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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hockt in ihrer Ecke, mit der Nase an der Autoscheibe. Anders schielt zu ihr hinüber und sieht, dass sie träumt. Wovon? Von der Zukunft? Von Lasse Nyman?
    Erik kommentiert alle entgegenkommenden und überholenden Autos. »Das ist einer aus Västgötland, ein verdammter P… Du glaubst es nicht, das ist ein Ford Consul. 59 Pferde unter der Motorhaube … Kostet wohl so zehn-, elftausend. Ohne Mehrwertsteuer … Ja doch, ich seh den Motorroller. Das war vielleicht eine verfluchte Ladung, die der da hintendrauf hatte. Ich frage mich, wohin der will. Hoffentlich nicht nach Västerås … Siehst du, Elna! Im Rückspiegel! Jetzt werden wir von so einem neuen Citroën überholt. DS19. Der hat bestimmt auch so eine Federung. So eine Art Pumpe. Der ist nicht billig … Fünfzehntausend mindestens … Sitzt du gut, Elna?«
    Ja, Elna sitzt gut. Zwar kann sie die Füße kaum bewegen, denn da steht der Essenskorb mit der undichten Thermosflasche, aber es ist, weiß Gott, schön, aus Hallsberg wegzukommen. Bei Glanshammar rasten sie zum ersten Mal. Erik nimmt sich kaum Zeit, den Kaffee zu probieren, den er in einem Plastikbecher serviert bekommt. Er muss unter die Motorhaube sehen und kontrollieren, dass alles so ist, wie es zu sein hat. Die drei anderen machen es sich im Gras neben dem Parkplatz bequem, einem schmalen grünen Streifen, der zum See führt. Es ist warm. Eivor legt sich auf den Rücken und blinzelt in die Sonne. Elna sitzt da und schaut über den See, während ihre braunen Haare vom Wind zerzaust werden.Anders starrt in seinen Becher. Es dauert eine Weile, bis er versteht, dass der aus dem gleichen Material ist, aus dem er in drängenden Zeiten Unterhosen gemacht hat. Plastik.
    »Es gibt so viel Neues«, sagt Elna, die sieht, wie er da seinen Becher untersucht. »So vieles, was neu ist und von dem man glaubt, dass man es haben muss.«
    »Das ist wohl so. Aber nicht für mich. Ich bin zu alt.«
    »Er war Bauernkomiker«, sagt Eivor plötzlich, ohne die Augen zu öffnen. »Weißt du, was das ist, Mama?«
    »Das ist eine Art Künstler«, sagt sie zögernd.
    Anders merkt, wie sehr es ihn irritiert, dass Eivor ihn entlarvt hat. Es ist merkwürdig, dass er, wenn jemand unerwartetes Interesse für seine Person und Vergangenheit zeigt, gleich unwillig wird, darüber zu sprechen. Bei ein paar Pils in dem verräucherten Café ging das dagegen ausgezeichnet.
    »Da gibt es nichts drüber zu erzählen«, sagt er.
    »Wir haben uns schon ein paarmal darüber unterhalten, was du so getrieben hast«, sagt Elna. »Besonders, als du eingezogen bist. Wir haben ja gehört, dass du der Bruder von Vera bist, die vorher dort gewohnt hat. Aber mehr wussten wir nicht.«
    Eivor zuckt mit den Schultern und springt auf, sie kann nicht länger in der Sonne liegen, hat keine Geduld. »Kommst du mit runter an den See?«, sagt sie.
    Wer? Elna oder Anders? Anders schüttelt den Kopf, und Elna sagt, dass sie es nicht schafft. Eivor läuft allein den Abhang hinunter.
    In einem kurzen Augenblick erinnert sich Elna, wie ihre Freundin Vivi vor vielen Jahren auf genau die gleiche Art einen Hang hinuntersprang, irgendwo nördlich von Älvdalen. Sprang und stolperte und mitten in einem Kuhfladen landete.
    Das ist so unerhört lange her.
    Ihre Gedanken werden dadurch unterbrochen, dass Erik die Motorhaube zuschlägt und zu ihnen kommt. Er hat ölige Finger und reibt sie mit einem alten Lappen ab. »Alles in Ordnung«, berichtet er zufrieden. »Gibt es noch Kaffee?«
    »Der ist jetzt alle.«
    »Sollen wir weiterfahren?«
    »Noch nicht. Es ist so schön hier …«
    Anders fragt sich, ob Autobesitz Rastlosigkeit mit sich bringt. Erik wirkt so, als wollte er so schnell wie möglich wieder auf die Straße kommen. Er läuft hin und her, und Elna fragt, ob er vergessen habe, dass er Urlaub hat. Da setzt er sich.
    »Wo ist Eivor?«, fragt er und schaut sich um.
    »Am See. Ich glaube, ich mache es wie sie. Laufe runter und tauche die Füße ein.«
    »Geht es dir gut?«, fragt Erik, als sie allein sind. Anders nickt. Es geht ihm ausgezeichnet.
    »Ich hab mal eine Geschichte gehört«, sagt Erik plötzlich. »Da waren ein Junge und ein Mädchen, die nach Kopenhagen gefahren sind, um einen draufzumachen. Aber da sie nicht verheiratet waren, durften sie nicht zusammen in einem Zimmer schlafen. Da bohrte der Junge ein Loch in die Wand zwischen den Zimmern, und sie verabredeten, dass er ihn, wenn sie dreimal auf den Boden klopfte, durch das Loch stecken würde. Und so

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