Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
ist. Und wie ich noch viele Jahre später erfuhr, erfolgte meine Unterbringung im Turm auf Anweisung meines Gemahls, von Jacques. Er wollte mich damit strafen, wofür auch immer. Er wollte mir damit seine Missachtung bezeugen. Aber das war mir zu diesem späteren Zeitpunkt schon längst egal, hatte ich mich doch auf den ersten Blick in „meinen Turm“ verliebt. Von diesem kleinen Boudoir aus ging erneut eine Treppe in das nächste Stockwerk. Das Entzückende für mich war, dass es sich um keine Wendeltreppe handelte, sondern diese Treppe mitten aus dem Raum heraus geradeaus nach oben führte und in einem Badezimmer endete, das ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht hätte ausmalen können. Dieses Bad ließ keine Wünsche offen. Es war alles vorhanden, was ein Frauenherz begehrte. Ich sah all die herrlichen Flakons mit Badeessenzen, die Cremetiegel, Puderquasten, Bürsten und Kämme, Spiegel mit goldenen Rahmen und wieder nur eine Fensterfront zum Meer hin. Ein Waschbecken in Form einer Muschel aus feinstem Porzellan und in der Mitte des Zimmers, eine große Badewanne, ebenfalls aus Porzellan. Und überall, wohin man auch schaute, schwere goldene Kandelaber mit fünf oder gar acht dicken Kerzen. Auch hier hingen vor den Fenstern feine weiße Spitzenvorhänge, aber die Wände, ja die Wände, waren in meinen Augen das Schönste. Mein recht ungeübtes Auge sagte mir, dass sie nur grob gekalkt waren. Aber mit ihren Rundungen und den darauf angebrachten verschiedensten Blautönen sah es für mich aus, als wenn ich mich direkt im Meer befinden würde.
Jahre später, als ich erfuhr, dass dieser Turm für mich eine Straf e darstellen sollte, lachte ich herzhaft. Jacques hätte es sich nie erträumen können, was er mir ungewollt Gutes hatte angedeihen lassen. Als ich mich ausgiebig, in den Augen von Madame Florence wohl zu ausgiebig, umgeschaut hatte, stiegen wir die Treppe wieder hinab und betraten von meinem Schlafzimmer aus die zweite von hier abzweigende Tür. Dahinter befand sich ein sehr großzügiger Ankleideraum. Er war um einiges kleiner als der von meiner Mutter in unserem Haus in Saarlouis, aber für mich groß genug. Wo keine Stangen waren, keine Kommoden, da befanden sich Spiegel. Der größte Spiegel allerdings stand in der Mitte des Zimmers und er war riesig. Der goldene Rahmen zeigte nach allen Richtungen hin schwimmende Wassernixen und auch hier waren überall an den Wänden riesige Kerzenhalter mit dicken Kerzen angebracht, um den Raum hell zu erleuchten. Ich war so verzückt und öffnete eine Schranktür nach der anderen und ich sah sie voll bestückt. War doch wirklich mein ganzes persönliches Gepäck bereits hier angekommen und ausgepackt worden! In einem separaten Schrank sah ich all die Abendroben, die meine Mutter mir hatte schneidern lassen und wieder sah ich mich in meinem neuen Heim Gäste empfangen, sah meine Zukunft. Wie gut, dass ich gerade in diesem Moment nicht einmal den Hauch einer Ahnung hatte, dass ich nie ein einziges dieser Kleider tragen würde.
Und so begann mein neues „altes“ Leben!
So bin ich bis jetzt doch ausführlicher in meinen Schilderungen geworden, als ich es geplant hatte. Was ich am Anfang nicht vorhatte zu erzählen, durfte ich Euch im Nachhinein nicht vorenthalten. Musste Euch von meinen Reisegefährten erzählen, wollte Euch die Schatten nicht verheimlichen.
Aber jetzt, an dieser Stelle, erlaube ich mir wieder ein paar größere Schritte durch meine Lebensjahre zu gehen.
Flitterwochen für Jacques und mich gab es nicht, eine Hochzeitsnacht gab es ebenso wenig. Niemals!
In meinem neuen Zuhause angekommen, verflog dort sehr schnell das Gefühl des Aufgeregtseins. Jacques sah ich so gut wie nie. Wir hatten nicht nur getrennte Schlafzimmer, wir bewohnten getrennte Türme in diesem jahrhundertealten riesigen Herrensitz. Es gab nie einen Kuss, nie eine Umarmung. Ja, glaubt mir nur, es ist wahr.
Viele, zu viele Jahre lebte ich so und nicht nur einmal in diesen ganzen Jahren habe ich Jacques gefragt, warum er mich geheiratet hat. Nie habe ich eine Antwort bekommen, aber ein Mal habe ich wissend in seine Augen gesehen. Dieser eine Blick hat mir alles gesagt. Hat mir all das gesagt, was ich wissen musste. Und Ihr wisst es auch, es muss nichts hinzugefügt werden.
Den Rest über seine Liebschaften und Affären, über die Geburt seiner vielen im Verborgenen lebenden Kinder erfuhr ich durch das Belauschen des Personals. Die Liebe zwischen Mann und Frau
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