Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
Wort. Ich hätte es gehört, wenn eine Feder den gepflasterten Boden berührt hätte. Ich sprach als erste: „Was ist? Konnte maman Sofie nicht kommen? Ist sie krank?“
Tief in meinem Inneren wusste ich, dass dies nicht der Grund war. Dann wären meine Freunde später aufgebrochen und sie hätten mir eine Nachricht zukommen lassen, damit ich mir keine Sorgen machen würde.
Immer noch sprach keiner. Schließlich ergriff der sonst so ruhige Alfred mit brüchiger Stimme das Wort. „Nein, maman Sofie ist nicht krank.“
Mir war mit einem mal furchtbar kalt, obwohl sehr angenehme warme Temperaturen herrschten. Angstschweiß kroch mir den Rücken runter. Ich wollte mich kneifen, um aus diesem Albtraum aufzuwachen. Aber es war kein Traum. Alfred sprach weiter : „Maman Sofie ist tot. Sie sind alle tot.“
Es war, als wenn man mir den Boden unter den Füßen wegziehen würde. Ich konnte kaum sprechen.
„Nein, das kann nicht wahr sein.“
Ich starrte Alfred an, dann Toby, dem lautlos die Tränen herunterliefen, dann Heinrich. Dieser nickte und sagte ganz leise: „Doch, sie sind alle tot.“
„Wie?“, hauchte ich. „Wie konnte das passieren? Sie waren doch alle völlig gesund, als wir von dort abreisten.“ Ich konnte einfach nicht fassen, was ich da hörte. Aber es kam noch schlimmer.
Das Haus war mitten in der Nacht nach unserer Abreise abgebrannt, als alle Bewohner schliefen. Niemand kam mit dem Leben davon. Alle waren im Schlaf vom Feuer überrascht worden, wenn sie nicht schon vorher erstickt waren. Nachbarn, die den Brandgeruch, der vom Wind weitergetragen worden war, wahrnahmen und nachschauten, konnten das hell lodernde Feuer von ihren weiter entfernt liegenden Häusern sehen. Viele liefen oder ritten los, um zu helfen. Doch kam jede Hilfe zu spät. Das Dach war schon eingestürzt, alles brannte lichterloh. Die Ställe und die kleinen etwas vom Haupthaus entfernt stehenden Häuser der Dienerschaft waren bereits bis auf die Grundmauern niedergebrannt.
So hatten Nachbarn von Louisa es Heinrich und den anderen erzählt. Meine Freunde konnten ihren Schmerz kaum beschreiben, als sie das niedergebrannte Haus erblickten, in dem wir so herzlich aufgenommen worden waren.
„Wie konnte alles Feuer fangen?“, fragte ich. „Das Haus von Louisa und die anderen Häuser standen doch gar nicht nah beieinander.“
Alfred ergriff das Wort : „Der nächste Nachbar von Madame Louisa sagte uns, dass man von Brandstiftung ausgeht. Gesehen hat keiner etwas. Das Feuer brach in der Nacht aus, als die meisten Leute schon in ihren Betten lagen. Und die Häuser liegen dafür auch zu weit auseinander. Es gibt keine Beweise. Nur Vermutungen. Es gibt keine Spuren.“ Seine Stimme war immer leiser geworden.
„Und es war keiner da, um den Menschen dort zu helfen“, sagte ich mehr zu mir selbst. „Nein“, sagte Heinrich leise, „sie haben alle geschlafen. Die Nachbarn haben noch versucht, die Flammen zu löschen, aber vergebens. Später dann konnten sie die verkohlten Leiber zählen. Es fehlte niemand. Niemand im Haupthaus, keiner der Mägde, Knechte und Kinder. Sie sind alle dem Feuer zum Opfer gefallen.“
„Warum nur ?“, fragte ich ganz leise. „Louisa hatte ein wunderschönes Haus, aber sie war doch nicht reich. Und sie hätte doch niemanden abgewiesen, der hungrig an ihre Tür geklopft hätte.“
Heinrich berührte mich ganz sanft an den Oberarmen . „Da habt Ihr ganz sicher recht. Aber es gibt Menschen auf dieser Welt, die sind einfach nur schlecht. Diese Menschen stehlen, morden und brandschatzen. Und das manches Mal für nur wenige Münzen.“
„Wir können es immer noch nicht begreifen“, sprach Heinrich weiter.
„Vor Ort konnten wir nichts mehr tun. Und ihre verkohlten Körper hatte man gnädigerweise schon beerdigt. So blieb uns nichts weiter zu tun, als an ihrem Grab zu beten und Blumen hinzulegen.“
Toby sprach ganz leise : „Wir wussten nicht, wie wir es Ihnen beibringen sollten, wir wussten nur, dass wir ganz schnell zu Ihnen kommen mussten.“ Er schluckte schwer, bevor er weitersprach. „Und jetzt müssen wir bald die Rückreise antreten, um maman Sofies Familie in Saarlouis zu informieren. Sie ahnen ja noch nichts.“
Ich nickte stumm. Noch hatte ich nicht wirklich begriffen, was da geschehen war und das jetzt bald, viel schneller als gedacht, meine drei Freunde mich auch verlassen würden, mich verlassen mussten.
Irgendwie bahnte sich Leben durch meinen Körper und ich sah Jean-Luc
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