Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
nährte, konnte ich nicht sehen. Eigentlich ist die Wahrheit, dass es dort auch nichts zu sehen gab. Die Flamme entstieg direkt dem steinernen Trog.
Bis hierhin war ich nun gegangen und ich spürte instinktiv, dass ich weitergehen musste. Nur noch ein paar wenige Schritte rechts am Trog vorbei, dann fünf nicht sehr hohe, aber sauber herausgehauene Stufen hinauf und noch einmal ungefähr dreißig Schritte um eine sehr leicht nach rechts weisende Biegung und ich konnte die Höhle überblicken.
Sie war so wunderschön. Ich war überwältigt von dem Anblick, dass mir erst nach und nach auffiel, dass die Wände dieser Höhle völlig glatt und übersät mit Zeichnungen und Zeichen waren. Die Zeichen konnte ich nicht deuten, aber die Zeichnungen zeigten immer wieder einen Stier in verschiedenen Positionen. Es waren Tiefreliefs, völlig ohne Farbe, aber wunderschön gemeißelt und so klar in der Führung. Ich befand mich in einer recht großen runden und sehr hohen Höhle. Erst jetzt sah ich, dass der ganze äußere Kreis der Höhle mit steinernen Trögen bestückt war, genauso wie der Trog vorhin, nur kleiner. Man konnte diesen Kreis entlanggehen und dabei sah ich, dass die Flammen auch hier direkt den Trögen entsprangen. Als ich den Kreis entlangging, konnte ich außer dem Weg, den ich gekommen war, keinen anderen ausmachen. Als ich wieder an meinem Ausgangspunkt angekommen war, schaute ich mir die Mitte des Kreises etwas genauer an. Der Platz in der Mitte war ebenfalls rund und der Boden völlig glatt. Die Wände von diesem Platz gingen kelchartig nach oben und es war auf diesem Weg nicht möglich , von unten nach oben oder umgekehrt zu kommen. Aber genau gegenüber war eine Treppe, die auf den unteren Platz führte. Bei meinem ersten Erkundungsgang hatte ich sie gar nicht gesehen, so fasziniert war ich von den Wandreliefs. So umrundete ich den Kreis noch einmal zur Hälfte und stieg die Treppe hinab. Ich ging zur Mitte des Platzes, drehte mich im Kreis und ließ die auf mich einströmenden Eindrücke wirken. Es war so wunderschön und so still hier drinnen. Ich sah mich weiter um und fragte mich, wer das hier erschaffen hatte. Fragte mich, welche Bedeutung dieser Platz hatte. Nichts ließ darauf schließen, dass hier regelmäßig jemand herkam oder gar eine Versammlung stattfinden würde. Wenn jemand die Stufen zur Plattform hinabgestiegen wäre oder gar ein Boot an der Plattform angelegt hätte, hätte ich es doch sicher irgendwann in all den Jahren von meinem Turm aus bemerkt. Noch immer konnte ich keinen weiteren Zugang zu dieser Höhle ausmachen. Als ich mich weiter umschaute, merkte ich, wie sich das Licht in der Höhle veränderte. Ich schaute von meinem Platz aus nach oben und sah riesige Stalaktiten, die in den schönsten Farben blitzten. Vom Eingang her und auch vom Kreis aus waren die Stalaktiten nicht zu sehen gewesen. Ich konnte auch nicht sehen, woher der Lichtquell kam, der diese von der Natur geformten Pfeile beleuchtete. Auch konnte ich nicht behaupten, dass es dadurch in der Höhle heller geworden war, aber das Licht verteilte sich anders. So drehte ich mich ganz langsam um die eigene Achse und betrachtete noch einmal die Stierzeichnungen und bemerkte erst jetzt, dass nicht nur jeweils ein Stier in die glatten Felswände eingemeißelt war. Ich verließ die Mitte des Platzes und ging an dessen Rand, um mir das erste Relief oben im Kreis näher anzuschauen. Ich konnte eine Frau mit langem wallendem Haar erkennen, die auf dem Rücken des Stiers lag. Der Stier selbst sah aus, als wenn er stillstehen würde. Ein anderes Relief zeigte ebenfalls eine Frau, ebenfalls auf dem Rücken des Stiers. Diese Frau hatte schulterlange Locken und es schien, als wenn der Stier schwimmen würde. Auf der nächsten Abbildung war ein Mann zu sehen. Es folgte eine Frau, dann drei Männer. Nach und nach sah ich mir alle Reliefs im Kreis an. Es war immer der Stier abgebildet, laufend, springend, stehend, immer anders. Aber immer gleich war, dass ein Mann oder eine Frau auf dem Rücken oder seitlich auf dem Rücken des Tiers abgebildet war. Es handelte sich ganz sicher immer um eine andere Person, aber eines hatten sie auf den Reliefs gemeinsam. Sie alle waren unbekleidet.
Mit einem Mal wurde es dunkler in der Höhle und langsam kehrte ich in die Realität zurück. So viele Fragen flogen durch meinen Kopf. Wer waren die Menschen, die hier abgebildet waren? Wer oder was sorgte für das Feuer in den steinernen Trögen? Was
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