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Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Titel: Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samarkand
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Herzens herausreißen würde. Erst der Tod von maman Sofie und jetzt der Abschied von meinen Freunden. Mir saß ein Kloß im Hals, der es mir unmöglich machte zu sprechen. Ich hatte das Gefühl, als wenn vor lauter Trauer und der Angst vor dem Alleinsein mein Körper jeden Moment platzen müsste. Ich drückte einen nach dem anderen ganz fest und jeder von ihnen hielt mich ganz fest in seinen Armen. Dann nahm ich den Korb und lief davon. Und endlich löste sich der Kloß und die Tränen rannen mir die Wangen herunter. Ich konnte kaum noch etwas sehen, strauchelte, fing mich aber im letzten Moment und lief weiter, bis ich die Hausmauer erreichte. Dort hielt ich an und drückte mich in die Dunkelheit und weinte. Ich fiel auf die Knie und weinte und weinte. Die Zeit verrann, mein Zeitgefühl hatte mich verlassen, weil es jetzt schon ganz dunkel war. So sollte, so durfte mich keiner sehen. Wir vier waren vorsichtig gewesen und beobachtet hatte uns wohl niemand, aber bestimmt waren meine Aufträge in der Küche auffällig genug gewesen. Darüber war bestimmt genug getuschelt worden. Aber für diese Überlegungen war es jetzt zu spät. Ich konnte nur hoffen, dass meinen drei Freunden nichts nachgesagt wurde. Aber in diesem Aufzug sollte mich im Haus keiner sehen. So benutzte ich nicht den Haupteingang, sondern nahm die kleine Pforte, die der Gärtner benutzte. Und wieder einmal schaffte ich es, völlig ungesehen in meine Gemächer zu gelangen. Als Maiwenn zu späterer Stunde mein Schlafzimmer betrat, lag ich schon im Bett und stellte mich schlafend. Ich weiß nicht, was sie gedacht hat, ob sie überhaupt etwas gedacht hat.
    Ich konnte nicht einschlafen und so lag ich wach in meinem Bett, das Fenster weit geöffnet. Das Rauschen des Meeres begleitete mich durch die Nacht und ließ mir den Raum, sofort Geräusche wahrzunehmen, die nicht dem Meer entsprangen. Ich hörte das entfernte Wiehern von Pferden. Ich schlug die Bettdecke zurück und rannte zum Fenster. Eine Peitsche knallte durch die Luft, ich hörte die Stimme von Heinrich, die wohl den Pferden etwas zurief. Genau konnte ich es nicht verstehen. Das Schnauben der Pferde kam näher und da, da waren sie. Noch einmal konnte ich sie sehen. Sie hielten nicht an. Das wäre viel zu auffällig gewesen. Aber sie fuhren mit der Kutsche am Haupteingang vorbei und sahen zu meinen Fenstern hoch. Noch einmal winkten wir uns zu, noch einmal flogen unsere Herzen einander zu. Miteinander verbunden in Ewigkeit, auch wenn wir uns nie wiedersehen würden. Mir liefen erneut die Tränen herunter, aber ich wischte sie nicht weg. Durch diese Geste kehrte ein kleines Stückchen Kraft in meinen Körper zurück. Ich würde es schaffen, ich würde dieses so ungewöhnliche Leben irgendwie meistern. Meine Einsamkeit würde groß sein, aber zu wissen, dass es irgendwo da draußen Menschen gab, die mir ab und an einen liebevollen Gedanken schicken würden, tat meinem Herzen gut.
     
    Die Kutsche war schon längst meinen Blicken entschwunden, die Geräusche der Pferde waren verklungen, aber ich stand noch immer am geöffneten Fenster und winkte und schickte meinen Freunden meine Liebe hinterher, auf dass sie gesund in Saarlouis ankommen würden, die Familie von maman Sofie aufsuchten und ihr auch meinen Brief überbringen und dann ihr Leben leben würden. Ein glückliches Leben in Liebe, Harmonie und Freundschaft.
    Und mein Leben ging weiter . Irgendwie geht es ja immer weiter, nicht wahr?
     
    Nur wollte ich Euch diesen Teil der Geschichte nicht vorenthalten …
     
    Vierzehn Jahre lebte ich mittlerweile auf meinem Fleckchen Erde in Frankreich und ob Ihr es glaubt oder nicht, in diesen Jahren habe ich nie die Insel der Feen und Toten besucht, nur aus der Ferne habe ich sie bewundert. In der ganzen Zeit, die ich hier lebte, hatte ich nicht ein einziges Mal das Verlangen, das herrschaftliche Haus, in dem ich meinen Turm bewohnte, zu erkunden. Für mich war es so in Ordnung. Die Räume von Jacques kannte ich nicht, sie interessierten mich auch nicht. Ich war in einer gewissen Art von Lethargie gefangen. Den großen Räumen, in denen früher große Gesellschaften stattgefunden hatten, hatte ich ein einziges Mal einen Besuch abgestattet. In diesen Räumen fühlte ich mich unwohl, obwohl wir etwas gemeinsam hatten, nämlich unsere Einsamkeit. Mir war eine Nebentreppe in den Weinkeller bekannt, die den Spinnweben nach zu urteilen, seit Jahren kein Mensch mehr benutzte und ich wusste, zu welchen Zeiten man

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