Damiano
Damiano, als striche eine Aschewolke über seine Lippen und verbreite sich im Raum. »Deine Liebe zu deiner Heimatstadt ehrt dich, Damiano, aber sprechen wir konkret. Ich kann dir General Pardos Kopf auf einer Pike geben.«
Dieses Angebot hatte Damiano erwartet.
»Das hilft nichts. Pardo allein ist nicht das Problem. Es wird immer wieder ein Wolf auftauchen, der in den Pferch einbricht. Ich möchte, daß wir von Wölfen verschont bleiben. Ich möchte Frieden und Wohlstand für Piemont.«
»Vorher sagtest du nur Frieden, Damiano. Das war schlimm genug. Jetzt willst du auch noch Wohlstand.«
Damiano sah blinzelnd in das große Gesicht.
»Ich meine Frieden, aber nicht den Frieden nach Verwüstung und Seuche, wenn alle Menschen tot sind. Ich meine einen blühenden Frieden.«
»Den Kopf Pardos und den Denezzis dazu.«
Damiano schluckte aus Verlegenheit darüber, wie genau der Teufel um seine bösesten Wünsche wußte.
»Nein«, antwortete er schwach.
»…und ich werde das Kloster La Dolorosa in Bard niederbrennen, noch ehe der Monat um ist«, schloß der Teufel. »Das wird vieles ändern, mein begieriger junger Liebhaber, und du kannst mit deiner schönen Braut in dein eigenes Haus zurückkehren.«
Damianos Augen brannten, und seine Wangen waren heiß, wenn auch längst nicht so rot wie die des Teufels.
»Nein.« Seine Stimme war kaum vernehmbar. »Tu nichts, was sie irgendwie berührt.«
Das zornige Erbeben der großen Hand teilte sich Damiano mit. Seine Zähne fingen an zu klappern.
»Ich finde deine Art zu handeln ziemlich kompromißlos, kleiner Hexer«, schnarrte der Teufel und legte seine Hand auf die Tischplatte. Damiano blickte fasziniert auf die Schale, so groß wie ein Tümpel, die er mit dunklen Weintrauben gefüllt geglaubt hatte. »Du verlangst mehr von mir als seit Jahrhunderten von mir verlangt wurde«, schimpfte der rote Mund. »Was, zur Hölle, hast du als Gegengabe zu bieten?«
Damiano zwinkerte dreimal, dann war er sicher, daß die runden Dinger in der Schale frisch abgetrennte Menschenköpfe waren. Diese Erkenntnis jedoch erschreckte ihn nicht, sondern verlieh ihm den Mut der Hoffnungslosigkeit.
»Mich«, sagte er. »Mein Leben. Meine Seele. Du kannst sie gleich haben, ohne zu warten.«
Im nächsten Augenblick kollerte er über die polierte Holzplatte des Tischs, und sein Stab verfing sich zwischen seinen Beinen.
»Deine Seele? Damiano, warum versuchst du nicht gleich, mir diesen Thron oder meine eigene linke Hand zu verkaufen?« Damiano hörte das Holz knarren, als der Teufel sich über den Tisch beugte, und die Luft wurde sehr heiß. »Knabe, weißt du nicht, was es heißt, als Hexer geboren zu sein?«
Damiano lag mit geschlossenen Augen flach auf dem Rücken. Kopflose Angst wollte ihn packen.
»Ich weiß, daß kein Mensch als Verdammter geboren wird«, stieß er hervor. »Das hat Pater Antonio gesagt, und mein Herz sagt mir, daß es wahr ist.«
Der tödliche Zorn machte spöttischer Ironie Platz.
»Das, was sie verdammt sein nennen, ist nur frei sein und sich für frei zu erklären, der Gewalt und der Autorität die Faust zu zeigen. Ich bin bereit, viel zu geben, um einen Menschen zu befreien, aber du hast recht, Damiano; ich kann es nicht allein schaffen. Jeder Mensch wählt seine eigene ›Verdammung‹. Und du« – das feurige Gesicht wandte sich ab – »wähltest den schwarzen Pfad zu meiner Tür.«
Damiano wartete auf Flammen, die ihn verschlingen würden, aber nachdem ein Weilchen vergangen war, ohne daß etwas geschah, öffnete er die Augen.
Er lag unter dem Rand der irdenen Schale, die die Farbe getrockneten Blutes hatte. Einer der Köpfe, der über den Rand hing, starrte ihn an. Es waren die schlaffen Züge des Hauptmanns der Kavallerie, dem der Hammer des Schmieds den Schädel zertrümmert hatte. Und das gefleckte Ding hinter ihm – war das der Kopf einer Kuh? Damiano schloß die Augen wieder. Er wurde gewahr, daß der Teufel sprach.
»Du bist ein Narr, und du hast meine Zeit vergeudet, Knabe. Aber da du ein Hexer und ein Freigeist bist, deshalb einen gewissen Anspruch auf mich hast, will ich großzügig sein. Ich schlage dir einen Pakt vor, der deinen Bedürfnissen in etwa entspricht.
Ich werde für Frieden in Partestrada sorgen. Nicht in ganz Piemont, wohlgemerkt, und nicht über einhundert Jahre, sondern für die Lebensdauer der gegenwärtigen Bewohner der Stadt. Du wirst der Bürgermeister – aus dem einfachen Grund, weil du der einzige bist, der deine
Weitere Kostenlose Bücher