Damals im Dezember
günstig. Zumindest hätte ich das, wenn ich nur eins hätte bezahlen müssen. Ich hatte zwei nebeneinander liegende Räume gebucht, und es machte mich beklommen, dass Seans Zimmer noch immer auf meine Rechnung ging. Seine Schulden bei mir schossen in die Höhe, und ich hatte immer noch keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass er sein Kreditkartenproblem behob oder Anstalten traf, mir etwas zurückzuzahlen.
Wie üblich, hatte Sean unser Tagesprogramm vorbereitet. Wir aßen im Bristol , einem eleganten Restaurant, das seine Deko mit den Jahreszeiten ändert. Dort probierte ich zum ersten Mal weiße Trüffel – ein aromatischer Pilz, der zuweilen teurer ist als Gold. Ich kann seinen Geschmack ebenso wenig beschreiben wie den von Salz.
In den nächsten Tagen trennten Candace und ich uns von der Gruppe und besuchten all die bekannten Sehenswürdigkeiten, um derentwillen Amerikaner nach Paris kommen. Wir unternahmen eine Flussrundfahrt auf der Seine und verbrachten jeweils fast einen ganzen Tag im Louvre und im Musée d’Orsay.
An unserem ersten Freitagabend in Paris bestand Sean darauf, dass wir Les Bains Douches aufsuchten, einen beliebten Nachtclub an der Champs-Élysées und eine der heißesten Adressen von Paris. Es endete damit, dass nur wir drei Männer übrigblieben, da Candace von der Lauferei am Tage müde war und sich Lucy wieder unwohl fühlte.
»Les Bains Douches bedeutet ›die Bäder‹«, erklärte Sean während der Taxifahrt zum Club. »Er wurde an dem Ort errichtet, wo früher ein türkisches Bad stand.«
Als wir zum Eingang des Clubs gingen, sagte Sean zu mir: »Gib dem Mann einen Fünfziger.«
Ich sah ihn an. »Wofür?«
»Die Türsteher sind bekannt dafür, Leute ohne jeden Grund abzuweisen. Wenn du kein Model oder Mick Jagger bist, musst du zahlen, um mitzumischen.«
Zögernd gab ich dem Türsteher 50 Euro, aber wir mussten dennoch fast vierzig Minuten draußen warten, bevor wir hineinkamen. Aber das war noch nicht das Schlimmste. Bei weitem nicht. Wir aßen im Thai-Restaurant des Clubs, doch als uns die Kellnerin die Rechnung brachte, blieb mir fast die Luft weg. Sie hatte eine Flasche Champagner zu 750 Euro auf die Rechnung gesetzt.
Als ich die Rechnung anzweifelte, war ich sofort von drei Türstehern umringt, die mich in ein Hinterzimmer schleppten und dort zwangen, den gesamten Betrag mit meiner Debitkarte zu bezahlen. Mein Vater sagte immer: »Die Leute sind nur darauf aus, dir dein Geld abzunehmen.« Ich lernte schnell, wie recht er hatte, wobei manche Leute geschickter darin sind als andere.
Um diese Demütigung wegzuspülen, fing ich an, mit Marshall zu trinken. Ich hatte keine Ahnung, wo Sean war. Das Letzte, was ich von ihm gesehen hatte, war, dass er den Club mit zwei italienischen Frauen im Arm verließ.
Gegen zwei Uhr morgens stieß mich Marshall an. »Luke, sieh mal die da.« Er fixierte eine exotisch aussehende Französin in einem freizügigen Kleid. Sie sah zu ihm hin und setzte ein verführerisches Lächeln auf. Er erhob sich sofort. » Mon bel ange. Das, mein Freund, ist das Einzige auf der Welt, was mich dazu bringen könnte, Französisch zu lernen.«
»Und was ist mit Lucy?«, fragte ich.
»Sie kann kein Französisch«, meinte er mit herablassendem Lächeln. »Kümmer dich nicht um mich, ich werde schon irgendwie heimkommen.« Er ging durch den Raum auf die Frau zu.
Ich wünschte, ich wäre bei Candace im Hotel geblieben. Ja, allmählich wünschte ich, dass ich in Arizona geblieben wäre. Ich trank aus und ging zurück zum Hotel.
Neunzehntes Kapitel
Die Wahrheit ist geduldig. Sie kann sich das leisten, denn letztlich setzt sie sich durch.
Aus dem Tagebuch von Luke Crisp
Als ich zurück ins Four Seasons kam, schlief Lucy bei Candace in unserem Zimmer. Ich schaltete das Licht im Flur an, und Lucy rieb sich die Augen. Dann setzte sie sich auf und blickte sich um.
»Wo ist Marshall?«, fragte sie.
»Noch unterwegs«, erwiderte ich.
Sie sah mich mit einem schmerzlichen Gesichtsausdruck an. »Ist er mit einer anderen Frau zusammen?«
Obwohl ich es lieber nicht getan hätte, nickte ich. Lucy stand auf und ging in ihr eigenes Zimmer.
Candace sah mich nur an und runzelte die Stirn. »Komm her, Schatz«, sagte sie.
***
Ein paar Stunden später wurden wir durch das Geschrei wach, das aus Lucys und Marshalls Zimmer nebenan drang. Lucys Stimme wurde durch Schluchzer unterbrochen. Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor fünf Uhr morgens.
»Hast du sie je derart aufgebracht
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