Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
schwerer ums Herz. Wusste ich doch, dass die gemeinsame Zeit mit maman Sofie, Heinrich und den anderen, bald ihr Ende finden würde. Nur noch zwei Tage, dann mussten wir Abschied nehmen. Schnell schob ich meine düsteren Gedanken beiseite, wollte ich mich doch immer an die bisher schönste Zeit meines Lebens erinnern. Und so lauschte ich den glücklicheren Geschichten, die maman Sofie von ihrer Familie und ihrem Leben erzählte.
Heinrich hatte als kleine Überraschung ein Picknick vorbereitet. Der vergangene Tag unserer gemeinsamen Reise war ein wenig anstrengender gewesen als die sonstigen. Er hatte aus dem Wirtshaus einige Leckereien mehr mitgenommen. Er und Toby zauberten, während Alfred die Pferde mit frischem Wasser versorgte, mehrere Decken und ein paar Kissen aus einer Kiste hervor. Wir hatten zwar nicht die Zeit, stundenlang zu plaudern, dennoch genossen wir das köstlich gewürzte kalte Brathühnchen. Dazu gab es in Kräutern und Essig aromatisch eingelegte Zwiebeln und kleine Gürkchen. Und die Wirtin hatte es sich nicht nehmen lassen, uns noch ein frisches Landbrot einzupacken sowie allerlei Sorten Käse, die ich und auch maman Sofie noch nie in unserem Leben gegessen hatten. Heinrich schenkte die Becher halbvoll mit einem herben Rotwein, den er mit etwas frischem Wasser, das wir immer mitführten, verdünnte. Es schmeckte erfrischend und löschte unseren Durst besser als reines Wasser. Wir plauderten zwanglos miteinander und ließen es uns auf diesem schönen Fleckchen Erde gutgehen, als Heinrich uns anhielt, langsam das Picknick zu beenden, damit wir nicht gar so spät in Montauban ankommen würden.
Ich nahm mir noch ein Stückchen Brot sowie ein wenig Käse. Genussvoll kauend , schaute ich dem Spiel der weißen Wolken zu, ließ alle Gedanken hinter mir und sprach träumerisch wie zu mir selbst: „Wenn die Speisen in Pointe du Raz ebenso ausgezeichnet sind wie auf unserer Reise, dann hätte ich dieses Problem schon mal gelöst.“
Maman Sofie kicherte leise vor sich hin und auch Heinrich, Toby und Alfred konnten sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Für meinen guten Appetit war ich mittlerweile bekannt. Maman Sofie schaute mich an. „Beneidenswert, wirklich. Wenn ich dem Essen so zugesprochen hätte wie Du, müssten ein paar Pferdchen mehr die Kutsche ziehen.“ Unter lautem Gelächter packten wir die Reste des Picknicks ein und machten uns auf den Weg.
Die Tage waren lange hell und so schafften es unsere braven Pferde ohne große Mühen, uns noch vor Anbruch der Dunkelheit zu unserem nächsten Nachtlager zu bringen.
Wir verbrachten einen weiteren vergnüglichen Abend mit den langsam zur Neige gehenden Leckereien unserer Köchin aus dem Hause meiner Eltern. Die Wirtsleute in Montauban nannten einen gut gefüllten Weinkeller ihr eigen und so genossen wir alle zusammen zwei der besten Weine aus der Region.
Doch spürte ich auch die Blicke der anderen auf mir ruhen; wussten doch auch sie, genauso wie ich, dass unsere gemeinsame Reise bald ihr Ende finden würde. Und bald, ja viel zu bald, würden wir maman Sofie bei ihrer älteren Schwester zurücklassen. Und dann, ja dann würde die Reise nur noch zu viert weitergehen.
Einem inneren Impuls folgend, stand ich als erste vom Tisch auf, so schnell, dass die anderen mir gar nicht folgen konnten. Schnell lief ich um den Tisch herum und umarmte einen nach dem anderen, mit Heinrich beginnend, dann Alfred, Toby und zum Schluss maman Sofie. Dann verließ ich die Wirtsstube. Während ich hinausging, drehte ich mich noch einmal zu unserem Tisch um, lächelte und warf ihnen eine Kusshand zu. Ich weiß selber nicht genau, warum ich das tat. Wohl um ihnen zu zeigen, wie sehr sie mir alle ans Herz gewachsen waren, aber auch, um zu zeigen, dass ich es schon schaffen würde. Wie, das war mir allerdings selbst noch ein Rätsel.
Als ich in meinem Zimmer angekommen war, öffnete ich mein Fenster weit und atmete die frische Nachtluft tief ein und aus. Irgendwie würde ich es schaffen. Irgendwie musste ich es schaffen.
In dieser Nacht konnte ich lange nicht einschlafen. Ich ging die ganze Reise noch einmal durch und holte mir jede Kleinigkeit in Erinnerung, damit ich auch in der Zukunft nichts vergessen würde. Doch irgendwann zu später Stunde übermannte mich dann doch der Schlaf, und ich wurde erst durch ein zaghaftes Pochen einer der Mägde geweckt.
Bei unserem wieder einmal sehr kräftigen Frühstück, von dem maman Sofie in meinen Augen nur hier und
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