen.«
Jetzt ist er richtig berauscht, er schwankt auf seinem Sitz vor und zurück. Anders hört den drohenden Unterton heraus, und er späht in die Dunkelheit nach Elna und Eivor. Er wäre ruhiger, wenn sie hier wären. Erik scheint bedeutende Veränderungen durchzumachen, wenn er trinkt. Kaum hat er seine Wut über Eivors unbekannten Vater rausgelassen, da fängt er an zu singen. Viel zu laut.
»Vielleicht solltest du etwas leiser singen«, sagt Anders vorsichtig. »Die Leute schlafen, und man hört alles sehr laut durch die Zeltwände.«
Er bekommt ein höhnisches Lachen als Antwort. »Saßen da nicht gerade noch ein paar verdammte Italiener und sangen? Sangen und tranken Rotwein?«
Und dann äfft er sie nach, schrill und wütend: ASEA, ASEA …
Plötzlich stehen sie einfach da. Zwei Italiener, barfuß, in Unterhemd und Hose. Sie sind vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt. Auf jeden Fall sind sie wütend. Ein furchterregender Wortschwall kommt aus ihrem Mund, eine Mischung aus Italienisch und Schwedisch. Sie haben sich Erik zugewandt, um Anders kümmern sie sich nicht. Erik sitzt da mit seinem Glas und schaukelt, er begreift nichts. Er hebt sein Glas, lächelt und sagt »Skål«. Aber das hätte er besser nicht getan, denn einer der Italiener schlägt ihm wütend das Glas aus der Hand, und das trifft Eriks Autotür und zerbricht.
Erik sieht verwundert auf das Auto, und dann versteht er. »Was zur Hölle«, sagt er und steht auf. Es wird keine lange Schlägerei. Der Platzwart kommt angerannt, von allen Seiten kommen die Leute, die den Streit gehört haben, und alle gehen auf die Italiener los. Erik wird zur Seite gestoßen, und dann werden die zwei Italiener weggejagt, mit Flüchen und Tritten bis zu ihrem Zelt verfolgt.
Verdammte Spaghettifresser. Satansbraten …
Erik sitzt auf der Erde und tupft das Blut von der Nase. Anders hat sich natürlich vollgepinkelt. Vor Schlägen hat er sich immer schon gefürchtet, das liegt an der Ochsenpeitsche in der Kindheit …
»Was ist passiert?«, keucht Erik und drückt das Taschentuch gegen seine Nase. »Ich blute ja, zum Teufel …«
»Du hast sie wohl beleidigt.«
»Was?«
»Dadurch, dass du ASEA, ASEA gerufen hast.«
»Ist das denn eine Beleidigung?«
»Sie scheinen es so aufgefasst zu haben.«
Endlich kommen Elna und Eivor. Sie haben den Streit aus der Entfernung gehört, als sie auf einer Bank unten am Wasser gesessen haben. Während Elna sich um Erik kümmert, versucht Anders zu erklären, was geschehen ist. Und erergreift die Partei der Italiener. Aber was er sagt, überzeugt nicht, und als der Platzwart zurückkommt und unter vielen Entschuldigungen mitteilt, er habe die zwei Italiener gebeten, den Zeltplatz unverzüglich zu verlassen, wollen beide, Erik und Elna, dass die Polizei geholt wird.
»Kann man nicht einmal auf dem Zeltplatz in Frieden gelassen werden?«, fragt Elna aufgebracht. »Von so welchen da!«
»Es reicht doch wohl, dass sie gehen müssen«, versucht es Anders.
»Aus dem Land raus sollten sie.«
Erik ist jetzt richtig rasend. »Dürfen solche Teufel kommen und den Leuten aufs Maul schlagen, wenn man in Ruhe und Frieden vor seinem Zelt sitzt? Ungestraft? Nein, ich werde dieses verdammte Zelt niederreißen, sodass sie es nie wieder aufbauen können.«
Elna hält ihn zurück, und der Platzwart mahnt ihn zur Ruhe. »Wir wollen in keinen schlechten Ruf kommen.«
Und dann ist er weg.
Elna gelingt es bald, Erik zu beruhigen, und sie hilft ihm ins Zelt. Anders nimmt einen großen Schluck aus der Cognacflasche und versucht, wieder ruhig zu atmen.
Aber wo ist Eivor?
Sie hat sich auf dem Rücksitz des Autos versteckt und hält sich die Ohren zu.
Da entdeckt er sie. »Es ist jetzt vorbei«, sagt er.
»Was denn«, antwortet sie. »Was ist vorbei?«
»Alles …«
»Gar nichts ist vorbei«, antwortet sie. »Nichts. Ich will, dass man mich in Ruhe lässt.«
Sie rollt sich zusammen, und er lässt sie in Ruhe. Er krabbelt in sein Zelt, zieht sich die verschmutzte Hose aus, legt sich auf den Schlafsack und nimmt einen tiefen Schluck ausder Branntweinflasche. Ein schwaches Licht sickert durch das morsche Zelttuch, er meint, das Sirren einer Mücke zu hören.
So einer ist Erik also. Ein richtiger schwedischer
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