Damian
reagiert, wie auf Damian. Schon am ersten Abend, als sie ihn kennenlernte und sie sich die Hand gaben. Sollte sie etwa schon damals gespürt haben, dass er anders ist? Dann die seltsamen Geräusche und Stimmen in dem Grab oder die Bilder, die sie gesehen hat, als sie in Karnak in dem kleinen Tempel waren. Das Gefühl, als sie ihr Zimmer verließ, um nach Kairo zu fliegen, dieser seltsame Alptraum und jetzt sein Gesicht, das sie sah, als sie die Truhe berührte! Und die vielen Empfindungen, die so neu und rätselhaft für sie waren.
„Oh, mein Gott!“, ist alles, was sie leise von sich gibt.
„Deine Mutter ist eine Seherin. Du hast gesagt, sie kann mit den Toten sprechen, Dinge vorhersagen, hat den sechsten Sinn. Du hast diese Gabe von ihr geerbt, Rachel. Du bist ein Teil dieses mystischen Universums.“ Damian macht eine winzige Pause, damit Rachel begreifen kann worum es geht. „Das Schicksal hat uns aus einem ganz bestimmten Grund zusammengeführt und wer weiß, was es noch mit uns vorhat“, kommentiert Damian den verängstigten Ausdruck auf Rachels Gesicht. Dann nimmt er die kleine Holzschatulle und lässt eine vollkommen fassungslose Rachel zurück.
Als Damian und Rachel vor mehr als zwei Stunden nach Hause gekommen sind, ging Damian sofort in sein Arbeitszimmer. Er hat Fragen, auf die er dringend Antworten braucht. Rachel ging wortlos auf ihr Zimmer. Seitdem hat er weder etwas von ihr gehört, noch gesehen. Ihr werden viele Dinge durch den Kopf gehen und sie wird sicherlich all die Puzzlestücke der letzten Tage zu einem Ganzen zusammenfügen. Und dann werden sich ihr Fragen stellen, viele Fragen. Die große Standuhr im Arbeitszimmer schlägt zehn Uhr. Im Haus ist es still. Damian nimmt eine Bewegung wahr und blickt hinter seinem Schreibtisch auf. Rachel steht in der Tür. Sie trägt in der einen Hand einen Teller mit einem Sandwich und in der anderen ein Glas Milch. Sie trägt den Pyjama, den Mrs. Handerson ihr gegeben hat. Es ist einer von seinen Pyjamas und er bemerkt entzückt, wie sich die Hose und das Hemd lose und viel zu weit um Rachels zierliche Figur schlingen.
„Darf ich Dir Gesellschaft leisten?“, fragt sie ihn leise, fast schüchtern. Damian nickt ihr zu. Sie kommt langsam auf ihn zu und stellt zunächst den Teller und dann das Glas auf den Tisch vor dem Sofa. Dann lässt sie sich in die Polster fallen.
„Woran arbeitest Du?“, fragt sie bemüht beiläufig und beißt herzhaft in ihr Brot. Damian beobachtet sie, sieht, wie sie kaut und sich die Lippen leckt. Ein Krümel hat sich in ihrem Mundwinkel verirrt und sie leckt ihn mit der Zunge auf. Damian schluckt, versucht sich auf ihre Frage zu konzentrieren, obwohl ganz andere Dinge in seinem Kopf herum spuken.
„Ich versuche herauszufinden, woher die Schatulle stammt und was sich in ihr befand“, antwortet er wahrheitsgemäß und sieht nun, wie sie mit einem ordentlichen Schluck Milch den Bissen Brot hinunter spült. Ihre Blicke treffen sich und Damian möchte am liebsten zu ihr laufen und ihr den winzigen Milchbart von der Oberlippe lecken, aber Rachels Zunge ist schneller. Verdammt, sie ist eine Versuchung, der er nur sehr schwer widerstehen kann.
„Ich möchte mehr wissen über Dich und die Vampire. Ich möchte versuchen Euch zu verstehen“, gesteht sie leise zwischen zwei Bissen. Damian nickt ihr schweigend zu. „Wie heißt diese Frau, die Dich zu einem Vampir gemacht hat?“, ist die erste Frage, die ihr seit Stunden auf den Lippen brennt.
„Ihr Name ist Leylha.“ Augenblicklich scheint die Temperatur in dem Zimmer um einige Grad zurückgegangen zu sein und ein Frösteln schüttelt Rachel für die Winzigkeit einer Sekunde.
„Erzähl mir mehr von ihr!“, fordert sie ihn dennoch interessiert auf und hält seinen Blick.
„Sie ist die Urmutter aller Vampire. Niemand weiß, woher sie stammt. Es gibt keine Überlieferungen, ob sie als Vampir geboren oder erschaffen wurde. Es gibt jedoch eine Legende. Du kennst die Mythen der Lilith?“
Rachel nickt zaghaft. „Sie soll die erste Frau Adams gewesen sein“, ergänzt sie.
„Sie war Adam völlig gleichberechtigt und ebenbürtig“, fährt Damian fort. „Sie verstand sich als freies Wesen und Unterwürfigkeit war ihr fremd. Ihr stolzes und selbstbewusstes Auftreten stießen nicht gerade auf die Zustimmung Gottes. Zudem weigerte sie sich, Adam zu dienen. Es kam zum Streit zwischen den beiden, in dessen Verlauf Lilith Adam verließ. Adam flehte Gott an,
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