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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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der Euch für Freunde hielt.«
    Beim Klang von Damianos Stimme, fuhr der Flachskopf hoch, und sein blaurotes Gesicht wurde kreidebleich vor Furcht.
    »Nein! Ihr seid tot! Donner und Doria! Tut mir nichts – ich war’s nicht. Ich habe Euch nicht getötet. Es war dieser verdammte Franzmann, und mit dem bin ich erst in Chamonix zusammengetroffen…« Der Flachskopf begann zu schluchzen.
    Damiano trat von einem Fuß auf den anderen.
    »Ich weiß«, begann er schwach, aber seine Worte verhallten ungehört. Er setzte noch einmal an, lauter diesmal.
    »Ich weiß, daß Ihr mich nicht getötet habt – ich meine, versucht habt, mich zu töten. Ich bin nämlich nicht tot, versteht Ihr?« fügte er hinzu. »Gespenster sehen im allgemeinen anders aus. Aber Euch hab’ ich das nicht zu verdanken.«
    Karls Gesicht zeigte erst Verständnislosigkeit, dann Mißtrauen.
    »Nicht tot? Warum verfolgt Ihr mich dann?«
    Damiano prustete angewidert. »Ich verfolge Euch nicht. Das Pferd, das Ihr stehlen wolltet, gehört mir.«
    Ächzend ließ Jan Karl sich wieder zur Erde fallen.
    »Donner und – Der Teufel soll mich holen. Los, macht schon, bestraft mich.«
    Als Damiano die magere Vogelscheuchengestalt dort so ängstlich und reumütig liegen sah, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Doch er wandte seine Aufmerksamkeit Festelligambe zu, der durch seine Treue diese Situation heraufbeschworen hatte.
    »Du bist ein braver Bursche, Festelligambe«, flüsterte er. »Aber jetzt brauchst du nicht mehr stillzustehen. Lauf, vertritt dir ein bißchen die Beine, und dann essen wir.«
    Der Wallach tat einen steifbeinigen Sprung, als wären die Fesseln, die ihn gebunden hatten, plötzlich zerrissen. Er gab Damiano einen spielerischen Puff, dann sauste er wie der Wind über das Feld, daß die Erde unter seinen Hufen nur so aufstob.
    »He! Paß auf, daß du dir nicht ein Bein brichst«, rief Damiano ihm nach, um sich dann wieder seinem Gefangenen zuzuwenden. Er hatte erwartet, ja, gehofft, dieser wäre geflohen, aber er lag immer noch da, ängstlich zitternd auf der kalten Erde.
    Macchiata lag neben ihm und wedelte zufrieden mit dem Schwanz.
    »W-was werdet Ihr mit mir tun?« stieß Karl hervor.
    Damiano musterte den Burschen gereizt.
    »Nun, da Ihr nicht weglaufen wollt – oder könnt«, berichtigte er mit einem Blick auf die Hündin, »werden wir wohl irgend etwas tun müssen. Zeigt mir mal die Hand.«
    Karl kam der Aufforderung nicht nach.
    »Wollt Ihr sie abhacken?«
    »Das wird vielleicht nicht nötig sein.« Damiano nahm die verbundene Hand und zog sie zu sich heran. Karl hatte kaum Kraft, ihm Widerstand zu leisten. »Jedenfalls nicht die ganze Hand.«
    Karl verkrampfte sich und schrie auf, als Damiano die Lumpen abnahm. Die inneren Schichten des Stoffs waren schwarz von getrocknetem Blut.
    Der kleine Finger war abgestorben, der Ringfinger bis zum zweiten Knöchel brandig. Die Hand selbst war angeschwollen und rot und schwarz geädert wie eine kleine Landkarte. Damiano schluckte, als ihn von neuem das Mitleid überkam, das sich nicht befehlen ließ. Er holte tief Atem und sprach so hart er konnte.
    »Das hätte Euch umgebracht, Mann. Wußtet Ihr das nicht?«
    Karl riß die wasserblauen Augen auf.
    »Aber es tut gar nicht mehr so weh wie anfangs. In den letzten zehn Tagen sind so viele schlimme Dinge passiert, daß ich gar keine Zeit hatte, mich – «
    »Hm?« unterbrach Damiano, der mit mildem Blick in die Ferne sah. »Es war eine harte Woche für Euch, wie? Nun, alles hat seine Zyklen, genau wie der Mond. Und der Mond nimmt zu. Wartet hier und rührt Euch nicht von der Stelle«, befahl er und stand auf. »Ich will unser Lager aufschlagen. Der Platz ist gut, wenn nicht plötzlich der Bauer mit der Mistgabel auftaucht.«
    Damiano ging dorthin, wo seine Sachen lagen, kehrte beladen wieder zurück und warf eine Decke zu Boden.
    »Da«, sagte er. »Wickelt Euch ein und hört auf zu zittern.« Als der erstaunte Karl dem nachgekommen war, warf Damiano ihm den Weinschlauch zu. »Und jetzt trinkt, magerer Schweizer. Ihr braucht es später.«
    Karl hob mit der rechten Hand den Schlauch an die Lippen, ohne eine Frage zu stellen. Nach zwei, drei tiefen Zügen setzte er ab, um Luft zu holen.
    »Ich bin Holländer«, bemerkte er. »Nicht Schweizer. Ich bin weit weg von zu Hause.«
    Damiano, der gerade damit beschäftigt war, einen Pappelstecken in die Erde zu schlagen, hielt inne. Er legte den Stein, den er als Hammer benutzte, nieder und sah Karl

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