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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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mächtigste in ganz Italien. Wir suchen Saara, die Finnfrau, deren Reich – « Das Wort blieb ihm plötzlich im Hals stecken, als er sich erinnerte, wo er das Wort ›Reich‹ das letztemal gehört hatte. » – die sowohl über den Schnee wie über das Sonnenlicht Macht hat. Sie muß uns helfen. Denn ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte.«
    Der Abschied von Carla Denezzi wurde Damiano schwer. Es war ihm, als hätte er bis zu dem Augenblick, da er sie für immer verloren hatte, nicht gewußt, wie sehr er sie liebte. Wäre er mutiger gewesen… aber er hatte ja nicht erwartet, daß die Zeit ihres Zusammenseins begrenzt sein würde, und Gefühle reifen wie Früchte nur langsam in der Höhenluft.
    Er kaufte Paolo Denezzi, der ihn gern ziehen sah, den schwarzen Wallach ab und gab seine letzten Münzen für Proviant und Bettzeug aus, das wärmer noch war als das, das der Schrank im Haus seines Vaters für ihn bereitgehalten hatte. Ob nun wohl General Pardo seine Sachen im Schrank des Hauses Delstrego verstaute? Möglich war es, da es nahezu das komfortabelste Haus in Partestrada war und ohne Zweifel am besten zu verteidigen.
    Aber, dachte Damiano bei sich, der General ging ein ziemliches Risiko ein, wenn er wirklich in seinem Haus einzog. Ein Mann, der im Haus Delstrego herumschnüffelte, konnte leicht zu Schaden kommen, auch wenn Damiano die Feuer im Arbeitsraum vor seinem Fortgehen gelöscht hatte. Es waren immer noch die Chemikalien vorhanden und die Elemente… Damiano spann die Möglichkeiten aus. Eine Menge Probleme wären gelöst, wenn Pardo zusammen mit einer verschlossenen Retorte in die Luft flöge. Aber die Vorstellung war müßig; auf diese Entfernung konnte Damiano nichts tun, um eine Explosion herbeizuführen und außerdem wußte er ja auch nicht mit Gewißheit, ob Pardo in seinem Haus wohnte.
    Damiano ritt auf der Straße zurück, die in südlicher Richtung aus Aosta hinausführte. Er ritt ohne Sattel, weil das für ihn am einfachsten war. Guillermo Delstrego hatte nie ein Pferd gehalten; Tiere hatten ihn nicht gemocht, und er hatte die Abneigung erwidert.
    Oder vielleicht war es umgekehrt gewesen. Ganz gleich, Damiano hatte jedenfalls nicht wie die anderen Knaben aus guter Familie das Reiten gelernt. Er hatte vieles nicht wie die anderen Knaben gelernt. Dafür aber hatte er sich eine ganze Menge Dinge allein beigebracht. Und dazu gehörte das Reiten ohne Sattel.
    Und jetzt, nachdem Damianos Wahnsinn erloschen war, gab sich auch das Pferd sehr viel leidlicher. Leichtfüßig trabte es die Straße aus festgestampfter Erde hinauf, wo das Eis von der Wärme des Tages weich und dünn geworden war und von den Pferdehufen zu Matsch zermalmt wurde.
    Macchiata rannte schnuppernd und schnüffelnd bald vor dem Pferd, bald hinter ihm und behinderte es auf alle möglichen und erdenklichen Weisen in seinem geduldigen Trab. Ab und zu senkte das Pferd in der vergeblichen Hoffnung auf ein Büschel Gras den Kopf zur Erde oder schob die Schnauze in eine Felsspalte. Damiano hinderte es nicht, da er dem Tier keinen Zügel angelegt hatte und es auch nicht übers Herz brachte.
    Sie passierten die Stelle, wo Damiano das erstemal von Pardos Hauptmann angerufen worden war, und dann die Biegung der Straße, wo Damiano die Soldaten mit seinen Erinnerungen an eine niedergemetzelte Kuh vernichtet hatte. Schließlich kamen sie an dem kleinen Graben vorüber, wo zweiundfünfzig Männer unter Schnee und Ästen begraben lagen. Für Damiano war dies eine Art Kreuzweg. Er sagte nichts; und auch Macchiata schwieg, obwohl ihre Nase ein langes Gedächtnis hatte.
    Das Pferd, das wohl ein Gedächtnis hatte, aber keine Worte, rollte die Augen, und das Fell über seinem Widerrist zuckte.
    Eine Meile südlich von dieser Stelle hielt Damiano an, um einen Schluck Wein aus dem Schlauch zu seiner Linken zu nehmen, und da hörte er plötzlich raschen Hufschlag. Mit den Absätzen drängte er den Wallach an den Straßenrand und rief Macchiata zu, sie solle unter das Pferd huschen. Dann zog er seinen Stab aus dem Bündel mit dem Bettzeug und sprach die Zauberformel; es machte ihm keine Mühe, denn er war ausgeruht und hatte Übung.
    Als der Ziegenhirt mit seiner kleinen Herde vorüberkam, bemerkte er die Abdrücke beschlagener Hufe nicht, die in den unberührten Schnee am Straßenrand führten und dort unvermittelt versiegten. Die Ziegen waren aufmerksamer. Mit ihren verrückten gelben Augen, deren Pupillen rechteckig waren wie Gelddosen,

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