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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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Tarnung nur deshalb aufgeflogen war, weil er an einer Kreuzung »Vorsicht, PKW« gerufen hatte.
    Kein Mensch außer Bullen bezeichnete Autos als PKWs. Die Arbeit von Wochen war umsonst gewesen.
    Das Projekt war streng geheim, er durfte Janosch nichts davon erzählen. Das war ungewohnt, und es kam ihm nicht richtig vor. Aber er hatte es versprochen. David warf die bis zum Filter aufgerauchte Zigarette aus dem Fenster, wo sie auf dem dunklen Asphalt verglühte.
    »Du bist heute so ruhig«, sagte Janosch neben ihm. Feuchte Nachtluft zog in ihr Auto. David fröstelte.
    »Bin noch nicht ganz wieder da«, sagte er. »Die Grippe war ganz schön heftig und...«
    Er verstummte, weil Janosch ihn anstieß und ihm bedeutete, still zu sein. Hastig drückte Janosch seine Zigarette im Aschenbecher aus und ließ sein Seitenfenster hochfahren. David tat es ihm gleich und holte das Fernglas von der Rückbank. Zwei Personen näherten sich den beiden geparkten Wagen, die sie im Visier hatten. David sah durch das Fernglas. Seine Hand war ruhig, als er die Linse scharf stellte. Es waren eine Frau und ein Mann. Sie gingen schnell und sahen sich nicht an. »Lydia«, sagte David mit gedämpfter Stimme.
    »Und der andere? Hervé?«
    »Glaub schon. Ja.« David ließ das Glas sinken. Schweigend beobachteten sie, wie das Paar in Hervés Wagen stieg, einem angeberisch aussehenden schwarzen G-Klasse-Mercedes mit getönten Scheiben. David hob erneut das Glas. Hervé, Spezialität Heroin, belieferte seine Kunden normalerweise in ihren Wohnungen. Geschäfte in Clubs oder Autos abzuwickeln war eigentlich nicht sein Stil. Lydia war süchtig und dealte ein wenig in ihrem Bekanntenkreis herum, hauptsächlich um ihren eigenen Konsum zu finanzieren. Interessant war also weniger sie, als der Mann, der sich Hervé nannte, ein Kosovo-Albaner mit Familien-Kontakten zur ersten Liga der albanischen Großhändler.
    »Gib mir mal«, flüsterte Janosch und David überließ ihm widerwillig das Glas. Beide waren aufgeregt. Hervé gehörte zu den Mr. Bigs, an die man äußerst selten herankam, weil sie mit jedem gut Freund waren, aber niemandem trauten außer Familienmitgliedern. Unmöglich, jemanden einzuschleusen. Die arbeiteten am liebsten nur mit Leuten, die sie von Geburt an kannten.
    »Siehst du was?«, zischelte David, unruhig hin und her rutschend.
    »Sie bläst ihm einen«, sagte Janosch mit enttäuschter Stimme.
    »Was?«
    »Ja. Ich glaub, die schieben einfach nur’ne Nummer.«
    »Arschloch.« Aber der Gedanke – Lydia zu Hervés Füßen, ihre Lippen an seinem Schwanz – erregte ihn gegen seinen Willen. Lydia war Mitte zwanzig und immer noch hübsch, trotz ihrer Abhängigkeit. Sie kam aus bestem Haus und hatte immer reichlich für Drogen ausgeben können, bis ihre Eltern den Kontakt zu ihr abbrachen und den Geldhahn zudrehten. Würde eine Frau von Lydias Klasse das mit ihm tun, was sie gerade mit Hervé tat – so, als sei überhaupt nichts dabei? Wenn dann nur gegen einen Druck, dachte David und verscheuchte diese beschämenden Gedanken.
    »Was machen sie jetzt?«, fragte er.
    »Sie sitzt jetzt wieder neben ihm. Hey! Ich glaube, sie rauchen einen Joint!«
    »Bist du sicher?«
    Janosch gab ihm das Glas, und David drückte es an seine Augen. Er sah einen glühenden Punkt, der zwischen den beiden nun als Schatten wahrnehmbaren Gestalten hin und her wanderte.
    »Hervé verkauft doch überhaupt keinen Shit«, sagte er zu Janosch.
    »Na und? Macht doch nichts, Weitergabe ist auch verboten!«
    David zögerte kurz, eine seltsame Ahnung bemächtigte sich seiner, als ob sie irgendetwas übersehen hätten (aber was sollte das schon sein, und ein Versuch lohnte sich doch immer) – dann sagte er: »Okay.« Beide öffneten ihre Türen und ließen sich auf den Asphalt gleiten. Sie robbten zwischen den parkenden Autos hindurch, bis sie sich hinter Hervés Mercedes befanden. Sie standen auf wie ein Mann, Davids Zweifel lösten sich in der kühlen Luft auf, langsam erhellte sich der Horizont, er spürte das Adrenalin in seinem Blut und hätte am liebsten laut gelacht. Hervé! Ihn zu bekommen, und das auf so leichte Art und Weise, das wäre beinahe eine Sensation. Sie verständigten sich wortlos mit den Augen, dann traten sie mit festem Schritt an das Auto heran, bewaffnet mit ihren Dienstpistolen und ihren halbmeterlangen Mag-Lites. Sie rissen synchron Fahrer- und Beifahrertür auf und leuchteten in die Gesichter der Insassen, die im starken Strahl der mächtigen

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