Damian
messerscharf an Rachel gerichtet.
Sie verzeiht ihm seine harten Worte, denn die Bitternis und die Verachtung in seiner Stimme gelten nicht ihr. Rachel weiß, dass er immer noch die Bilder seiner sterbenden Familie vor Augen hat und dass er sich immer noch Vorwürfe macht, dass er sie nicht vor sich selbst beschützen konnte. Diese Leylha ist das Monster, nicht er. Er ist das Opfer. Aber rechtfertigt das Erlebte, dass auch er anderen Vätern die Tochter, Männern die Frau und Kindern die Eltern nahm? Sie steht auf, um zu ihm gehen, ihn zu trösten und ihm zu zeigen, dass sie die Kraft hat, ihm entgegenzutreten, ihm zu begegnen. Sie wird nicht vor seiner grausamen Geschichte und seiner schrecklichen Vergangenheit davonlaufen. Liebe kann alle Wunden heilen. Aber kann ihre Liebe zu ihm auch diese schrecklichen Erinnerungen verblassen lassen? Kaum dass sie den ersten Schritt auf ihn zugeht, geschieht dieses unsägliche Missgeschick: sie stößt mit ihrem Fuß gegen das Tischbein und das noch halbvolle Glas Milch beginnt zu wanken und noch bevor sie danach greifen kann, fällt es mit einem lauten Klirren zu Boden.
„Entschuldige. Wie ungeschickt, es tut mir leid…“, stammelt sie verlegen. Sie beugt sich hinab, um die Scherben aufzuheben. „Ich habe nicht aufgepasst, verdammt, so etwas geschieht mir ständig“, murmelt sie verlegen, während sie versucht den Schaden zu beheben.
„Autsch!“ Zu allem Überfluss schneidet sie sich nun auch noch an einem scharfen Glassplitter. Damian riecht ihr Blut sofort und ein dunkles Grollen dringt tief aus seiner Kehle empor. Er läuft zu ihr, sieht sie am Boden knien und ihre blutende Hand halten. Rachel starrt ihn mit weit aufgerissenen Augen ängstlich an. Ihr Blut tropft von ihrer Hand, jeder Tropfen ein Kunstwerk auf der kleinen, weißen Pfütze, die die Milch auf dem Teppich hinterlassen hat. Damian beugt sich langsam zu ihr herab, wie der Jäger, der er nun einmal ist und der seine hilflose Beute nicht eine Sekunde aus den Augen lässt.
„Es tut mir leid“, flüstert Rachel und ihre Hände zittern so stark, das Tropfen für Tropfen Blut in unterschiedliche Richtungen fliegen. Wird er jetzt über sie herfallen, so wie damals bei seiner Frau? Wird er sie an sich reißen, seine spitzen Eckzähne in ihren Hals schlagen und gierig ihr Blut trinken? Panik ergreift Rachel und doch bleibt sie knien, gelähmt vor Angst. Damian starrt auf sie herab, dann kniet sich neben Rachel und schaut sie aus tiefschwarzen Augen fixierend an.
„Es ist gut, Rachel. Es ist gut!“, versichert er ihr mit heiserer Stimme. „Ich werde Dir nichts antun. Du musst mir vertrauen!“ Er nimmt ihre verletzte Hand in seine Hände und starrt für einige Sekunden auf das Blut, das immer noch langsam aus der Schnittwunde fließt. Der Drang, ihr Blut zu kosten, seine Zunge über die offene Wunde gleiten zu lassen, Rachel in sich aufzunehmen, ist kaum noch zu bändigen. Ein erbarmungsloser Kampf tobt in seinem Inneren. Er muss das Dunkle in ihm bezwingen. Er muss! Gebt mir Kraft, Ihr Götter! , fleht er innerlich, aber allein die Tatsache, das Rachel ihn gewähren lässt und nicht schreiend vor ihm davonläuft, gibt ihm die innere Stärke ihrem Blut zu widerstehen. Gemeinsam stehen sie auf. Damian hält immer noch ihre Hand. Sie stehen sich gegenüber und betrachten einander eindringlich. Die Spannung zwischen ihnen ist fast greifbar. Damian wartet ab, versucht in Rachels Gesicht zu ergründen, was sie denkt.
Rachel betrachtet ihn neugierig und angespannt zugleich. Was geht in dem Vampir Damian Cunningham genau in dieser Sekunde vor? Kann er sich kontrollieren? Befindet sie sich in ultimativer Gefahr oder kann sie ihm wirklich vertrauen? Schließlich entlässt Damian kurz ihre verletzte Hand und knöpft sich das Hemd auf, um es ihr dann provisorisch um die blutende Hand zu wickeln.
„Ich werde Mrs. Handerson rufen, damit sie Deine Hand ordentlich verbinden kann. Geh auf Dein Zimmer, Rachel. Mrs. Handerson wird gleich bei Dir sein“, fordert er sie mit rauer Stimme auf. Rachel studiert ihn genau, blickt auf seinen Mund, vergewissert sich, dass seine Eckzähne nicht hervorgetreten sind, schaut ob das Weiße in seinen Augen blutunterlaufen ist. Aber nichts dergleichen. Er hat es geschafft, er ist stärker, als das Böse in ihm. Erleichtert nickt sie ihm zu, dreht sich um und läuft schnell, jedoch ohne Panik hinaus, die Treppe hinauf auf ihr Zimmer. Noch bevor sie die Tür schließt, hört sie wie
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