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Damenschneider

Damenschneider

Titel: Damenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Schöttle
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Vermittlung.
    »Dann verbinden Sie mich bitte mit einem anderen Herrn, der mit der Sache vertraut ist«, sagte Vogel ungeduldig.
    »Um welche Angelegenheit handelt es sich, bitte?«, fragte die Dame.
    »Ach so, Entschuldigung. Es geht um die Akte eines serbischen Staatsbürgers, über den ich eine Information bräuchte.«
    »Einen Moment, bitte.«
    Und schon ging es los – das Endlosband mit dem obligaten Text, der spätestens nach der dritten Wiederholung die Geduld des Anrufers unterhöhlt, da die versprochene Bemühung um eine »rasche Bearbeitung« nichts mehr ist als ein Wiener Euphemismus des »Schwäbischen Grußes«, den Goethe einst seinem Götz von Berlichingen in den Mund gelegt hatte.
    Entnervt legte Vogel den Hörer beiseite und stellte den Lautsprecher an.
    »Immer noch besser als ›Für Elise‹ auf dem Synthesizer«, meinte Walz schmunzelnd, während sein Kollege die Augen verdrehte.
    Nach der zehnten Wiederholung der Mitteilung, dass man »noch ein wenig Geduld« haben sollte, knallte Vogel den Hörer auf die Gabel.
    Gerade so, als würde der Apparat gegen seine unpflegliche Behandlung aufbegehren, läutete just in jenem Moment das Telefon.
    Der Anruf kam von der Telefonüberwachung, die Vogel mitteilte, dass der Anruf, der nach Reifs Unfall die Rettung gerufen hatte, von dem Handy eines gewissen Wolfgang Hödl geführt worden war, der in der Raaber-Bahn-Gasse im 10. Wiener Gemeindebezirk gemeldet war.
    »Das kommt mir gerade recht«, meinte Vogel, »im zehnten Hieb kenn’ ich einen großartigen Chinesen in der Humboldtgasse. Danach werden wir, wohl gesättigt und dadurch bestens gelaunt, den Herrn Hödl aufsuchen – was meinst?«
    Walz verzog das Gesicht.
    »Zum Chinesen? Willst du dort einmal probieren, was dein Hund so frisst?«
    »O du mein Walz, sprich nicht so abschätzig von den Vertretern eines alten Kulturvolks. Dort gibt es Sichuan-Küche vom Feinsten, lass’ dich überraschen!«
    »Na gut, aber wenn es mir nicht schmeckt, zahlst du!«
     
    Nach dem Essen, das den beiden derart mundete, dass Walz ohne Aufhebens die gesamte Zeche übernommen hatte, fuhren sie weiter zur Raaber-Bahn-Gasse.
    »Warum ausgerechnet hier im tiefsten Favoriten eine Straße, die dazu noch eine Sackgasse ist, nach der Ostbahn benannt ist, wird wohl ewig ein Geheimnis der Stadtplaner bleiben«, murmelte Vogel, während er versuchte, seinen Dienst-Opel in eine etwas zu knapp bemessene Parklücke zu quetschen.
    Da das Haus, direkt neben einer riesigen Peep-Show gelegen, über keine Gegensprechanlage verfügte, betraten die Kriminalisten den dunklen Hausflur des ziemlich heruntergekommenen Zinshauses. Im dritten Stock schließlich wurden sie fündig und entdeckten die auf dem Meldezettel angegebene Tür.
    Nach nachdrücklichem Läuten von Vogel hörten die Kriminalisten eine unsichere weibliche Stimme, die durch die geschlossene Tür nach dem Begehren der unangekündigten Besucher fragte.
    »Grüß Gott, könnten wir bitte Herrn Wolfgang Hödl sprechen?«
    »Was wollen Sie denn von meinem Sohn?«
    »Wir würden ihn gern etwas fragen.«
    »Wer sind Sie denn überhaupt?«
    »Wenn Sie es so genau wissen wollen, wir sind von der Kriminalpolizei …«
    »Polizei?«, ihre Frage klang wie ein Schmerzensschrei. »Rudi, komm doch einmal her, da draußen steht die Polizei und will unseren Wolfi verhaften!«
    Kopfschüttelnd sah Vogel seinen Kollegen an.
    »Von Verhaften hat niemand etwas gesagt, wir wollen ihn lediglich etwas fragen.«
    Da öffnete sich die mit einer Metallkette gesicherte Tür einen Spalt breit, durch den das unrasierte Gesicht eines etwa fünfzigjährigen Mannes schaute.
    »Können Sie sich ausweisen?«, fragte er unfreundlich.
    Nachdem beide ihren Dienstausweis gezeigt hatten, schloss sich die Türe wieder, um sich kurz darauf ganz zu öffnen. Im Eingang stand ein ziemlich übergewichtiger Mann in einem nicht mehr ganz sauberen Feinrippunterhemd, die graue Jogging-Hose steckte, die von schmutzigweißen Hosenträgern gehalten wurden. Seine Füße steckten in unvermeidlichen blauen Plastiksandalen, aus denen seine Zehen weit herausragten . Sein ungekämmtes Haar wie der Geruch, der von ihm ausging, deuteten darauf hin, dass er keinen Besuch erwartete.
    »Also, was wollen Sie vom Wolfi?«, fragte er in einem Ton, der den Kriminalisten signalisierte, dass sie einen sehr guten Grund bräuchten, um einer weiteren Antwort gewürdigt zu werden.
    »Das würden wir ihm gerne selbst mitteilen«, antwortete Vogel

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