Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick
als die Handschriften der Paläste kontrolliert. Auch veränderte der Buchdruck die arabische Schrift. Er vereinfachte sie.
Die erste arabische Druckerei wurde 1610 im maronitischen Kloster des heiligen Antonios im Libanon eingerichtet. 1706 gründete der Syrer Abdallah Sacher die erste offizielle und kommerzielle Druckerei der arabischen Welt im Libanon. 1723 gründete er die zweite Druckerei, die ein besser lesbares und klareres Druckbild erzielte.
Die ansteigende Zahl der Schulen im 18. Jahrhundert förderte die Druckkunst. Dabei spielte der Libanon eine führende Rolle, zumal das Land durch die französische Einmischung etwas freier vom osmanischen Joch war. Hier entstanden auch die wichtigsten Universitäten: die amerikanische Universität (AUB) unter dem Einfluss der evangelischen Kirche und die Universität Sankt Joseph unter französischem Einfluss.
Doch es dauerte bis Anfang des 19. Jahrhunderts, bis so etwas wie Verlage entstanden, die auf eigenes Risiko Bücher druckten und verbreiteten.
In Ägypten begann der Buchdruck erst mit dem Einmarsch der französischen Truppen unter Führung Napoleons 1798. Doch der richtige Anfang kam fast ein Vierteljahrhundert später. 1822 gründete der große Muhammad Ali die erstearabische Druckerei in Kairo (Bulak-Viertel), deren Direktor ein Libanese namens Nikola Masabki war. Ihre Produktion belief sich auf 12 Bücher im Jahr.
Syrer und Libanesen hatten in Ägypten einen entscheidenden Einfluss auf die Gründung von Verlagen, Zeitschriften und Zeitungen.
Und heute? Die Bilder kehren sich um. In einer einzigen Bibliothek im Bagdad des 9. Jahrhunderts gab es mehr Bücher und Handschriften als im gesamten Europa. Heute druckt Spanien, um nicht den noch traurigeren Vergleich mit Deutschland zu machen, so viele Bücher im Jahr wie die arabischen Länder in den letzten 1000 Jahren. Und ein französischer oder deutscher Verlag verbraucht im Jahr mehr Papier für seine Bücher als alle arabischen Länder zusammen. Der Verbrauch von Papier dient uns als Indiz. In Europa 14 Kilo pro Person, in Arabien 0,3 Kilo.
Problem zeitgenössischer Autoren
Diktatur allein erklärt vielleicht lateinamerikanische Zustände. In Arabien werden dem Autor noch zwei weitere mächtige Schlingen um den Hals gelegt: die der Sippe und die der Fundamentalisten.
In dieser Atmosphäre schreiben die Schriftsteller. Wie aber soll ein Roman oder ein Film in Arabien Weltformat bekommen, wenn er alle Verbote von Marokko bis Oman und von Syrien bis zum Sudan berücksichtigen muss.
In keinem arabischen Roman darf ein kritisches Wort über den Islam stehen, keine Christen und Muslime, die sich beleidigen, dürfen vorkommen. Sie tun das tausendfach im Alltag, aber es darf nicht darüber geschrieben werden. Ein Jude darfgrundsätzlich nicht Recht haben. Der Diktator und seine Sippe dürfen niemals kritisiert werden, es sei denn, er herrschte in einem anderen, verfeindeten Land. Keine Frau und kein Kind darf die geltende Moral verletzen, ohne dass sie danach elend und tränenreich zugrunde gehen.
Was genehmigt wird, ist ein lauwarmer Brei, der nach nichts schmeckt.
Ich bin meinem Exil dankbar. All meine Bücher, all meine Geschichten hätte ich in meiner Heimat nicht schreiben und erzählen können. Ich wäre im Gefängnis oder in der Psychiatrie zugrunde gegangen.
Autoren im Exil leiden unter dem Verlust ihrer Kindheitsorte. Das kann bis zum Selbstmord führen. Staatsautoren der Diktatur müssen dagegen mit dem Verlust ihres Charakters leben. Und das führt bekanntlich nicht zum Suizid, sondern eher zur Skrupellosigkeit.
Und werden sie nicht beachtet, so eignen sie sich die Erklärungen ihres Brotgebers an. Auf die Frage, warum arabische Exilautoren anders als die Staatsautoren im Ausland beachtet werden, antwortete General Tlas, der langjährige syrische Verteidigungsminister und Möchtegerndichter: »All diese berühmten Exilautoren werden vom Zionismus unterstützt.«
Man könnte über diese antisemitische Lächerlichkeit lachen, wenn sie nicht von Intellektuellen übernommen würde. Und wenn die europäischen Makler der Kultur Ähnliches von sich geben, dann muss man sich die Sache näher anschauen.
Im Grunde setzt ein Exilant sein Leben aufs Spiel, wenn er beschließt zu flüchten. Das Gefühl hatte ich beim Überqueren der Grenze Syriens. Ich hatte plötzlich kein Zurück mehr, und mir gegenüber stand eine beängstigende Fremde, auf die ich überhaupt nicht vorbereitet war. Exil und Tod
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