Damenschneider
entstandene Pause nutzte Vogel dazu, sich umständlich eine Pfeife zu stopfen. Gerade als er in den Taschen seines Gilets nach den Zündern kramte, blickte er endlich auf.
»Die Idee dazu hatten wir im Chatroom …«, begann Hödl stockend.
»Und wo befindet sich dieser Chatroom?«, fragte Vogel ruhig.
»Im Internet, im ›facebook‹. Dort treffen wir uns regelmäßig. Und als wir dort wieder einmal so rumgehangen sind, kam halt einer irgendwann auf die Idee, dass wir einfach einmal was Cooles machen sollten. Er hätte von einer anderen Clique gehört, die einen Wettbewerb gemacht hat, wo es darum ging, ein Foto zu machen, das dann in die Zeitung kommt. Von Promis, Haustieren und so. Und dann hat einer gefragt, ob wir nicht auch einmal so was Ähnliches machen sollen – nur härter.«
»Wann war das?«
»So ungefähr vor zwei Wochen.«
»Und dann hatten Sie die Idee mit dem Öl?«
»Nicht direkt. Einer hat dann von der U-Bahn-Zeitung erzählt, die Leserfotos von Polizeieinsätzen und Unfällen sucht. Das ist doch viel cooler als die öden Bilder von Haustieren, hat der gemeint. Und als wir dann weitergeblödelt haben, hat einer die Idee gehabt, wer es als Erster von uns in die U-Bahn-Zeitung schafft, hat gewonnen.«
»Und wie hoch war der Gewinn?«
»Na ja, der hat halt einfach gewonnen«, antwortete Hödl etwas ratlos. »Man kriegt ja eh 100 Euro, und wenn man es auf die Titelseite schafft, sogar 1.000.«
Vogel nickte wortlos, während er seine Pfeife anrauchte. Nachdem er sie nachgestopft und ein zweites Mal entzündet hatte, fuhr er, in dicke Rauchschwaden gehüllt, mit der Befragung fort.
»Waren Sie eigentlich alleine am Unfallort?«
»Nein, ein Kumpel war bei mir, es musste schließlich ein Zeuge dabei sein. Sonst hätte ich ja einfach vor den anderen behaupten können, ich hätte das Foto gemacht, wenn es in der Zeitung erscheint.«
»Stand dieser Kumpel bei Ihnen, als der Unfall passierte?«
»Nein, er hat in seinem Auto gesessen und zugeschaut.«
»Dürften wir den Namen Ihres Freundes erfahren?«
Entschieden schüttelte Hödl den Kopf.
»Keine Chance!«
»Und was haben Sie jetzt von Ihrem Gewinn?«
Hödl antwortete nichts mehr, sondern fuhr sich verzweifelt durchs Haar. Was hätte er auch antworten sollen?
»Nachdem Sie gesehen haben, was Sie angerichtet haben mit Ihrem Öl, haben Sie die Panik bekommen und die Rettung angerufen«, mischte sich nun Walz in das Gespräch.
»Ich hab’ ja niemals gedacht, dass da ein Motorradfahrer daherkommt, um diese Jahreszeit«, antwortete Hödl mit weinerlicher Stimme. »Das Ganze war ja eigentlich für ein Auto geplant. Das wäre dann vielleicht ein Blechschaden geworden. Mehr wäre da sicher nicht passiert … Aber als der Motorradfahrer so daherkam, hab’ ich schon einen Riesenschreck gekriegt. Und als der dann durch die Luft geflogen ist, bekam ich die Krise und habe schnell die 112 angerufen.«
»Aber so panisch waren Sie nicht, dass Sie nicht vorher die Rufnummer unterdrückt haben?«
Kopfschüttelnd sah Hödl nun auf.
»Da hätt’ ich mich ja gleich mit Namen melden können.«
»Wie Sie sehen, hat Ihnen das auch nichts genützt … Ich hätte da noch eine Frage an Sie. Hat noch ein anderes Mitglied Ihrer Clique an diesem Wettbewerb teilgenommen?«
»Versucht haben sie es vielleicht, aber mein Foto wurde als Erstes veröffentlicht!«, sagte Hödl, in dessen Stimme plötzlich ein wenig Stolz mitschwang.
»Wir gratulieren«, sagte Vogel trocken, während er den Hörer zur Hand nahm und nach einem Beamten telefonierte, der den Verdächtigen abführen sollte.
»Nach dem heutigen Tag voll der Erfolge könnten wir eigentlich früher Schluss machen und getrost nach Hause gehen …«, sagte Vogel, während er sich genüsslich streckte.
»Was ist jetzt eigentlich mit dem Wohnhausbrand?«, fragte Walz, der diesen verlockenden Vorschlag scheinbar überhört hatte. »Und dem Unfall von der Mimi? Hätten wir da nicht noch nachfragen sollen?«
»Morgen ist auch noch ein Tag«, antwortete Vogel herzhaft gähnend, »lassen wir den Hödl erst einmal brutzeln. Wenn der unsere bewährte Gastfreundschaft kennen gelernt hat, wird er sicherlich gesprächiger. Außerdem glaube ich kaum, dass der was mit den anderen Bildern zu tun hat. Der hat für sein Erfolgserlebnis doch nur ein Foto gebraucht. Für einen fremdenfeindlichen Anschlag ist der auch nicht abgebrüht genug. Der würd’ sich dabei doch glatt ins Hoserl machen. Wir können unsere
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