Damals im Dezember
Casino. Sean wollte die Churchill-Suite buchen, die teuersten Räumlichkeiten des Hotels, doch ich erhob Einspruch. Die Junior-Suite mit Blick aufs Kasino kostete bereits über tausend Euro die Nacht – was im Vergleich zu unseren Räumen in Cannes allerdings immer noch ein Schnäppchen war.
Kaum eine Stunde, nachdem wir eingecheckt hatten, stattete mir Sean einen Besuch ab. »He, kannst du Marshall und mir fünf Tausender geben?«
»Wofür?«
»Ich spiel ein wenig Chemin de fer.«
Candace stand neben mir und musterte Sean skeptisch. Der lächelte.
»Sieh mal, es ist ein gutes Geschäft für dich«, meinte er. »Wenn ich verliere, zahl ich’s dir zurück. Wenn ich gewinne, teile ich meinen Gewinn mit dir. Ist das noch zu überbieten?« Dann fügte er hinzu: »Das Gleiche gilt für Marshall.«
»Was ist mit Lucy?«, fragte Candace.
»Sie bleibt auf dem Zimmer. Sie ist wieder krank.«
»Wir nehmen sie zum Essen mit«, sagte Candace.
»Ich bezweifle, dass sie dazu Lust hat. Sie hat die letzte halbe Stunde lang gereihert.«
»Warum bleibt Marshall nicht bei ihr?«, fragte Candace.
Sean grinste. »Du träumst wohl.«
Ich nahm mein Portemonnaie und zog ein Bündel Scheine hervor. »Ich hab viertausend«, sagte ich.
»Vier genügen. Danke, Amigo.« Er wandte sich zum Gehen, aber dann hielt er inne. »Moment, ich brauche noch ein bisschen was extra. Das Kasino hat eine Kleiderordnung, und ich habe kein Jackett dabei. Vielleicht sollte ich einfach deine Kreditkarte mitnehmen. Einen Block entfernt vom Hotel gibt es einen Armani-Laden.«
»Du mit meiner Kreditkarte«, entgegnete ich. »Ich bin vielleicht verrückt, aber bescheuert bin ich nicht.«
Er machte eine abfällige Handbewegung. »Egal. Ich bin sicher, dass sie Leihjacketts haben.«
»Hör mal«, sagte ich, »du führst doch sicher Buch über all das Geld, oder?«
Er lächelte. »Ich dachte, dass du das tun würdest.«
Ich hob die Brauen.
»Ich mache bloß Spaß. Natürlich mach ich das. Wir sind im Casino de Monte Carlo, wenn du dich uns noch anschließen willst.«
»Candace und ich bleiben heute Abend hier.«
»Bravo«, meinte er, wandte sich um und ging.
Ich schloss die Tür hinter ihm.
»Du musst aufhören, ihn mit Geld zu versorgen«, sagte Candace.
»Ich versorge ihn nicht mit Geld, ich leihe es ihm.«
»Bist du sicher?«
Ich warf ihr einen finsteren Blick zu. »Er kann es doch zurückzahlen, oder?«
»Wenn nicht, würdest du es nicht wissen.«
Damit hatte sie nicht ganz unrecht. »Wir werden es wohl noch herausfinden«, meinte ich.
Achtzehntes Kapitel
Es heißt, dass man mit jemandem reisen soll, wenn man ihn kennenlernen will. Danach wird man ihn entweder lieben oder sich von ihm trennen. Das mag stimmen.
Aus dem Tagebuch von Luke Crisp
Wir waren erst eine Woche in Monte Carlo, als Sean darauf bestand, dass wir nun unbedingt nach Paris reisen müssten. So schön Monte Carlo auch war, beugte ich mich seinen Plänen – teilweise, weil ich genug davon hatte, dass mich Sean ständig um Spielgeld anging, aber noch mehr deshalb, weil Paris mir als idealer Ort erschien, Candace einen Heiratsantrag zu machen. Candace und ich waren uns während der vergangenen Wochen sogar noch näher gekommen, und ich war mir jetzt sicherer als je zuvor, dass ich den Rest meines Lebens mit ihr verbringen wollte.
Sean schlug vor, dass wir im Four Seasons George V. abstiegen. Es liegt in einem der elegantesten Quartiers von Paris und in der Nähe des Arc de Triomphe, des Place de la Concorde und des Eiffelturms. Candace atmete tief ein, als wir die Hotellobby betraten, die so war, wie ich es mir erhofft hatte. Das Hotel war mit hellen Tapisserien, Marmorsäulen und frischen Blumen ausgestattet und roch nach Geranien.
»Luke, das ist unglaublich«, sagte sie.
»Nichts ist zu gut für mein Mädchen«, erwiderte ich.
Sie lehnte sich an mich und meinte: »Außer dir.«
Als wir unser Zimmer betraten, entfachte dies noch mehr Begeisterung bei Candace. Unser Zimmer hatte eine königsblaue Stofftapete und Kristallleuchter und war wie die Lobby mit frischen Blumen dekoriert. Pro Nacht kostete das Zimmer rund 2000 Euro. Rückblickend sehe ich die Veränderung, die ich vollzogen hatte. In meinem bisherigen Leben wäre es mir nie in den Sinn gekommen, mehr als ein paar hundert Euro pro Nacht für ein Hotelzimmer auszugeben, aber die Suiten in Cannes für 2800 Euro die Nacht hatten meine Sichtweise verzerrt. Ich empfand die Zimmerpreise tatsächlich als
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