Damian
Sie quälte mich weiter, ließ mich hungern. Ein frisch verwandelter Vampir braucht Blut. Viel Blut, um die Schmerzen zu ertragen und nicht verrückt zu werden. Aber sie genoss es mich am Boden zu sehen. Ich flehte und bettelte, doch sie war erbarmungslos. Sie labte sich an jungen Männern, trank deren Blut im Überfluss. Sie feierte wahre Orgien vor meinen Augen, Blut und Sex war alles, was sie interessierte.“
Damian hält inne. Rachel betrachtet ihn und ihre Gefühle fahren Achterbahn in ihrem Bauch. Mitleid, Abscheu und Entsetzen toben in ihr. Ihr Herz schmerzte, als er davon sprach, wie diese Teufelin ihn folterte. Und als er eben von all seinen Qualen erzählte glaubte sie, diese noch einmal selbst am eigenen Leib zu spüren. Damian steht auf, kann ihren mitleidigen Blick kaum noch ertragen. Er wendet sich dem Kamin zu, dessen dunkler Schacht kalt und leblos wirkt, so wie seine eigene Seele.
„Und dann kam der wohl schrecklichste Tag in meinem verfluchten Dasein. Ich lag wie ein verhungernder Löwe in dem Grab. Halluzinationen und Wahnvorstellungen schüttelten mich. Mein Körper bestand nur noch aus Haut und Knochen. Ich suchte mit fiebrigen Augen den dunklen Sandboden nach einem Insekt oder irgendeiner Kreatur ab, die auch nur einen winzigen Tropfen Blut in sich hatte. Und dann hörte ich sie: Nebettanis Stimme. Sie rief ängstlich meinen Namen. Und dann hörte ich das Weinen meiner Kinder und kurze Zeit später waren sie bei mir, in der Grabkammer. Leylha stand mit einem fiesen Lächeln um die Lippen triumphierend hinter ihnen. Sie hatte meine Familie zu mir gebracht, aber es war kein Akt von Nächstenliebe oder Mitleid. Sie genoss ihre Überlegenheit und betrachtete mit grenzenloser Genugtuung meine Verzweiflung. Ich sah das abgrundtief Böse in ihren Augen, das ultimativ teuflische in ihrer schwarzen Seele. Meine Kinder klammerten sich verängstigt an meine Frau. Tränen liefen über Nebettanis Gesicht und ich werde nie das Entsetzen vergessen, dass in ihrem Augen geschrieben stand.“
Damian macht eine Pause, es fällt ihm schwer, sich diese Momente seiner schlimmsten Pein wieder ins Gedächtnis zu rufen. Er tut es für Rachel, auch wenn dieser Gedanke absurd klingt. Sie muss wissen, wer er ist und wie er zu diesem Monster geworden ist.
„Leylha riss meine Kinder an sich und zwang meine Frau sich vor mich zu knien. Mein Körper fühlte sich wund an und in meinem Inneren brannte ein Feuer, so heiß und unbezähmbar wie die Höllenfeuer. Ich wusste nicht, was mit mir geschieht. Das Blut meiner Frau roch so verführerisch und alle meine Gedanken kreisten darum, dass nur ihr Blut mich heilen und diese unerträglichen Schmerzen lindern könne. Nur ihr Blut könne diesen unsagbaren Durst und diesen peinigenden Hunger stillen. Leylha packte meine Frau und hielt sie nah vor mein Gesicht. Nebettani war wie ein Kelch Wasser, der einem Verdurstenden in der Wüste gereicht wird. Die Versuchung war zu groß, das Verlangen und der Durst übermächtig. Ich war plötzlich nur noch Vampir. Das Monster in mir erwachte und mein Verstand war vollkommen ausgeschaltet. Ich war wie ein wildes, verwundetes Tier und schlug voller Verzweiflung meine Zähne in den Hals meiner Frau.“ Damians letzte Worte kommen nur noch flüsternd über seine Lippen. Rachel hat entsetzt die Hand vor den Mund gehalten, um nicht laut aufzuschreien. „ Sie tötete meine Familie und löschte somit alles aus, was mir jemals etwas bedeutete.“
Welch eine Teufelin konnte ihm nur so etwas antun? Niemand in der ganzen Welt hat so ein Unrecht verdient, denkt Rachel und sie nimmt langsam ihre zitternde Hand von ihren Lippen. Ihr Puls hämmert in ihren Schläfen. In dem Arbeitszimmer ist es kalt und die Standuhr ist inzwischen stehen geblieben. Eine eisige Mauer des Schweigens umgibt Damian und sie. Rachel weiß nicht, was sie sagen oder tun soll. Das eben gehörte hat sie zutiefst schockiert und erneut schüttelt sie fassungslos den Kopf.
„Es tut mir leid“, flüstert sie erschüttert und doch hört es sich in dieser Stille an, als würde sie die Worte hinausschreien.
Damian dreht sich zu ihr um. Sein Gesicht ist eine versteinerte Maske. Nur seine schwarzen Augen zeugen von der tiefen Trauer um seine Familie. Um seine Lippen deutet sich ein zynisches Lächeln an. Es zeigt die tiefe Verachtung, die er für seine eigene Tat empfindet.
„So bin ich zu einem Vampir geworden. Ist Deine Neugier jetzt gestillt?“, seine Worte sind kalt und
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