Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
schreiben, wie mein Herz es mir vorgab. Ich schrieb und schrieb und schrieb. Von unserer gemeinsamen Reise. Von Heinrich, Toby und Alfred. Von den wunderschönen Abenden. Von Louisa und Antoinette. Vom Ende und dass meine Gedanken bei ihnen weilten und ich mit ihnen trauerte.
Es war schon fast sechs Uhr in der Früh, als ich meinen viele Seiten langen Brief in einen großen Umschlag steckte und diesen versiegelte. Es war mir, als wenn das schönste Kapitel meines Lebens, so kurz es auch gew esen war, mich nun verließ und mit diesem Brief auf Reisen gehen würde. Und ich würde zurückbleiben. So, wie ich es immer getan hatte. Ich würde mich in mein Schicksal fügen. So, wie ich es immer getan hatte. Ich kannte es doch nicht anders. Nun stand mir nur noch dieser Tag bevor. Noch ein Tag des Abschieds. Und so sehr ich auch versuchte, meine Gedanken in schönere Bahnen zu lenken, wusste ich doch, dass der Abschied heute von Heinrich, Toby und Alfred für immer sein würde. Ich würde sie niemals wiedersehen. Mein Herz würde sie begleiten. Und ich würde zurückbleiben, ob ich es wollte oder nicht, würde bleiben in einem Haus, in dem es den Menschen egal war, ob ich blieb oder auch nicht. Ich redete mir selbst gut zu, während ich mich in meinem Bad wusch, dass ich eine Art Freiheit genießen würde, die nur wenige Frauen meiner Gesellschaftsschicht ihr eigen nennen konnten. Keine Zwänge warteten auf mich. Keine üblen Nachreden, kein Neid, nichts. Im wahrsten Sinne des Wortes nichts.
Was bedeutet Freiheit, wenn man einsam ist?
So blieb mir nichts anderes übrig, als die Stunden bis zu dem geheimen Treffen mit meinen Freunden damit zu verbringen, ein paar leckere Speisen zubereiten zu lassen. Und ich bat die Köchin Yanice, den Männern für die Fahrt viele gute Sachen einzupacken, die sich eine längere Zeit halten würden. Ich wusste zwar, dass die drei die meisten Nächte während der Rückreise nach Saarlouis in den Gasthäusern nächtigen würden, die wir während der Hinfahrt aufgesucht hatten. Allein schon die Pferde mussten ja wieder getauscht werden. Aber trotzdem wollte ich ihnen Essen und Trinken mitgeben. Ein Andenken hatte ich ihnen ja schon gegeben und mein Herz hatten sie. Es würde sie begleiten. Für mich brauchte ich nichts mehr. Wie gerne wäre ich mit ihnen gefahren. Wohin auch immer. Nur weit weg von dieser Kälte, von dieser Einsamkeit, dieser Leere. Aber ich wusste, dass dieser Weg nicht gangbar war. Es regte sich nur einmal eine kleine zaghafte Stimme, die fragte, was denn wohl geschehen würde, wenn ich denn einfach gehen würde? Aber die Stimme war so leise, dass ich sie gar nicht wirklich wahrgenommen hatte. Es ist müßig darüber nachzudenken, was damals geschehen wäre, wenn ich der Stimme zugehört hätte. Und so verging auch dieser Tag. Zur verabredeten Zeit trafen wir vier uns noch ein letztes Mal. Von den Speisen rührten wir alle nicht viel an, wir verspürten keinen Hunger. Außer einem leichten, aber vollmundigem Weißwein, hatte ich es mir nicht nehmen lassen, eine gute Flasche Champagner aus dem Weinkeller zu stibitzen. Ja, ein paar Schleichwege kannte ich schon, hatte ich ja sonst auch nicht viel zu tun. Und für wen sollte der Champagner aufgehoben werden? Hier würden sich keine Gäste einfinden. Keine Feste, keine Geselligkeiten. Und so stießen wir vier an. Auf maman Sofie und ihre Familie hier und in Saarlouis. Auf uns. Auf eine gute Heimreise. Auf die Zukunft von Heinrich, Toby und Alfred. Und auch auf meine Zukunft. Auf meine Zukunft, die wohl gleichzeitig meine Vergangenheit und meine Gegenwart war. Meine Zukunft war, dass ich älter und älter werden und eines Tages sterben würde. Und in diesem Moment hätte ich, wenn es mir möglich gewesen wäre, mit maman Sofie getauscht. Hätte sie ihrer Familie zurückgegeben, hätte ich mich aus diesem Leben, das kein wirkliches Leben war, für immer verabschiedet.
Die Dunkelheit verdrängte schon langsam den Tag, als es Zeit wurde, dass wir uns verabschiedeten. Die Männer mussten noch ein wenig schlafen. Sie wollten schon zu ganz früher Stunde, wenn alles noch schlief, die Pferde anspannen und den Heimweg antreten. Ich würde sie kein weiteres Mal sehen.
Mir fällt es immer noch schwer, diese n Moment zu beschreiben. Wir wollten noch so viel sagen, wir wollten noch so viel miteinander unternehmen, wir wollten noch so viel Zeit miteinander verbringen.
Es war mir, als wenn man mir das nächste Stück meines
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