Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
Ich kann so lange bei ihr bleiben, wie ich möchte. Und wenn wir uns die großen und kleinen Neuigkeiten der ganzen letzten Jahrzehnte erzählt haben, kann ich Dich doch in Deinem neuen Heim besuchen kommen. Und wenn Dein Mann nichts dagegen hat, könnten wir ein paar Tage zusammen verbringen. Was hältst Du davon?“
Was ich davon hielt? Meine Gedanken schwirrten durcheinander. Warum nur war ich nicht von selber darauf gekommen? Ich würde maman Sofie wiedersehen. Es würde morgen nicht der Tag des Abschieds sein. Ich war mit einem Mal von so einer Dankbarkeit erfüllt, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Es würde weitergehen. Ich hatte ein Ziel vor Augen. Ein wunderbares Ziel. Schwungvoll nahm ich maman Sofie in die Arme und küsste sie auf die Wangen.
„Was für eine herrliche Idee. Natürlich kannst Du dort bleiben und zwar solange Du möchtest. Was sollte Jacques schon dagegen haben? Es ist ja jetzt auch mein Zuhause.“
In diesem Augenblick sah die Zukunft für mich rosig aus. Ich verschwendete keinen Gedanken mehr daran, wie die ersten Tage in meinem neuen Heim werden würden oder mein Leben überhaupt dort verlaufen würde. Ein Leben mit einem fremden Ehemann an der Seite. Das einzige Ziel, das ich nun vor Augen hatte, war, dass ich maman Sofie bald wiedersehen würde.
Wir gingen über den Hof in das Haupthaus, um dort unser Abendmahl einzunehmen. Es war ein recht milder Abend, doch waren wir nichts desto trotz sehr dankbar dafür, das s ein kleines wärmendes Feuer im Speisezimmer entfacht worden war. Die Männer erwarteten uns dort schon, und sofort erzählten wir ihnen von unserem Plan. Sie freuten sich für uns. Aber sie freuten sich wohl vor allen Dingen für mich. Ich weiß bis heute nicht, ob maman Sofie ihnen jemals etwas von mir erzählt hat oder ob sie auch ohne ihre Worte darüber Bescheid wussten, wie mein bisheriges Leben verlaufen war und wie es um mich stand. Ich wusste von den Bediensteten meiner Eltern in Saarlouis, dass alles seine Runde machte und die Bediensteten immer bestens über alles informiert waren.
Dieser wunderhübsche kleine Gasthof wurde sehr oft auch von Reisenden aufgesucht, um dort eine Mahlzeit zu sich zu nehmen und die Pferde versorgen zu lassen. So hatten wir die Auswahl zwischen drei Gerichten. Es hörte sich alles köstlich an, doch schauten wir alle zu Heinrich, der diese Gegend sehr gut kannte. Er empfahl uns die heute angebotene Fischsuppe, die gerade hier, in diesem Gasthof , einem Gedicht gleichkam. Und das war nicht übertrieben.
Schon als die Suppe in der Küche frisch zubereitet wurde, drang der aromatische Duft zu uns an den Esstisch. Danach hatte Heinrich für uns alle eine Spezialität des Hauses bestellt. In der Region ansonsten völlig unbekannt, hatten die Wirtsleute sich dieses Rezept selber zusammengestellt, wie uns die Wirtin des Hauses stolz erzählte. Es war frisch gebackenes Brot in Scheiben geschnitten. Diese wurden mit einer Art Schmalz bestrichen und darauf wurde eine Creme aus pürierten verschiedenen Pilzen mit vielen Kräutern gestrichen. Die verwendeten Gewürze wurden keinem Reisenden anvertraut; sie waren das Kernstück dieser Variation. Auf die Creme wurden dann noch gegrillte kleine Krabben gelegt und als krönender Abschluss wurde dieses wundervolle Brot mit einem ganz leichten Kuhkäse, der kaum einen Eigengeschmack hatte, belegt und kam noch einmal ganz kurz in den Backofen. Der Käse war eigentlich nur dafür gedacht, die überraschenden Köstlichkeiten auf dem Brot nicht sofort zu verraten. Dieses Brot war nicht unbedingt eine Augenweide, aber im Geschmack etwas so Wundervolles, dass ich am liebsten ein zweites verspeist hätte. Aber das war selbst für mich zu viel. Dafür ließ ich mir noch einen Obstsalat mit einem Sahne-Vanille-Häubchen bringen. Ein wahrlich königlicher Abschluss für eine wundervolle Reise mit wundervollen Menschen, die mich doch noch nicht sofort verlassen würden. Die ganze Runde am Tisch lachte über meinen Appetit, war ich doch die Einzige, die sich noch ein Dessert bestellt hatte. Nach dem guten Kaffee, den die anderen in meiner Gesellschaft und ich zu meiner Nachspeise genossen hatten, spendierte uns der Wirt, wohl aufgrund der Höhe der Rechnung, noch eine Flasche Rotwein. Dieser gute Tropfen, versehen mit einer leichten Brombeernote, mundete uns allen so gut, dass wir noch eine Flasche orderten; war es in dieser Runde dann doch unser letzter Abend. Als es Zeit wurde, um ins Bett zu gehen, wurden
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