Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
Vom Netzwerk:
Hündin, als gäbe es nichts weiter zu sagen.
    Aber Damiano hörte nicht zu.
    »Ich glaube – vielleicht machen die Obsthändler das Besondere aus. Wie sie ihre Karren die Gassen hinunterschieben und dabei schreien, ›Rubine, Rubine, rote Rubine‹, wo doch alle Welt weiß, daß sie nur Äpfel verkaufen. Oder vielleicht liegt es auch daran, wie die Sonne im Winter auf den Bergkämmen entlangzurollen scheint, vielleicht auch an den Farben des frühen Morgens und der Abenddämmerung.
    Es kann natürlich auch sein, daß unsere Wolle das Besondere ist, weil die Schafe es sowohl im Winter als auch im Sommer kühl haben und doch genug zu fressen bekommen. Wir haben übrigens alle genug zu essen, ganz im Gegensatz zu Städten wie Florenz, wo das Brot so teuer ist, daß es ebensogut in Goldfolie eingewickelt sein könnte, und wo man, wie man mir erzählt hat, ein Haus aus Marmor haben kann und doch Brot essen muß, das zur Hälfte aus Sägemehl und Kleie besteht.
    Oder vielleicht liegt es an der Tatsache, daß wir unseren eigenen Wein keltern, obwohl der, um ganz ehrlich zu sein, Macchiata, gar nicht besonders gut ist – längst nicht so gut wie der jedenfalls, den sie aus den Trauben im Süden gewinnen.«
    Er schlug mit der flachen Hand auf den Weinschlauch.
    »Andererseits, meine Kleine, verspottet man uns Piemonter häufig, weil wir so eine Mischung aus Franzosen und Italienern sind. Aber vielleicht macht uns gerade das so beweglich und vielseitig. Niemand ist so stolz wie ein primitiver toskanischer Bauer, obwohl er außer einem von der Sonne ausgedörrten Lehmfeld nichts hat, worauf er stolz sein kann. Einer mit einem Vater aus der Lombardei und einer Mutter vom Rhein muß Humor entwickeln, wenn er überleben will.
    Aber alles in allem, denke ich, sind es die Händler.«
    »Ich bin eine Mischung«, warf Macchiata ein. »Meine Mutter ist eine Rattenfängerin, und mein Vater – ich weiß nicht genau.«
    »Richtig! Und siehst du, welch ein Glück das für dich ist? Du bist kräftig, ausdauernd und wenn auch nicht der größte Hund in Piemont, doch grimmig genug, um drei Banditen in die Flucht zu schlagen.«
    Er drückte Macchiata, bis ihr der Atem pfeifend durch die Nase kam.
    Dann wurden Damianos dunkle Augen ernst und düster.
    »Wenn ich auch weiß, daß die wahre Liebe nichts verlangt, möchte ich doch – meine Kleine, ich möchte gern, daß Partestrada mich kennt, bevor ich sterbe. Daß die Leute wissen, wie sehr mir die Stadt am Herzen lag.«
    »Wir wissen es.« Macchiata drehte sich um, ihrem Herrn die knochige Hand zu lecken. »Alle deine Freunde wissen es.«
    Damiano zuckte unwillkürlich zusammen, denn gerade in diesem Moment hatte er sich überlegt, daß er, so umgänglich er war, kaum Freunde hatte.
    Am frühen Abend erreichten sie eine Gegend hochgelegener Hügel, die eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrer Heimat hatte. Gras und wilder Mais standen ungeschützt auf feuchten Wiesen, und der stetig blasende Nordwind hatte die Maisstengel so tief gebeugt, daß sie wie Trauerweiden über dem Boden hingen. Hier wurde die Straße breiter. In der Ferne sah Damiano eine unter einem Holzbündel gekrümmte Gestalt, die durch ein Feld stapfte. Ob es Mann oder Frau oder Kind war, konnte er nicht erkennen, und er rief die Person nicht an, denn es reichte ihm zu wissen, daß es auf der Welt noch Menschen gab, die nichts mit Krieg zu tun hatten.
    »Die Straße führt nach Süden«, sagte er zu der Hündin, die steif und ungelenk vor ihm saß. »Wir haben den Schnee beinahe hinter uns gelassen.«
    Macchiata schnüffelte. »Hier sind zu viele Berge, Herr. Und sie sind zu hoch.«
    Damiano lachte. »Wir befinden uns nur an ihrem äußersten Rand, meine Kleine. Die Alpen ziehen sich weiter nach Norden, über die Berggipfel hinaus, die wir sehen konnten. Dort bauen die Leute ihre Hütten in Tälern, die höher gelegen sind als die Kämme unserer Hügel, und sie sprechen nicht nur französisch und italienisch, sondern auch deutsch. Im Westen reichen die Berge bis nach Frankreich hinein, während sie im Osten – «
    »Ich bin müde«, sagte Macchiata.
    Er drückte sie reuig an sich.
    »Entschuldige, Macchiata. Ihr habt beide eine Rast verdient, du und das Pferd. Aber ich wollte die Erinnerungen hinter mir lassen.
    Und das haben wir jetzt geschafft, denn ich habe keine Ahnung, wo wir sind. Am besten suchen wir uns jetzt ein windgeschütztes Gebüsch und schlagen ein richtiges Lager auf; unser erstes.«
    Damiano flocht

Weitere Kostenlose Bücher